Seit September 2022 produziert Glatt in Weimar für Merck die zum Patent angemeldeten Ronaflux-Pigmente. Im Vorfeld hatte das Darmstädter Wissenschafts- und Technologieunternehmen Glatt mit der Entwicklung und Errichtung der kompletten Produktionsanlage beauftragt. Letztere ist Eigentum von Merck; Glatt ist ihr Betreiber und produziert im Lohnauftrag die Ronaflux-Effektpigmente.
Der Baubeginn der Anlage war 2020. Sie belegt eine Fläche von 74 m2 Grundfläche und erstreckt sich über zweieinhalb Etagen.
Feierliche Einweihung mit viel Prominenz
Am 30. Juni 2023 fand die feierliche Einweihung der Anlage statt. Anwesend waren neben Jeff White, Leiter der Geschäftseinheit Surface Solutions im Unternehmensbereich Electronics bei Merck, auch der Thüringer Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee, Peter Kleine (parteilos), der Oberbürgermeister der Stadt Weimar, Dr. Arnuf Wulff als Vertreter der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen und die IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Cornelia Haase-Lerch.
Darum produziert Merck in Weimar
Merck und Glatt verbindet eine langjährige, erfolgreiche Partnerschaft. So stellt Glatt seit vielen Jahren Anlagen für die Unternehmensbereiche Healthcare und Life Science des Darmstädter Unternehmens her.
Bei den Ronaflux-Effektpigmenten handelt es sich um kosmetische Produkte, für deren Herstellung besondere Qualitäts- und Reinheitsstandards notwendig sind. Dank der Investitionsförderungen der Thüringischen Aufbaubank in den letzten Jahren konnten im Glatt-Technologiezentrum Weimar zum einen optimale räumliche Bedingungen für derartige Anforderungen geschaffen werden. Zum anderen war Glatt damit in der Lage, sein technologisches Portfolio um die Entwicklung und Anwendung der Hochtemperatur-Prozesstechnik auf Basis von Wirbelschicht und Pulversynthese zu erweitern.
Das heißt, bei Glatt in Weimar war das entsprechende Know-how und die notwendige Infrastruktur für die Produktion der Ronaflux-Effektpigmenten bereits vorhanden oder konnte schnell und kostengünstig ausgebaut werden.
Chemische Gasphasenabscheidung
Die Produktionsanlage für die Herstellung der Effektpigmente basiert auf der chemischen Gasphasenabscheidung, kurz CVD (Chemical Vapor Deposition).
„Eine CVD in diesem Maßstab ist neu und ein Prototyp – es gibt keine zweite derartige Anlage“, betont Dr. Michael Jacob, Leiter Process Technology Food, Feed & Fine Chemicals bei Glatt. Er begründet den Erfolg dieses Projekts unter anderem mit dem Zusammenspiel der Stärken innerhalb der Glatt Ingenieurtechnik: „Wir konnten hier nicht nur auf herausragende F&E-Ressourcen, die technologischen Synergien aus der Hochtemperatur-Prozesstechnik und unsere langjährige Expertise im Anlagenbau zurückgreifen. Die Basistechnologie war durch unsere erfolgreichen F&E-Aktivitäten bereits vorhanden.“ Hier profitierte Glatt unter anderem von den Ergebnissen eines Verbundprojektes des seinerzeit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten regionalen Wachstumskerns „Thüringer Partikeldesign pades“.
Kompetenz bei der Realisierung von GMP-Produktionen
„Ohne unsere Kompetenz im Pharma-Engineering für die Planung und Realisierung von Reinraumprojekten für GMP-Produktionen – auch im Kosmetikbereich – wäre diese Entwicklung so nicht möglich gewesen“, erklärt Jacob. „Wir sind nicht nur Anlagenbauer, sondern auch Betreiber und Produzent. Dadurch konnten die Herausforderungen bei der Inbetriebnahme durch kurze Wege und Teamgeist schnell gemeistert werden.“
Dünne Kohlenstoffschichten auf der Pigmentoberfläche
Mit der Dryflux-Technologie lässt sich eine neue Klasse von Effektpigmenten schaffen. Letztere zeichnen sich durch eine hohe Farbintensität und metallischen Glanz aus. Diese einzigartigen Effekte beruhen auf dünnen Kohlenstoffschichten auf der Pigmentoberfläche.
Die Dryflux-Technologie ist flexibel und universell auf viele pulverförmige Materialien anwendbar und erfüllt so maßgeschneiderte Kundenwünsche. Derzeit läuft eine zweite Validierungsphase für weitere Produkte, in der unter anderem das Fluidisationsverhalten neuer Rohstoffe bewertet wird. Außerdem werden unterstützende Paramter wie die Pulsation auf das jeweilige Produkt abgestimmt.
Die wichtigsten Schritte des Herstellprozesses
Zunächst wird das Pigmentpulver mit einem Schutzgas im Reaktor kräftig aufgewirbelt und dabei auf die erforderliche Reaktionstemperatur erhitzt. Anschließend beginnt die Bildung dünner Kohlenstoffschichten um die Pulverteilchen herum, indem ein kohlenstoffhaltiges Gas in den Reaktor eingebracht und zersetzt wird. Sind alle Pulverteilchen gleichmäßig mit einer Kohlenstoffschicht versehen, wird das Produkt abgekühlt, klassiert und unter strengen hygienischen Bedingungen verpackt.
Glatt Ingenieurtechnik GmbH, Weimar
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