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Wertstoffe rückgewinnen

Abfallfreie Verfahren zur Reinigung NOx-haltiger Abluft
Wertstoffe rückgewinnen

Die beiden Verfahrenskonzepte L-NOx und G-NOx ermöglichen eine verbesserte Wertstoffrückgewinnung durch katalytisch beschleunigte Chemisorption und ebenfalls katalytisch beschleunigte Adsorption. Mit den Verfahren sind Reingaswerte von unter 100 mg NOx/m³ problemlos realisierbar. Weitere Vorteile sind Betriebskosteneinsparungen und eine deutliche Reduzierung der Salzfracht.

Dr.-Ing. Lothar Günther

NOx-haltige Abgase werden oft durch alkalische Wäsche mit Natronlauge, Kalilauge oder einem Gemisch mit Wasserstoffperoxid gereinigt. Diese Verfahrensweise bedeutet jedoch eine hohe Salzfracht für das zu entsorgende Abwasser. Zusätzlich muss bei diesen Reaktionen noch die Bildung von Salpetersäure bzw. Salpetriger Säure sowie die Neutralisationswärmen dieser Säuren durch die Alkalien berücksichtigt werden.
Salpetersäurerückgewinnung
Bei Salpetersäurerückgewinnung laufen sehr komplexe, sich überlagernde, Reaktionen ab, die eine Auslegung und Verfahrensfestlegung sehr schwierig gestalten. Werden die Prozessbedingungen so eingestellt, dass die Mengen an N2O3 gering sind und vernachlässigt werden können, so wird die Berechnung oft nach der Gleichung
3 NO2 + H2O Õ 2 HNO3 + NO
vorgenommen. Bei der Bildung von Salpetersäure muss danach 1,5 mal so viel Sauerstoff oxidiert werden wie für einen Zyklus benötigt wird. Dieser Wert verändert sich auch nicht, wenn die Bildung der Salpetersäure über andere Gleichgewichte betrachtet wird. Das rückgebildete NO stellt somit den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt dar, ein insbesondere für die Realisierung und Einhaltung kleiner NOx-Restkonzentrationen bedeutender Umstand.
Verfahren zur Reaktionsbeschleunigung der NO-Oxidation
Der geschwindigkeitsbestimmende Reaktionsschritt kann durch Verwendung von Oxidationsmitteln wie Ozon oder Wasserstoffperoxid beschleunigt werden. Auch der Einsatz konzentrierter Salpetersäure wirkt reaktionsbeschleunigend. Die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion:
2 NO + 3H2O2 Õ 2 HNO3 + 2H2O
zeigt, dass durch diese Reaktion die Oxidationszeit von NO beschleunigt werden kann. Der Einsatz von H2O2 erfordert nicht nur hohe Betriebskosten, sondern auch spezielle Überwachungstechnik, da oft zurückgewonnene Salpetersäure mit zu hohem H2O2-Anteil nicht wieder verwendet werden kann.
Eine katalytische Beschleunigung der NO-Oxidation gegenüber der homogenen Gasphasenreaktion wurde ebenfalls nachgewiesen. Als Katalysatoren eignen sich z. B. spezielle Aktivkohlen, Silicagel, Molekularsiebe, Vanadin- und Chrom-Zink-Katalysatoren. Mit diesen Maßnahmen ließ sich eine um den Faktor 1000 schnellere Umsetzung erzielen. Nachteilig bei der Verwendung von Aktivkohle und Silicagel ist, dass infolge des hohen Wasserdampfanteiles bei der Salpetersäureherstellung eine Katalysatorvergiftung auftritt.
Optimale Bedingungen für die Flüssigphasenreaktion
Eine entscheidende Rolle bei der Rückgewinnung von Salpetersäure aus NOx-haltigen Abgasen spielt die Überführung der NOx-Komponenten NO und NO2 in N2O4 und die Schaffung optimaler Reaktionsbedingungen für die Flüssigphasenreaktion. Dabei müssen folgende Grundsätze berücksichtigt werden:
• Kapselung der Prozessführung und Reduzierung der abgesaugten Abgasmengen und
• Beschleunigung des geschwindigkeitsbestimmenden Reaktionsschrittes durch den Einsatz von Sprükondensationswäschern und Katalysatoren.
Durch eine kombinierte Realisierung der Prozessführung (siehe oben) erfolgt eine optimale NO2/N2O4-Absorption mit Salpetersäure und eine schnelle NO-Oxidation. Die gesamte Prozessführung ist damit ausschließlich von der Temperatur des Waschprozesses, vor allem der Abgastemperatur, der Verweilzeit und der Katalysatorqualität abhängig. Bei den hier beschriebenen Verfahren wird für die NOx-Entfernung mit Salpetersäure und die katalytische Umsetzung von NO zu NO2 in der Gasphase ein Prozess realisiert, der ohne oder mit nur sehr geringer Dosierung von Wasserstoffperoxid bei extrem niedrigen Reingaskonzentrationen arbeitet. Durch Einhaltungen der erforderlichen Reaktionstemperatur wird die maximale Umsetzung zu N2O4 sichergestellt.
Anwendungsbeispielin drei Varianten
Für ein Beizbad mit 24 m³ Inhalt wurde eine gekapselte Prozessführung realisiert. Die über den Abluftventilator abgesaugte Abluft wurde durch eine Messblende begrenzt. Die abgesaugte Luftmenge konnte kontinuierlich auf einen Wert von etwa 500 m³/h eingestellt werden, ohne dass der Beizvorgang nachteilig beeinflusst wird. Die NOx-Beladung beträgt 1000 bis 5000 ppm, mit Spitzen von 10 000 ppm, bei einem NO/NO2-Verhältnis von 1:10.
Konventionell gereinigt
Nach der konventionellen Methode wird die zu reinigende NOx-haltige Abluft fünf in Reihe geschalteten Füllkörperwäschern mit einem Durchmesser von 950 mm und einer Füllkörperschütthöhe von 5600 mm zugeführt. Der Waschkreislauf wird mit einer 20%igen Natronlauge betrieben. Entsprechend dem oben beschriebenen Prozess der alkalischen Wäsche reduzierte sich die NOx-Fracht in jeder Kolonne etwa auf die Hälfte, die Eingangsfracht betrug in einem Beispiel 19 876 mg/m³, der NOx-Austritt nach Kolonne 5 lag bei 480 mg/m³. Alternativ kann auch eine geringere Kolonnenanzahl gewählt werden, jedoch muss dann der Kolonnendurchmesser vergrößert werden. Als Abprodukt entstehen 218,3 kg/d an NaNO2 und 187,7 kg/d an NaNO3 bzw. insgesamt 406 kg/d an zu entsorgende Salzfracht. Für die praktische Prozessdurchführung darf die Aufkonzentration für den Waschkreislauf nicht zu hoch gewählt werden, da sonst Auskristallisationen und Verstopfungen zu erwarten sind. Unter der Annahme einer maximalen Salzfracht von 10% ergibt sich eine zu entsorgende Abwassermenge von 4 m³/d. Der Natronlaugebedarf liegt bei 860 l/d an 25%iger Lösung. Die abzuführende Reaktionswärme beträgt 7,5 kW. Die Betriebskosten sind in der Tabelle zusammengestellt. Die gesetzlich vorgeschriebenen Reingaswerte von 500 mg/m³ werden eingehalten.
Mit dem L-NOx-Prozess
Beim L-NOx-Prozess gelangt die zu reinigende Abluft zunächst in einen Sprühkondensationswäscher, in dem eine Abgaskühlung mit Kaltwasser auf unter 10 °C und eine NOx-Vorabscheidung erfolgt. In einer nachgeschalteten Füllkörperkolonne mit einem Durchmesser von 1500 mm erfolgt eine zweistufige Wäsche mit 30%iger HNO3. Zwischen den beiden Waschstufen ist ein Katalysator mit einer Raumbelastung von 5600 h-1 angeordnet. An diesem Katalysator erfolgt eine beschleunigte NO-Oxidation, die in der zweiten Waschstufe eine hochgradige Restgasreinigung und Salpetersäurerückgewinnung ermöglicht. Der NO-Gehalt im Reingas am Austritt der Waschkolonne wird überwacht. Bei Überschreitung eines vorgegebenen Grenzwertes erfolgt die Zudosierung von Wasserstoffperoxid zum Waschkreislauf, wodurch die NO-Oxidation zusätzlich beschleunigt wird. Die Geschwindigkeitskonstanten für diesen Prozess liegen etwa um den Faktor 2 bis 3 höher als die beim konventionellen Verfahren und lassen sich nach einer vereinfachten Darstellung wie folgt angeben:
In (c0/c1) = k q Q/v
bzw.
In(1-y) = – k q t
Dabei ist c die NOx-Konzentration, k die Absorptionsgeschwindigkeitskonstante (m³/m²s), q die Füllkörperoberfläche, Q das freie Volumen, v die Volumengeschwindigkeit des Gases, y der Absorptionsgrad und t die Verweilzeit. Bei einer Konzentration von 1 Vol.% NO und NO2 ergeben sich folgende Geschwindigkeitskonstanten k 10³ in m²/m³ s:
• Absorption mit Wasser: 0,117
• 5 %ige NaOH: 0,38
• L-NOx-Prozess: 0,85
Der Verfahrensablauf zu diesem Prozess kann der Abbildung 1 entnommen werden. Der Wasserstoffperoxidgehalt in der Waschlösung liegt unter 2 g/l. Die Auskreisung der produzierten Salpetersäure erfolgt dichtegeregelt. Im kontinuierlichen Betrieb fallen 35 kg/h bzw. 29,5 l/h 30 %-ige Salpetersäure an. Die Betriebskosten gibt die Tabelle wider, Entsorgungskosten entstehen nicht, da die erzeugte Salpetersäure für den Beizprozess im Kreislauf wieder eingesetzt wird. Die erreichbaren Reingaswerte liegen unter 200 bis 300 mg NOx/m³.
Nach dem G-NOx-Prozess
Beim G-NOx-Prozess erfolgt die katalytische beschleunigte NO-Oxidation in der Gasphase. Die zu reinigende Abluft wird ebenfalls über einen Sprühkondensationswäscher einer Füllkörperkolonne zugeführt, in der über einen Waschkreislauf Salpetersäure hergestellt wird. Der Waschprozess ist auf eine wirtschaftliche Rückgewinnungsrate mit 80 bis 90% NOx-Reinigungsleistung ausgelegt. Die aus der Salpetersäure-Rückgewinnungsstufe austretende Abluft besitzt noch einen Restgehalt an NOx von etwa 1000 ppm. In einer Adsorptionsstufe findet dann die katalytische Oxidation von NO zu NO2 an einem Gemisch aus Molekularsieb und Aktivkohle statt, NO2 wird gleichzeitig adsorbiert. Bei kontinuierlichen Prozessen ist es erforderlich, dass die Adsorptionsstufe redundant ausgeführt ist. Der mit NO2 beladene Adsorber kann danach mit heißer Luft regeneriert werden. Das dabei erzeugte NO2-Starkgas wird zur Waschkolonne zurückgeführt. So können bei dieser Prozessführung ebenfalls 35 kg/h bzw. 29,5 l/h an 30%iger Salpetersäure hergestellt werden. Der Vorteil dieser Verfahrensführung besteht darin, dass die erzeugte Salpetersäure nicht mit Wasserstoffperoxid verunreinigt ist und darüber hinaus durch die Adsorptionsstufe Reingaswerte von unter 100 mg NOx/m³ erreicht werden. Der Einsatz von Molekularsieb oder Aktivkohle ist von der zu behandelnden NOx-Konzentration abhängig. Den Verfahrensablauf stellt Abbildung 2 dar.
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