Startseite » Chemie » Armaturen (Chemie) »

Armaturen optimal einsetzen

Diagnose von Druckstößen und Kavitationsschlägen in Rohrleitungssystemen
Armaturen optimal einsetzen

Computergestützte Verfahren gewinnen bei der Planung von Rohrleitungssystemen zunehmend an Bedeutung. Exakte Vorhersagen lassen sich jedoch nur bedingt machen, da bereitgestellte Armaturenkennlinien meist nur für stationäre Bedingungen gelten und dynamische Durchflußcharakteristiken fehlen. Diese lassen sich mit einer Versuchsanlage ermitteln.

A. Dudlik, S. Schlüter

Obwohl die Theorie zur Druckwellenausbreitung und Kavitation für viele Anwendungsfälle hinreichend geklärt und in kommerzielle Berechnungssoftware implementiert ist, treten in Rohrleitungssystemen immer wieder Schadensfälle wie Leitungsdeformierungen, Leckagen, Erosion an Pumpen und Armaturen, Lagerschäden und Geräuschbelästigungen auf. Ursachen dafür sind u. a.
• Durchsatzsteigerung und höhere Materialauslastung durch Konkurrenzdruck (Abkehr von „konservativer Auslegung“),
• Komplexität der Phänomene aufgrund unterschiedlicher auslösender Ereignisse (Anfahren, Absperren, Regelvorgänge, Ausfall der Hilfsenergie) und aufgrund von unterschiedlichen Prozeßbedingungen in einzelnen Industriezweigen sowie
• Unwissenheit und Fehleinschätzungen beim Anlagenplaner und -betreiber.
RohrleitungstechnischeVersuchsanlage
Die Versuchsanlage besteht aus zwei ca. 230 m langen, mit Hoch- und Tiefpunkten (Höhenunterschied: 10 m) ausgestatteten Rohrleitungsschleifen der Nennweiten DN50 und DN100 (Abb. 1). Die medienberührten Teile sind für den Einsatz verschiedener Chemikalien aus Edelstahl 1.4571 gefertigt. Die Leitungen sind in unterschiedlichen Längen von 0,5 m bis 12 m geflanscht. Auf diese Weise sind spezielle Geometrien (z. B. Bypass der Rohrbrücke, Tiefpunkte) einfach nachzustellen. Gleichzeitig lassen sich Glasrohre zur Strömungsvisualisierung einsetzen. Die Versuchsanlage eignet sich somit unter anderem zur Überprüfung von Berechnungsprogrammen für die Industriezweige Wasserversorgung und Chemie sowie zu experimentellen Untersuchungen des Öffnungs- und Schließverhaltens von Armaturen.
Darüber hinaus eignet sich die Anlage auch für Experimente zur Bildung und Beschleunigung von Kondensatpfropfen in Abblase-, Gas- und Dampfleitungen. Die Verschaltung der Anlagenteile Druckbehälter, Auffangbehälter, Durchlauferhitzer, Kompressor und Kreiselpumpen ermöglichen unterschiedliche Betriebsweisen wie den Umlaufbetrieb bei normaler und erhöhter Temperatur, den Umlaufbetrieb unter Vordruck sowie Entlastungs- und Einströmvorgänge bis zu einem Vordruck von 40 bar.
Zehn Miniaturdruckaufnehmer nehmen die auftretenden zeitlichen Druckverläufe an charakteristischen Meßpositionen auf und leiten diese an den Zentralrechner weiter. Neben der Registrierung der in die Festpunkte FP1 und FP2 eingeleiteten Kraftspitzen erfassen Gittersensoren die Verteilungen von Dampf/Luft und Flüssigkeit im Rohrquerschnitt.
Eine Hochgeschwindigkeitskamera bildet bei kleinen stationären Fließgeschwindigkeiten ( 2,5 m/s) das Strömungsprofil ab. Die Kamera visualisiert außerdem die Strömungsvorgänge an kritischen Anlagenteilen wie z.B. an T-Stücken oder Bögen.
Durch den gezielten Einsatz unterschiedlicher Meßtechniken läßt sich die Wirkung der Stellvorgänge an Absperr- und Regelarmaturen auf das gesamte Rohrleitungssystem effektiv und preisgünstig analysieren.
Arbeitsweise der Versuchsanlage
Eine Kreiselpumpe fördert Flüssigkeit aus einem Vorratsbehälter durch die Versuchsleitungen im stationären Umlauf. Zum Zeitpunkt t = 0 wird die Testarmatur bei laufender Pumpe geschlossen und nach etwa 10 s wieder geöffnet.
Die untersuchten stationären Strömungsgeschwindigkeiten von unterschiedlichen Versuchsfluiden betragen 0,5 bis 6,0 m/s. Während der Versuche werden Druckspitzen bis 80 bar, Dampfanteile und lokale Kraftspitzen bis zu ±80 kN in hoher zeitlicher Auflösung von 1 bis 10 kHz vermessen. Untersuchungsparameter sind neben der stationären Flüssigkeitsgeschwindigkeit
• der Armaturentyp (zentrische, exzentrische Klappe, Kugelhahn und Stellventil),
• die Rohrleitungsgeometrie (mit Rohrbrücke bzw. horizontaler Bypass) und
• der Anteil an zugesetzter Luft im Leitungssystem.
Ergebnisse experimentellerUntersuchungen
In Abb. 2 sind die Meßprotokolle der zeitlichen Druck- und Stellungsverläufe für verschiedene Armaturentypen am Ende der Versuchsleitung jeweils stromaufwärts der Armaturen dargestellt. Die Stellungsrückmeldung (linke Skala) liefert den zeitlichen Schließverlauf (10V: geöffnet; 2V: geschlossen).
Ausgehend vom stationären Betriebsdruck steigen die Druckverläufe beim Schließen steil an. Die exzentrische Klappe verursacht den größten Druckgradienten und mit 65 bar den höchsten Peak. Die Schließcharakteristik des Stellventils (oberer Kurvenverlauf) zeigt, daß infolge des Druckanstiegs vor der Armatur eine im Vergleich zu den Klappen längere Schließzeit benötigt wird (t = 0,1 bis 0,5 s). Durch die Rückstellkräfte der Antriebsfedern wird der Maximaldruck begrenzt (hier bei ca. 40 bar).
In der Praxis ist die Schließzeit eines Stellventils bei gleichem Antrieb also abhängig von der Fluidgeschwindigkeit (bei Strömungsstillstand beträgt sie 0,06 s für das Stellventil) und von der axialen Einbauposition. Beim Einbau am Anfang der Rohrleitung werden zum Schließen bei gleichem Flüssigkeitsdurchsatz etwa 0,15 s benötigt.
In Abb. 3 sind die zeitlichen Kraftverläufe bei einem Kavitationsschlag dargestellt. Nach dem Wiederöffnen der Klappe fördert die Kreiselpumpe in die zum Teil mit Dampf gefüllte Leitung. Die Rekondensation des Dampfes geschieht sehr schnell. Außer der erheblichen Druckbelastung (hier gemessen auf der Rohrbrücke) erfolgen im Vergleich zur stationären Last erhebliche Lasteinträge in die Festpunkte am Wendepunkt (ca. 70 kN, als Wechsellast) und hinter der Pumpe (50 kN).
Für größere Flüssigkeitsgeschwindigkeiten können die verwendeten Glasrohre nicht mehr eingesetzt werden. Es kommen Gittersensoren zum Einsatz, mit denen der Querschnitt der Rohrleitung ebenfalls zeitlich hochauflösend an 256 Meßpunkten (Versuchsleitung DN100) bzw. 64 Meßpunkten (Versuchsleitung DN50) erfaßt wird (Abb. 4). Im oberen Teil von Abb. 4 ist der zeitliche Verlauf des flächenspezifischen Phasengehaltes in der Versuchsleitung DN50 dargestellt. Ausgehend vom einphasigen Zustand (schwarz) erkennt man die periodische Bildung (Kavitation) und das Verschwinden (Kondensation) der zweiten Phase (grau, bestehend aus Gas und Wasserdampf). Im unteren Teil ist der momenta-ne Phasengehalt im Querschnitt zur Zeit t = 0,417 s dargestellt. Im oberen Teil der Leitung hat sich schon eine ausgeprägte Dampfphase gebildet, im unteren Teil des Sensors erkennt man Flüssigkeitsreste.
Weitere Informationen cav-203
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de