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Zertifizierte Halbzeuge aus dem 3D-Drucker

Additive Fertigung gemäß Druckgeräterichtlinie
Zertifizierte Halbzeuge aus dem 3D-Drucker

Ob als schnell verfügbares Ersatzteil oder als Innovation im Hochrisiko-Bereich: In der Prozessindustrie werden additiv gefertigte Druckgeräte immer wichtiger. Genau wie konventionell gefertigte Bauteile müssen sie den Anforderungen der DGRL (Druckgeräterichtlinie) genügen. Wie die Zertifizierung von Halbzeugen aus dem 3D-Drucker gelingt, zeigen TÜV Süd und Rosswag Engineering.

Kosten für ungeplante Ausfälle gehen in der Prozessindustrie mitunter in die Millionen. Nicht immer lassen sich Unterbrechungen des Betriebs vermeiden – schließlich sind Inspektionen und Wartungen regelmäßig fällig. Sie können aber reduziert und die Ausfallkosten gesenkt werden. Müssen Komponenten ausgetauscht werden, spielt Zeit die entscheidende Rolle. Die additive Fertigung stellt dringend benötigte Ersatzteile in hoher Qualität und in planbaren Zeiträumen bereit. Mitunter schwächelnde Lieferketten sind dazu nicht immer in der Lage. Auch für komplexe und hochspezielle Anforderungen können Druckgeräte aus additiver Fertigung Vorteile bieten: Rosswag Engineering fertigt per Metall-3D-Druck im Laserschmelzverfahren (Laser Powder Bed Fusion/LPBF) Wärmetauscher aus Stahl oder Nickellegierungen, welche die Leistungsfähigkeit gegenüber herkömmlichen Modellen auf kleinstem Bauraum vervielfachen. Um die Konformität mit der DGRL sicherzustellen, ließ sich Rosswag als Halbzeughersteller für additiv gefertigte Bauteile zertifizieren.

Komplexe Fragestellungen

Das in Pfinztal ansässige Unternehmen fertigt Druckgeräte im Pulverbett schichtweise durch selektives Laserschmelzen. Das Verfahren spielt seine Vorteile vor allem dort aus, wo komplexe Geometrien und filigrane Strukturen gefragt sind, ein Bauteil mehrere Funktionen in sich vereinigen soll oder durch den Verzicht auf Guss- oder Negativformen zeit- und kosteneffizient produziert werden kann.

Vorsicht ist geboten, wenn ein Unternehmen noch nicht auf Erfahrungen zur Herstellung additiv gefertigter Bauteile sowie auf erfahrenes Personal zurückgreifen kann. Die Qualitätssicherung von Anfang bis Ende ist daher die wohl größte Herausforderung: Bereits das Pulvermaterial muss spezifischen Qualitätskriterien entsprechen, um hochwertige Bauteile zu erzeugen. Bei unsachgemäßer Prozessauslegung können darüber hinaus Eigenspannungen oder sogar Defekte entstehen, welche die Belastbarkeit reduzieren. Materialkennwerte zu dem jeweiligen Metall-3D-Drucker in Kombination mit den verwendeten Werkstoffen und Prozessparametern in Abhängigkeit der Lage und Orientierung im Bauraum müssen erst aufgebaut werden. Auch die Reproduzierbarkeit ist nicht selbstverständlich: Selbst augenscheinlich gleiche Bauteile haben teils nicht die gleichen Eigenschaften, ausgelöst durch ihre unterschiedliche Positionierung während der Herstellung. Dass Rosswag die Fragestellungen des selektiven Laserschmelzens erfolgreich meistert, belegt die Zertifizierung von TÜV Süd.

Entlang der gesamten Prozesskette

Schließt ein Unternehmen das extensive Audit erfolgreich ab, hat es einen Wettbewerbsvorteil im wachsenden Markt für additiv gefertigte Druckgeräte. Produktionsverantwortliche und Anlagenbetreiber in der chemischen Industrie erhalten anhand der Verfahrensprüfung und Herstellerzertifizierung einen Nachweis über die Qualität der Fertigung.

TÜV Süd bewertet zur Zertifizierung die Qualitätssicherung entlang der gesamten Prozesskette. Ein besonderes Augenmerk gilt dem eingesetzten Pulver, den angewendeten Prozessen sowie dem beteiligten Personal. Das Programm für die Zertifizierung von Halbzeugherstellern für additiv gefertigte Bauteile berücksichtigt die allgemeinen Sicherheitsanforderungen der europäischen Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU (DGRL) sowie den Teil 4 der EN 13445-4 über die Herstellung unbefeuerter Druckbehälter. Die zusätzlichen Anforderungen aus der DIN/TS 17026 an additiv gefertigte Druckgeräte und deren Bauteile wurden einbezogen. Unter anderem werden die chemische Zusammensetzung des Pulvers und dessen Partikelgrößen betrachtet und Zug- sowie Kerbschlagbiegeversuche an Probekörpern durchgeführt. Auch die Herkunft des Pulvers muss belegt werden. Während der für jedes 3D-Druck-Gerät individuellen Bauraumqualifizierung wird die Reproduzierbarkeit der mechanisch-technologischen Kennwerte von Probekörpern in Abhängigkeit von der Lage sowie Orientierung im Bauraum geprüft. Die Ergebnisse wirken sich auf die optimale Positionierung der zu druckenden Halbzeuge während der Herstellung aus.

Eventuell bestehende Lücken im Anwendungsbereich der Regelwerke und Normen in Bezug auf die additive Fertigung schließen die Prüfer von TÜV Süd durch ihre tiefgehende Expertise mit Schweißverfahren und metallischen Werkstoffen: In der Zusammenarbeit mit Rosswag prüfte TÜV Süd über 100 Probekörper sowohl mit zerstörenden als auch zerstörungsfreien Verfahren.

Hohe Anlagenverfügbarkeit

Die von Rosswag Engineering hergestellten Hochleistungswärmetauscher sind für den Einsatz bei bis zu 1000 °C und niedrigem Druckverlust konzipiert. Sie sind bis zu 4-fach leistungsstärker pro Kubikmeter bei gleichzeitiger Volumenreduzierung um das 25-Fache gegenüber herkömmlichen Bauformen. Das ist möglich dank komplexer Strukturen und einer stark vergrößerten Oberfläche im Inneren des Wärmetauschers. Hier geraten konventionelle Verfahren im Vergleich zur additiven Fertigung an ihre Grenzen.

Schon vor Jahren ließ Rosswag seinen Herstellungsprozess für Metallpulver durch TÜV Süd zertifizieren und erlebt eine stetig hohe Nachfrage nach innovativen Legierungen. Neu ist die Zertifizierung als Halbzeughersteller für die additive Fertigung: Die Herstellungsprozesse, das eingesetzte Material und die Qualitätssicherung sind somit konform zur DGRL. Die additive Fertigung bietet Rosswag seit 2014 an und hat bisher über 80 000 Bauteile für unzählige industrielle Anwendungen hergestellt. Um die Qualität an allen Stellen zu wahren und zu steigern, ist jeder Zehnte der etwa 200 Mitarbeitenden mit der Qualitätssicherung befasst. Mit einer Software zur Unterstützung und Vorbereitung der Produktion führt Rosswag Simulationen durch. So werden die optimale Positionierung des Bauteils sowie Produktionsparameter und Stützstrukturen ohne teure Fehlversuche erprobt und die Reproduzierbarkeit sichergestellt.

Ist ein herstellendes Unternehmen wie Rosswag für die Fertigung von Halbzeugen zertifiziert, gewinnen dessen Kunden nicht nur Rechtssicherheit. Die Herstellung der endgültigen Bauteile nach DGRL verkürzt sich dadurch. Anlagen in der Prozessindustrie sind und bleiben somit verfügbar und produktiv.

TÜV SÜD Industrie Service GmbH, München

Rosswag GmbH, Pfinztal


Autor: Gunther Kuhn

Leiter Produktmanagement,

TÜV Süd Industrie Service


Autor: Gregor Graf

Leiter Technologie,

Rosswag Engineering

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