Der DNS auf der Spur

In der Prozessfertigung ist die effektive Verwaltung von Automationsanlagen und der Schutz der darin enthaltenen Information sowohl für den täglichen Betrieb des Werks als auch für die Bewahrung seines geistigen Eigentums (IP) von größter Bedeutung. Daraus ergeben sich wichtige Fragen im Hinblick auf die Integration und Interoperabilität, für das Änderungsmanagement und die Versionskontrolle sowie das Ersatzteilmanagement und die Wiederherstellung von Daten, wobei letztere die Erfassung des Wissens erfordert, dass sowohl in den Köpfen des Personals als auch in Informationssystemen und umfangreichen Dokumentationen gespeichert ist. Dies stellt in Anbetracht von immer komplexeren Anlagenautomationssystemen, die noch in den 1960er-Jahren aus wenigen hundert Messpunkten bestanden und heute einige hunderttausend Messpunkte sowie häufig 150 und noch mehr Anwendungen für das Prozessmanagement umfassen, eine schwierige Herausforderung dar und wurde mit der Entschlüsselung des menschlichen Erbguts verglichen, mit der zusätzlichen Schwierigkeit, dass die „Automations-DNS“ sich durch Integration und Interaktion fortwährend verändert.

Diese Analogie lässt sich auch bei näherer Betrachtung fortsetzen. Eine Automationsanlage ist im Hinblick auf ihre innere Struktur und äußeren Abhängigkeiten mit einer „genetischen“ Struktur vergleichbar. Diese genetischen Strukturen variieren abhängig davon, ob sie sich in Datenbanken von Betriebsgeräten, verteilten Steuerungssystemen und programmierten logischen Steuerungen oder reinen Softwarebeständen wie Prozesshistorien und erweiterte Prozesssteuerungs (APC)- oder Prozessverwaltungsanwendungen befinden, darüber hinaus von einer Anlagenklasse zur anderen. Die Strukturen und ihre gegenseitigen Abhängigkeiten sind jedoch so vielfältig, dass herkömmliche Verfahren zu ihrer Dokumentierung schnell scheitern können. Es besteht daher immer dringender Bedarf an einer Lösung, die die Automations-DNS automatisch und ohne menschlichen Eingriff entschlüsseln kann. Die Lösung muss in der Lage sein, Daten aus den verschiedenen Teilen der Automationsanlage in einem gemeinsamen System zusammenzufassen und sie durch die Bestimmung von Verhältnissen und Hierarchien in einen Kontext einzubetten, d. h. hoch komplexe Systeme zu vereinfachen.

Diese Lösung ist mit Integrity jetzt verfügbar. Integrity baut auf früheren Generati-onen der automatisierten Dokumentationssysteme von PAS auf, einschließlich der weit verbreiteten Systeme DOC 3000 und DOC 4000 für Honeywell-DCSs. Integrity wurde jedoch nicht spezifisch für einen Hersteller oder eine Systemklasse entwickelt, sondern kann Daten aus beliebigen Quellen erfassen. Die Software beschränkt sich nicht auf übliche Automationsanlagen, sondern kann Wissen aus gedruckten Dokumentationen und sogar von menschlichen Quellen erfassen und dieses prinzipiell wie Daten aus elektronischen Quellen verarbeiten.

Um die Anpassungsfähigkeit und das künftige Entwicklungspotenzial zu erhöhen, bietet die Software eine dreischichtige, modulare Struktur. Die Grundlage für die gesamte Lösung ist die Integrity Foundation, die einen universellen Rahmen für die Erfassung und Kontextualisierung von Daten über die gesamte Prozessautomationsumgebung hinweg bietet, d. h. unabhängig von der einzelnen Quelle. Die Software entschlüsselt die Strukturen des Datenflusses, um Wissensdaten aus jeder Quelle zu erfassen und zu archivieren und bietet darüber hinaus eine Reihe von Such-, Abfrage- und Berichterstellungsfunktionen.

Ein zunehmend umfangreiches Portfolio von Asset-Modellen bietet Schnittstellen zu den einzelnen Datenquellen und ermöglicht die Datenextraktion. Diese treiberähnlichen Plug-Ins konvertieren die Quelldaten in ein für die Integrity-Datenbank kompatibles Format. Zurzeit sind ca. 50 Asset-Modelle erhältlich, die nicht nur verteilte Steuerungssysteme, programmierte logischen Steuerungen und Sicherheitssysteme unterstützen, sondern auch HMI/SCADA-Pakete, Prozesshistorien und Anlagenmanagement-Pakete sowie weniger automationsspezifische Anwendungen wie Microsoft Office und Sharepoint.

Auf den Funktionalitäten der Integrity Foundation aufbauend, bilden drei weitere Module die übergeordneten Strukturen. Integrity Essentials legt die Anlagenhierarchie fest, wobei die Daten der einzelnen Teilanlagen in einer Baumstruktur organisiert werden, sodass sie zunehmend spezifischer detailliert werden können. Der ergänzende Reference Explorer bietet einen Überblick über alle Automationsreferenzen und unterstützt die progressive Anzeige der Daten, während Genome Mapping eine dritte Ansicht der Automationsanlagen liefert, die alle Beziehungen in den Automationsstrukturen in einem grafischen Blockdiagramm darstellt. Weitere wichtige Funktionen sind das Smart-Tags-Werkzeug zur Verknüpfung von Text in Microsoft-Office-Dokumenten mit der Integrity-Datenbank, der Defects Finder für die Fehlersuche, der automatisch „genetische Defekte“ oder Konfigurationsfehler erkennt, und der Change Tracker für die Änderungsverfolgung, der einen vollständigen Verlauf der Konfigurationsänderungen erstellt.

Integrity Advanced Elements erweitert die Verwaltungsfunktionen in vier Schlüsselbereichen: Spares Capacity führt eine zent-rale Bestandsverwaltung durch, ermittelt freie Hardware- und Softwarekapazitäten und ermöglicht, diese für bestimmte Projekte zu reservieren. Backup and Recovery bietet eine zentrale Ressource für die Sicherung und Wiederherstellung, untersucht die Integrität von Sicherungsdatenbanken und verwendet ein schrittweise aufgebautes Verfahren für die Wiederherstellung der einzelnen Systeme. Integrity Loop Sheets bietet in Zusammenarbeit mit Intergraph InTools eine integrierte Darstellung von Geräten und Steuerungsstrategien mit automatischer Erkennung von Diskrepanzen zwischen Geräte- und Steuerungssystemdatenbanken, während Plant Hierarchy das Genom-Konzept von Automations- auf Produktionsanlagen erweitert. Das Modul unterstützt Anlagenkonfigurationen nach ISA S88 und ISA S95 und korreliert die Daten von Produktions- und Automationsanlagen.

Das innovativste Modul der gesamten Suite ist jedoch Integrity Collaboration, das die Erfassung von empirischem Wissen und seine Übertragung in die Integrity-Datenbank ermöglicht, um einen direkten Zugriff darauf zu bieten. Die primäre Plattform für die Zusammenarbeit ist die Plant Wiki-Datenbank. Anwender können damit je nach ihrer Berechtigungsebene Wissensdaten anzeigen, hinzufügen, bearbeiten und freigeben. Wiki-Artikel können in die Integrity-Datenbank importiert, für einfache Suchvorgänge und Verknüpfungen getaggt sowie mit Hyperlinks versehen werden. Eine Sticky-Notes-Funktion ermöglicht Anwendern, kurze Anmerkungen zu jedem Anlagen- oder Datenobjekt hinzufügen. Diese Anmerkungen werden in die jeweilige Integrity-Datenbank integriert, sodass im Kontext der zugeordneten Objekte danach gesucht und darauf zugegriffen werden kann. Es können auch elektronische Medien wie Video- und Audiodateien hinzugefügt werden, nach denen Anwender ebenfalls im Kontext der zugeordneten Objekte suchen und darauf zugreifen können. Zusätzlich bietet der Email Explorer Anwendern Zugriff auf das umfangreiche in E-Mails gespeicherte Wissen.

Die herausragendste Anwendung der Integrity-Software ist möglicherweise das Disaster-Recovery-Modul. Es bietet einen Mechanismus zur automatischen Sicherung und Archivierung von Datenbankdateien, Dokumentation von Wiederherstellungsverfahren und Erstellung von Verknüpfungen zwischen Objekten und Dateien in einem zentralen Verzeichnis. Bei Naturkatas-trophen oder Systemausfällen ermöglicht diese Notfallwiederherstellungsfunktion die Wiederherstellung der Systemdateien oder das Zurücksetzen der Anlage auf einen beliebigen Zeitpunkt der Vergangenheit.

Online-Info www.cav.de/0110419