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Vorbeugender Verbraucherschutz

Anwendung und Durchführung von HACCP
Vorbeugender Verbraucherschutz

Die am 8. Februar 1998 in Kraft getretene Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) fordert in §4 von allen Unternehmen, die gewerbsmäßig Lebensmittel herstellen, behandeln oder in Verkehr bringen, den Aufbau eines Vorbeugesystems in Anlehnung an das sogenannte HACCP-Konzept.

Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Iben

Diese Verordnung besitzt den bisher größten Geltungsbereich im Rahmen des Lebensmittelrechts, denn sie richtet sich an die gesamte Lebensmittelwirtschaft, mit Ausnahme der direkten Urproduktion wie Ernte und Schlachtung.
Wichtige Punkte bei der Einführung eines solchen Vorbeugesystems zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes ist die Analyse möglicher Gefahren, die Identifizierung kritischer Punkte im Prozeßablauf und die Festlegung und Durchführung von Überwachungsmaßnahmen.Die Forderung zum Aufbau eines Eigenkontrollsystems in Anlehnung an das HACCP-Konzept tritt mit dem 8. August 1998 für alle Lebensmittelunternehmen in Kraft.
Produktbezogene Hygiene-Verordnungen
Lebensmittelunternehmen, die den sogenannten „vertikalen“, d. h. produktbezogenen Hygiene-Verordnungen (Fischhygiene-Verordnung, Fleischhygiene-Verordnung, Milch-Verordnung) unterliegen, sind ohnehin bereits verpflichtet, ein solches Vorbeugekonzept aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
Die Art, der Umfang und die Dokumentation dieser betrieblichen Eigenkontrollen werden für Fischereierzeugnisse in der Entscheidung 94/356/EG der Kommission vom 20. Mai 1994 genauer definiert. Da diese EG-Entscheidung keinerlei spezielle Forderungen bezüglich der Fischereierzeugnisse enthält, wird sie auch für andere Lebensmittelbranchen als Erläuterung zum Aufbau eines Eigenkontrollkonzeptes in Anlehnung an die HACCP-Grundsätze verstanden.
Rechtlicherseits sind Lebensmittelunternehmen nicht zur Einführung eines vollständigen HACCP-Konzeptes verpflichtet. Gefordert ist nur der Aufbau eines Eigenkontrollsystems in Anlehnung an bestimmte HACCP-Grundsätze. Eine Dokumentation dieser Maßnahmen und Kontrollen ist nur in der Fischhygiene-, Fleischhygiene- und in der Milchverordnung vorgesehen. Die Lebensmittelhygiene-VO schreibt nicht ausdrücklich eine Dokumentation vor. Hierin besteht gegebenenfalls auch die Chance für kleine und Kleinstbetriebe, den Anforderungen dieser Verordnung auch wirtschaftlich Folge leisten zu können.
Grundsätzlich sind allerdings diese Maßnahmen und Kontrollen ohne eine gewisse Dokumentation nicht sachgerecht. Auch im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes sowie unter Produkthaftungsgesichtspunkten ist eine Dokumentation dringend zu empfehlen.
Aufbau eines Vorbeugesystems
Die mit der LMHV verbundenen Pflichten stellen nicht nur die Lebensmittelwirtschaft, sondern auch die amtliche Lebensmittelüberwachung vor zum Teil weitreichende Veränderungen und machen einen enormen Lernprozeß notwendig.
Der Aufbau des Vorbeugesystems sollte in folgenden Stufen vorgenommen werden:
l Beschreibung des Lebensmittels,
l Erstellen eines Ablaufdiagramms,
l Gefahreneinschätzung für Zutaten, Zwischenprodukte und Endprodukte,
l Festlegung der kritischen Kontrollpunkte,
l Festlegung der kritischen Grenzwerte,
l Bestimmung eines Überwachungsverfahrens,
l Vorbeugung durch Korrekturmaßnahmen,
l Einrichtung eines Dokumentations- bzw. Aufzeichnungssystems,
l Überprüfung (Planung) des HACCP-Systems.
Bei den Gefahren zum dritten Punkt kann es sich um biologische (Mikroorganismen, Viren, Parasiten), chemische (natürlich vorkommende Chemikalien: z. B. Histamin, Schimmelpilzgifte; zugesetzte Chemikalien: Reinigungs- und Desinfektionsmittelreste), sowie um physikalische Gefahren (Glas, Holz, Knochen, Gräten) handeln.
Festlegung der kritischen Punkte
Die schwierigste Aufgabe bei der Anwendung und Durchführung von HACCP ist die Identifizierung und Festlegung der kritischen Punkte (auch CCPs oder Lenkungspunkte genannt). Als Hilfsmittel werden hierfür zwar oft sogenannte Entscheidungsbäume vorgeschlagen, die aber in der Praxis häufig schwierig anzuwenden sind. Folgende Definition zu den kritischen Punkten halten wir dagegen als Interpretationshilfe für sehr gelungen: „Auswahl der Punkte im Prozeßablauf, die wesentlichen Einfluß auf die Lebensmittelsicherheit haben und die durch zuverlässige Maßnahmen lenkbar und beherrschbar sind sowie die durch zuverlässige Verfahren oder Techniken kontinuierlich überwacht werden können und die demnach die „kritischen Punkte“ im Sinne des HACCP-Konzeptes sind …“ (Stellungnahme des BLL zum 1. Arbeitspapier „Lebensmittelhygiene-Verordnung“). Als kritische Punkte sollten nur solche Punkte festgelegt werden, die „lenkbar und beherrschbar“ sowie „kontinuierlich überwacht werden können“. Andere Punkte im Prozeßablauf als kritische Punkte festzulegen, macht dagegen keinen Sinn, da hier die Sicherheit nicht gewährleistet werden kann. Ein Beispiel aus der Milcheisherstellung (Abbildung und Tabelle) verdeutlicht dies.
Ein CCP oder Lenkungspunkt ist die Hygiene im Betrieb. Hier wird zunächst zwischen allgemeinen Hygienemängeln und Personalhygienemängeln unterschieden. Vorbeugende Lenkungsmaßnahmen sind hierbei:
l Reinigung gemäß Reinigungs- und Hygieneplan,
l dokumentierte Betriebsbegehungen, beispielsweise hinsichtlich Schädlinge,
l externe, dokumentierte Schädlingsbekämpfung,
l Personalschulung,
l Anweisungen zur Personalhygiene,
l Hygieneplan,
l jährliche Gesundheitszeugnisse der Mitarbeiter und eine
l tägliche, dokumentierte Zustandsüberprüfung der Handwaschbecken.
Zielvorgabe ist, daß nach der Reinigung keine Verschmutzungen mehr feststellbar sind. Zudem dürfen keine Abweichungen von den getroffenen Festlegungen erfolgen. Als Überwachungsverfahren bieten sich eine optische Reinigungskontrolle und eine mikrobiologische Hygienekontrolle an sowie die ständige Überprüfung der Einhaltung der Festlegungen zur Personalhygiene mit entsprechender Dokumentation.
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