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75. Expertentreffen der Namur in Bad Neuenahr

Von der Aktorik bis zum integrierten Engineering
75. Expertentreffen der Namur in Bad Neuenahr

Am 8. und 9. November fand in Bad Neuenahr die 75. Hauptsitzung der Namur mit über 550 Teilnehmern statt. Anwender von Automatisierungstechnik in der Prozessindustrie nutzten auf dieser Jubiläumsveranstaltung die Gelegenheit, um sich mit eingeladenen Experten und Managern von Herstellern und Verbänden intensiv auszutauschen. Das Motto in diesem Jahr lautete „Von der Handdrossel zum smarten Stellgerät“. Mit mehr als 100 Jahren Erfahrung im Bereich der Stellgeräte-Aktorik war die Samson Group der ideale Partner für die Hauptsitzung.

Der Autor: Günter Eckhardt Chefredakteur, cav chemie anlagen verfahren

Information, Diskussion, Erfahrungsaustausch und nicht zuletzt Networking standen auch dieses Jahr wieder im Mittelpunkt der Namur-Hauptsitzung in Bad Neuenahr, die erstmals vom neuen Vorstandsvorsitzenden der Namur, Dr. Wilhelm Otten, eröffnet wurde. In seiner Rede gab er zunächst einen kurzen Überblick über die Namur-Strategie 2012 und kündigte eine weitere Ausweitung der Branchenaktivitäten in Richtung Pharma- und Lebensmittelindustrie an. Dr. Otten betonte insbesondere die intensiven Anstrengungen der Namur, die internationale Ausrichtung weiter voranzutreiben. Hier ist eine noch intensivere Zusammenarbeit mit der amerikanischen ISA sowie europäischen Organisationen wie WIB oder Exera angedacht. Gemeinsame Arbeitsgruppen wurden bereits definiert. Die Vision der Namur „ein international führender Interessenverband der Anwender der Automatisierungstechnik“ zu sein, zielt exakt in diese Richtung. Kurz nach der Namur-Hauptsitzung in Bad Neuenahr hat die vierte Konferenz der Namur in China diese Strategie weiter untermauert. Sie fand am 21. und 22. November erneut in Shanghai statt, dieses Mal mit ABB als Sponsor.
Auch personelle Veränderungen stehen der Namur ab Januar 2013 bevor. Heinrich Engelhard, Bayer Technology Services, löst zu diesem Zeitpunkt Dr. Wolfgang Morr als Geschäftsführer ab, der den Interessenveband fünf Jahre lang geführt hat. Zudem wird Dr. Peter Zgorzelski, ebenfalls Bayer Technology Services, als technischer Referent in der Namur tätig.
Im Rahmen seiner Eröffnungsrede verlieh Dr. Otten goldene Ehrennadeln an Gerhard Rehn, Bayer Technology Services, und Martin Schwibach, BASF. Rehn erhielt die Ehrennadel für seinen langjährigen und großen Einsatz als Koordinator des Namur-Arbeitsfelds 1 „Planung und Errichtung“, der Name Martin Schwibach ist primär mit den Themenbereichen „Feldbus“ und „Wireless Automation“ verknüpft.
Das smarte Stellgerät im Fokus
Im Anschluss an den Vortrag von Dr. Otten eröffnete Dr. Jörg Kiesbauer, der im Vorstand der Samson AG für Forschung und Entwicklung verantwortlich ist, die Reihe der Plenarvor- träge. Sein Thema lautete: „Von der Handdrossel zum smarten Stellgerät“. Dr. Kiesbauer erläuterte zunächst die historische Entwicklung der Stellgeräte und beschrieb anschließend die einzelnen Komponenten und Funktionen des modularen Baukastens. „Heute ist ein Stellgerät eine Einheit aus Ventil, meist pneumatischem Antrieb und Anbaugeräten wie z. B. Stellungsregler oder Magnetventil. Durch Kombination ergibt sich ein modularer, aber auch komplexer Funktionsbaukasten, der durch Auslegung und geeignete Auswahl der Komponenten Lösungen für fast jede Anforderung liefert“, betonte Dr. Kiesbauer. Dr. Kiesbauer weiter: „Erst die acht Bausteine Armatur, Antrieb, Anbaugeräte, Engineering, Diagnose, Geräteintegration, Plant Asset Management und Innovation ergeben eine effiziente Gesamtlösung. Nach seinen Ausführungen sind theoretisch etwa drei Mrd. Stellgerätevarianten möglich, um die Anforderungen der Prozessindustrie erfüllen zu können. Bis heute wurden nach seinen Aussagen von Samson bereits über 50 000 Varianten gebaut.
Mit dem digitalen Stellungsregler konnten die Funktionen eines Stellgerätes erheblich erweitert werden. Hier stehen vor allem Diagnosefunktionen im Vordergrund. Diese sind mittlerweile so weit fortgeschritten, dass sich Stellgeräte heute je nach Aufgabenstellung als hochkomplexe mechatronische Einheiten präsentieren.
Ursprünglich gingen die Entwicklungen zur Fehlerdiagnose der Stellgeräte von den Regelventilen aus. Inzwischen zeichnet sich auch ein Trend zur Fehlerdiagnose bei automatisierten Auf/Zu-Ventilen ab. Weit verbreitet ist hier bereits der Teilhubtest (Partial Stroke Test) beim Emergency-Shutdown-Ventil, bei dem in dieser Ausprägung neben dem Magnetventil als Steuereinheit für die Sicherheitsabschaltung ein zusätzlicher Stellungsregler hauptsächlich als Diagnosegerät zum Einsatz kommt. Die Mittel der Diagnose ermöglichen heute die Klassifikation der Diagnoseergebnisse in Form von eindeutigen Statusmeldungen. Auch diese aktuellen Themen beleuchtete Dr. Kiesbauer in seinen Plenarvortrag von verschiedenen Seiten. In seinem Ausblick auf zukünftige Technologien bei Aktoren ging er insbesondere auf den kommenden Feldgeräteintegrationsstandard FDI, auf Wireless-Anwendungen, Energiemonitoring und das Thema Energieeffizienz ein. Die Themen Modularisierung bzw. Miniaturisierung in verfahrenstechnischen Anlagen und die Auswirkungen auf den Bereich der Stellgeräte rundeten seinen Vortrag ab.
Informationsfülle steigert Komplexität
Dem Hauptvortrag von Dr. Kiesbauer folgten drei Beiträge aus der Namur, die Aspekte aus dem breiten Spektrum des Hauptvortrages aufgriffen und sich aus der Sicht der Anwender mit aktuellen Themen des Stellgeräte-Engineering, der Entwicklung der Gerätediagnose zum Informationsmanagement und der funktionalen Sicherheit befassten. „Das ideal engineerte Stellgerät“, betonte Matthias Huk, BASF, in seinem Vortrag, setzt ein hohes Maß an verfahrenstechnischer Kompetenz beim Hersteller voraus. Die Kenntnis des Einflusses der verfahrenstechnischen Randbedingungen auf die Beschaffenheit der zur Auswahl stehenden Bauteile und Materialien, sowie eine entsprechend angepasste Dimensionierung der Antriebe sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Ebenso bedeutsam sind seiner Meinung nach die Beauftragungs- und Beurteilungskompetenzen auf der Seite des Anwenders. Er muss letztendlich entscheiden, welche verfahrenstechnischen Vorgaben und Betriebsfälle für den Hersteller relevant sein können.
Mit der optimalen Geräteintegration der smarten Feldgeräte in die modernen, digitalen Kommunikationsstrukturen der Prozessleitsysteme rückt zunehmend der Anspruch auf die Nutzung der gewonnenen Geräteinformationen in umfassenden Plant-Asset-Management-Systemen in den Vordergrund. Hieraus erwächst unmittelbar die Forderung, die gewonnenen und zur Verfügung stehenden Daten benutzerspezifisch so aufzubereiten, dass sie dem Anlagenfahrer, Instandhalter und Service-Techniker zuverlässige Entscheidungen ermöglichen. Da bestimmte Informationen sich jedoch nur an bestimmte Benutzergruppen richten, scheint eine Aufteilung der Gerätefunktionalität an die Anforderungen und Aufgaben der jeweiligen Benutzergruppen ein möglicher Lösungsansatz. Die dabei gestellten Forderungen an Einfachheit und Investitionssicherheit müssen dabei ebenso berücksichtigt werden, wie der Wunsch nach neuen Innovationsmöglichkeiten. Der Vortrag von Sven Seintsch, BIS Prozesstechnik, und Michael Pelz, Clariant International, stellte dazu ein Modell vor, mit dem die verschiedenen Aufgaben und Anforderungen beschrieben werden können und gab ein erstes Beispiel zur Umsetzung eines zukünftigen Informationsmanagements.
Integriertes Engineering
„Wenn man den Begriff „Integriertes Engineering“ nicht nur auf den Planungsprozess bezieht, sondern für die Integration aller „Engineeringtools“ im Anlagenzyklus, wird offensichtlich, dass die Integration noch eine Herausforderung ist“, betonte Dr. Thomas Tauchnitz, Sanofi-Aventis, im letzten Fachvortrag der Hauptsitzung und leitete damit zum Motto der nächsten Hauptsitzung über, die am 7. und 8. November 2013 erneut in Bad Neuenahr stattfinden wird. „Das Ziel ist“, so Dr. Tauchnitz, „dass alle Prozess- und Anlagendaten nur einmalig eingegeben, nur an einer Stelle gepflegt und während des gesamten Anlagenlebenszyklus systemweit konsistent verwaltet werden. Dabei sind die verschiedenen PLT-Systeme, die Projekt- und Betriebsphasen sowie die Gewerke zu integrieren.“ Für dieses Thema konnte Siemens als Hauptsponsor 2013 gewonnen werden. Es lässt sich bereits heute vorhersagen, dass auf der nächsten Namur-Hauptsitzung erneut mit spannenden Diskussionen zu rechnen sein wird.
prozesstechnik-online.de/cav1212###
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