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Wellenversatz im Griff

Spezialkupplungen für die Prozesstechnik bieten mehr Leistung und mehr Funktionen
Wellenversatz im Griff

Pumpen, Mischer, Kühltürme: In den Antrieben vieler Maschinen und Anlagen der Verfahrens- und Chemietechnik übernehmen Wellenkupplungen wichtige Funktionen. Sie erhöhen die Lebensdauer der Antriebe, übertragen Drehmoment auch über weitere Distanzen, entkoppeln An- und Abtrieb und vereinfachen die Wartung des Antriebssystems. Kupplungsbaureihen, die speziell für die Verfahrenstechnik entwickelt wurden, schaffen die Voraussetzung für höhere Leistungsdichte und den Ausgleich von großem Wellenversatz.

André Artmann, Dipl.-Ing. Reiner Banemann

Ein Anwendungsbeispiel verdeutlicht die speziellen Anforderungen, die die Verfahrenstechnik an Wellenkupplungen stellt. In vielen größeren Anlagen der Chemie- und Prozesstechnik wird die Wärme über Kühltürme abgeleitet, und ein Ventilator im Turm sorgt für die nötige Wärmeabfuhr. Der Antrieb des Ventilators wird in der Regel außerhalb des Turms angebracht. Eine Zwischenwelle überträgt die Kraft über ein Winkelgetriebe auf den Ventilator. In diesem Anwendungsfall kommt häufig eine spezielle doppelkardanische Ausführung der Stahllamellenkupplung Radex-N zum Einsatz. Bei dieser Version sind die beiden Kupplungselemente durch ein Zwischenstück mit CFK-Rohr verbunden. Dieser Werkstoff bietet den Vorteil, dass er eine erheblich höhere Steifigkeit bezogen auf das Gewicht aufweist und somit eine wesentlich höhere biegekritische Drehzahl. Deshalb kann man selbst bei Distanzen von fünf Metern und bei Drehzahlen bis 1500 min-1 auf eine zusätzliche Lagerung – die hier nur schwer zu installieren wäre – verzichten.
Damit ist zwar das Problem einer Lagerung ausgeräumt, ein zweites aber nicht: Aufgrund der hohen Temperaturschwankungen (von -25 bis +80 °C) ergeben sich rein durch die Wärmeausdehnungskoeffizienten der Werkstoffe, aus denen der Kühlturm gebaut wird, axiale Längenänderungen bis zu 8 mm. Diese Längenänderungen müssen durch die Kupplungen ausgeglichen werden.
Da KTR weltweit Kühlturmantriebe mit der Kombination aus Radex-N und CFK-Zwischenrohr ausrüstet, lohnte sich aus Sicht der Ingenieure eine Weiterentwicklung, die exakt dieses Problem löst. So wurde ein neues Lamellendesign entwickelt, das sehr hohe Axialverlagerungen erlaubt. Die Form der Lamellen selbst wurde FEM-optimiert, und die Verbindung der Lamellen untereinander erfolgt nun über vier statt bisher sechs oder acht Anlenkpunkte. Das hat zur Folge, dass der Abstand zwischen den einzelnen Anlenkpunkten größer ist. In der Konsequenz ist auch die axiale Verlagerungsfähigkeit größer als bei den konventionellen Sechs- oder Achtlochlamellen. Um zusätzlich die Festigkeit der Lamellen zu erhöhen und Reibkorrosion zu vermeiden, wurde eine spezielle Kombination der Oberflächenbehandlung gewählt: Die Lamellen werden erst kugelgestrahlt, dann mit einem Verschleißschutz beschichtet.
Durch dieses Bündel an konstruktiven Maßnahmen ist eine Dauerverlagerung von 2° pro Lamellenpaket möglich, und es werden axiale Verlagerungen bis ±8 mm erreicht. Die Kupplungen wurden umfassend auf den Prüfständen im KTR-Testfeld geprüft. Bei Prüfdrehzahlen von 1800 min-1 bestätigten sich die zuvor ermittelten 2° Winkelversatz je Lamellenpaket, die dauerhaft ausgeglichen werden.
Hohe Leistungen für Pumpen
Auch bei Pumpenantrieben wird von den Wellenkupplungen eine hohe Verlagerungsfähigkeit erwartet, da es z. B. beim Fördern von heißen Medien aufgrund von Wärmeausdehnung zu einem Wellenversatz zwischen Motor und Pumpe kommen kann. Hier bewährt sich seit Jahren die Stahllamellenkupplung Rigiflex-N, die speziell für Pumpenantriebe entwickelt wurde. Sie ist ähnlich aufgebaut wie die Radex-N, wird jedoch in vormontierten Baugruppen geliefert und eignet sich auch für höhere Drehmomente (bis 280 000 Nm) und größere Wellendurchmesser (bis 400 mm).
Trotz der bereits hohen Leistungsdichte – d. h. der Fähigkeit, auf kompaktem Bauraum hohe Drehmomente zu übertragen – wünschten manche Anwender in der Vergangenheit noch höhere Drehmomente, ohne dass die Abmessungen der Kupplung größer werden. Deshalb hat KTR das Produktspektrum erweitert – und zwar mit genau der entgegengesetzten Blickrichtung wie bei den Kühlturm-Antrieben: Nicht die Verlagerungsfähigkeit sollte erhöht werden, sondern das übertragbare Drehmoment. Folgerichtig gehen auch die Maßnahmen in die entgegengesetzte Richtung. Statt weniger Lamellen gibt es nun mehr. Bei den größeren Typen der Radex-N waren die Lamellen bisher durch sechs Bolzenverschraubungen verbunden. Nun kommt ab der Größe 138 eine Verschraubung mit acht Bolzen zum Einsatz. Dadurch lassen sich mit dieser High-Torque-Kupplung bei verringertem Außendurchmesser Nenndrehmomente von 23 000 bis 280 000 Nm realisieren.
Bei der Rigiflex-N kommt die Achtlochlamelle in den Baugrößen 168 bis 408 zum Einsatz. Auch in der Achtloch-Version entspricht dieses Kupplungssystem den Vorschriften der API 610; als Option stehen Versionen mit API 671-Zulassung zur Verfügung. Bei beiden Kupplungsbaureihen wird durch das veränderte Lamellendesign zudem ein Kostenvorteil durch die „Econ-omy of scale“ erreicht: Da die Achtlochlamellen sowohl bei der Radex-N als auch bei der Rigiflex-N verwendet werden, ergibt sich eine Stückzahlerhöhung, die die Stückkosten senkt.
Einfacher Service
In der Pumpenindustrie ist die drehelastische Klauenkupplung Rotex – vor allem in ihrer doppelkardanischen Variante Rotex ZS-DKM – mindestens ebenso verbreitet wie die drehstarre Radex-N. Bauartbedingt ist die Rotex jedoch nur für maximale Drehmomente bis 70 000 Nm verfügbar, Pumpenantriebe erreichen aber häufig höhere Leistungen. Daher hat KTR für die Pumpenindustrie die drehelastische, durchschlagsichere Bolzenkupplung Revolex KX entwickelt. Sie besteht aus einer Bolzennabe, an der Stahlbolzen angebracht sind, und einer Nabe mit Buchsen, in die die Bolzen eingreifen. Für die drehelastische Drehmomentübertragung zwischen Buchse und Bolzen sorgen konische Elastomerringe.
Da diese Kupplung sehr kurz baut, lassen sich kompakte Konstruktionen mit geringem Wellenabstandsmaß realisieren. Ein Auswechseln der Elastomere ist in eingebautem Zustand möglich. Das vereinfacht den Service, und die axial steckbare Bauform erleichtert die Montage. Das Standardprogramm der Revolex KX ist bis zu einem Nenndrehmoment von 291 000 Nm lieferbar. Zu den Hauptanwendungsbereichen gehören neben der Pumpenindustrie auch die Antriebe von Großventilatoren, Verdichtern und Turbinen.
Berührungslos kuppeln
Bei den Antrieben von Pumpen, die aggressive oder toxische Medien fördern, ist eine berührungslose Drehmomentübertragung mit Magnetkupplungen ein wichtiges Sicherheitsmerkmal. Für diese Aufgabe hat KTR die Minex-S entwickelt, bei der ein Spalttopf eine zuverlässige mechanische Entkopplung von Antrieb und Pumpenraum gewährleistet. Für die Drehmomentübertragung sorgt ein Magnetfeld. Für diese Kupplungsbauart bietet KTR jetzt Spalttöpfe aus Zirkonoxid-Keramik, die gegenüber metallischen Spalttopf-Werkstoffen den Vorteil bietet, dass sie bei der berührungslosen Drehmomentübertragung keine Wirbelstromverluste verursacht. Die Konsequenz: Es tritt keine zusätzliche Wärmeentwicklung in der Kupplung auf. Daher kann man auf interne Kühlmaßnahmen verzichten. Zugleich ist der Wirkungsgrad der Magnetkupplung höher, deshalb kann das Auslegungsmoment in der Praxis um 10 bis 15 % reduziert werden: So spart der Anwender Energie. Außerdem sind die Pumpen trockenlauffähig – ein Vorteil beim Einsatz z. B. in den Antrieben von Vakuumpumpen, Kompressoren und Lüfterantrieben. Darüber hinaus wird für die Magnetkupplungen ein umfassendes Zubehörprogramm an Anbauteilen angeboten, das auch eine nachträgliche Umrüstung vorhandener Antriebssysteme mit dieser wirtschaftlichen und prozesssicheren Magnetkupplung ermöglicht.
Eine konti-nuierliche Zustandsüberwachung von Wellenkupplungen, die Auskunft über den Zustand des Elastomers gibt und aus der man Rückschlüsse auf zu hohe Verlagerungen oder zu hohe Belastungen im Antriebssystem ziehen kann: Eine solche Funktion steht sicherlich auf der Wunschliste vieler Instandhalter und Pumpen-Spezialisten in der Verfahrenstechnik. Mit der Monitex – das ist die Kurzform für Monitoring Rotex – wurde dieser Wunsch erfüllt. Der Anwender richtet ein kompaktes Handgerät auf die rotierende Rotex-Kupplung. Im Display wird der aktuelle Verdrehwinkel angezeigt, den die Kupplungsnaben zueinander einnehmen. Überschreitet der gemessene Verdrehwinkel einen vom Benutzer eingestellten Grenzwert, gibt die Monitex eine Warnmeldung aus. Für die kontinuierliche Überwachung der Antriebe kann ein externer Sensorkopf angeschlossen werden, der sich gut in die Umgebungskonstruktion integrieren lässt. So wird mit sehr geringem Aufwand eine permanente Überwachung realisiert.
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