Vor 100 Jahren wurde das erste Prozessanalysen-Messgerät patentiert. Damit war eine Disziplin geboren, ohne die heute keine Produktionsanlage mehr denkbar ist. Ob inline, atline oder online – die Prozessanalytik ist eine Grundlage für die Optimierung verfahrenstechnischer Abläufe. Vor 100 Jahren, am 22. Mai 1913, erhielt Paul Gmelin, Mitarbeiter im physikalischen Laboratorium der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik in Ludwigshafen das erste Patent auf ein Prozessanalysenmessgerät. Der sogenannte Pfeifenanalysator wurde entwickelt, um das Verhältnis der Gase Stickstoff und Wasserstoff für die Ammoniaksynthese messtechnisch zu erfassen und den Produktionsprozess damit zu steuern.
Unter dem Begriff Prozessanalysentechnik (PAT) werden heute alle Messverfahren zusammengefasst, mit denen Substanzeigenschaften, Konzentrationen und Zusammensetzungen in verfahrenstechnischen Produktionsanlagen erfasst werden. Sie ergänzen die klassischen unspezifischen Messgrößen Temperatur, Durchfluss, Füllstand und Druck, die unabhängig von der Art der Substanzen sind. Die Messungen der PAT erfolgen:
- inline, mit Sensoren direkt im Behälter oder in der Rohrleitung
- online, mit einer dedizierten, automatisierten Aufbereitung der Proben
- atline, mit sequentieller Probennahme
Aktuell umfasst das Gebiet der Prozessanalysentechnik (PAT) mehr als 80 verschiedene Messverfahren. Diese reichen von der pH-Messung, über die Gasmess- und Gaswarntechnik, Refraktometrie, Dichte-, Viskositäts- und Feuchtemesstechnik, paramagnetische Sauerstoffmessung und Photometrie bis hin zu komplexen Methoden der Chromatographie und Spektroskopie. Zu den modernsten Methoden zählen die Online-NMR-, die Terahertz- und die Diodenlaser-Spektroskopie, die Ultra-Hochdruck-Flüssig-Chromatographie und verschiedene Online-Messverfahren der Biotechnologie.
Ohne die vielfältigen Messmethoden der PAT sind Chemieanlagen, Raffinerien und praktisch alle Anlagen der verfahrenstechnischen Industrie heute nicht mehr wirtschaftlich und sicher zu betreiben. Die direkte Messung von Substanzeigenschaften, Konzentrationen und Zusammensetzungen erlaubt die Überwachung von Produktionsprozessen und ermöglicht bei der Einbindung in Regelkreise eine optimierte, zielproduktorientierte Produktion. Das Potenzial der Wertschöpfung beim Einsatz von Methoden der PAT ist besonders hoch: Beim Ersatz von manueller Probennahme und Laboranalytik durch PAT entfallen mögliche Sicherheitsrisiken bei Probennahme und -transport und die Wartezeiten auf die Laborergebnisse. Produktionsprozesse können hinsichtlich Rohstoff- und Energieeinsatz optimiert werden, die Qualität der Produkte wird reproduzierbarer. Gegenüber einer reinen Rezeptfahrweise können beim Einsatz von PAT Reaktionsverläufe gemessen und damit Prozesszeiten verkürzt sowie unerwünschte Nebenprodukte vermieden werden. Das 9. Kolloquium des Arbeitskreises Prozessanalytik der Dechema und der GDCh wird am 28. und 29. November 2013 von der BASF SE in Ludwigshafen am Rhein ausgerichtet. Mit dem Themenschwerpunkt „Prozessanalytik in Produktionsverfahren: Prozessführung und -automatisierung“ liefert das Kolloquium zu den Veranstaltungen im Jubiläumsjahr „100 Jahre PAT“ einen wichtigen Beitrag.
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