Die Chargenrückverfolgung ist eine große Herausforderung, der sich auch die Schwarz Cranz GmbH & Co. KG stellen musste. Schon seit dem Jahr 2000 nutzt der niedersächsische Fleisch- und Wurstwarenproduzent für die Abwicklung seiner Produktions- und Vertriebsprozesse SAP. Seit Mitte 2004 läuft in dem nach dem International Food Standard zertifizierten Betrieb auch die Dokumentation aller Verarbeitungsschritte über die SAP-Chargenverwaltung.
Effiziente Arbeitweise spiegelt sich nicht nur im Aufbau der Wertschöpfungskette wider, auch wird sie durch moderne Software unterstützt. So lässt sich die Chargenrückverfolgung mit einem elektronisch unterstützten ERP-Programm einfach und kostengünstig umsetzen. Unter Berücksichtigung der Marktpräsenz und Investitionssicherheit entschied sich Schwarz Cranz für die Anwendersoftware SAP/R3, die zunächst in den Modulen FI (Finanz- und Rechnungswesen) und SD (Sales and Distribution) genutzt wurde. Alle weiteren Prozesse wie zum Beispiel Produktions- und Materialplanung sowie Stücklisten wurden weiterhin in einer Tabellenkalkulation verarbeitet.
Im Zuge des Unternehmenswachstums stellte sich heraus, dass eine Abbildung der Unternehmensprozesse über Tabellenkalkulationen langfristig unmöglich war. Bis Januar 2005 musste das Unternehmen die EU-Verordnung 178/2002 zur lückenlosen Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln umsetzen. Außerdem wollte Schwarz Cranz auch die Zertifizierungen nach dem Higher Level des International Food Standard (IFS) und nach dem britischen BRC Global Standard für Lebensmittel (British Retail Consortium) erreichen.
Neben der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen, bringt die lückenlose Rückverfolgbarkeit aber auch unternehmensinterne Vorteile. So lässt sich durch genaue Chargendefinitionen das finanzielle Risiko bei eventuellen Rückrufaktionen begrenzen. Auch für die Einkaufs- und Produktionsplanung sowie alle weiteren Prozesse gibt sie Auskunft über Materialbestand und Reichweite. Für die Einhaltung der Standards und die Abbildung der Produktionsprozesse sind die SAP-Module MM (Materialmanagement) und PP (Produk- tion) geeignet.
Betriebliche Logistik in SAP
Für diese Aufgabenstellungen kamen im Jahr 2001 als System- und Beratungshäuser die Firmen Steeb und Open Systems Consulting (OSC) als neue Kooperationspartner ins Spiel. Aus drei Anbietern wählte Schwarz Cranz die SAP-Tochter Steeb aus, die eng mit dem Lübecker SAP-Beratungshaus OSC zusammenarbeitet. Da OSC u.a. auf die Food-Branche spezialisiert ist, hatte das Unternehmen das richtige Verständnis für die Produktionsabläufe und dafür, dass Schwarz Cranz als Mittelständler die Lösung mit bestehender Belegschaft umsetzen wollte. „OSC bot uns auch an, einen aussagefähigen SAP-Prototypen für die ‚neue logistische Kette’ im Bereich Wareneingang, Lagerverwaltung, Zerlegung, Herstellung, Verpackung, Versand und Transport zu entwickeln“, erläutert Kristin Schwarz, Geschäftsführerin der Schwarz Cranz GmbH & Co. KG.
Hinein ins Kühlhaus
Für die Entwicklung des Prototyps mussten die IT-Berater von OSC alle einzelnen Prozessschritte analysieren. „Das bedeutete, einige Tage in der Warenannahme, Zerlegung und Produktion sowie im Lager zuzubringen, um alle Vorgänge im SAP-System abbilden zu können“, erklärt IT-Leiter Matthias Loitz. Nachdem sich der Prototyp im Praxistest bewiesen hatte, waren für die Bestandsverwaltung zunächst alle Stammdaten, d.h. Artikel- und Chargennummern sämtlicher Roh- und Verpackungsmaterialien aus den Tabellenkalkulationen zu übernehmen. Für die Dokumentation wurde jeder Artikel mit entsprechenden Etiketten ausgestattet, die alle notwendigen Informationen enthielten. „Dieser Arbeitsschritt war aufwändig und fand parallel zur laufenden Produktion statt“, erklärt Loitz.
Die Bestandsverwaltung für Rohstoffe, Halbfertig- und Fertigprodukte wurde zum 2. Oktober 2003 in Betrieb genommen, so dass ab diesem Zeitpunkt alle Bestände in den kaufmännischen Basismodulen FI und SD bearbeitet werden konnten. Zeitgleich wurde mithilfe der OSC-Berater die Produktion mit der SAP-Rezepturverwaltung und einer SAP-Auftragsabwicklung für Zerlege-, Herstellungs-, Gewürzverwiegungs- und Verpackungsprozesse eingeführt.
HACCP und GMP berücksichtigt
Zur Gewährleistung der EU-Verordnung und aus Kosten- und Zeitgründen entschied Schwarz Cranz, auch die Chargenrückverfolgung und die Dokumentation der diesbezüglichen Chargenketten mit SAP zu bewältigen. Außerdem können im SAP-Standard notwendige Chargenberichte und Verwendungsnachweise nach den Richtlinien HACCP und GMP generiert werden.
Die Chargenverwaltung in SAP ist Bestandteil des Moduls MM und unterstützt alle logistischen Ketten in der prozessverarbeitenden Industrie: Bei der Anlieferung erhält jeder Artikel ein Chargenkennzeichen. Sobald zum Beispiel Rohware zur Weiterverarbeitung in die Abteilung Zerlegung kommt, wird es in Haupt- und Nebenprodukte aufgeteilt und einzeln mit einer neuen Chargenkennzeichnung versehen. Loitz erklärt die einfache Handhabung der Chargenaktivierung über die Waagensoftware „Easyscale“, die schnell und einfach zu bedienen ist: „Nach der Zerlegung legt der Mitarbeiter das Material auf die Waage. Es wird über ein robustes Touchscreen-Terminal per Menü dem Produktionsauftrag zugeordnet, der bereits in SAP angelegt ist. Gleichzeitig werden die Stammdaten aus dem System ausgelesen und mit den Daten wie Gewicht und Zerlegedatum auf ein Etikett gedruckt, mit dem die Ware gekennzeichnet wird.“
Für das zerlegte Produkt bis hin zum verpackten Endprodukt werden pro Verarbeitungsschritt weitere Produktionsaufträge angelegt. Zugegebene Komponenten, beispielsweise Gewürze, für die eindeutigen Materialnummern existieren, werden dokumentiert. Jeder Produktionsschritt bezieht sich auf die Chargennummern des vorherigen Schrittes, so dass am Ende die verkaufsfertige Ware auf einer Palette für einen bestimmten Kunden mit einer „letzten“ Chargennummer versehen wird. Anhand der festen Artikelnummer und wechselnder Chargen ist die Produktionskette jederzeit lückenlos nachzuvollziehen – vom Rohstofflieferanten (Wareneingang) über die Herstellung bis zum Kunden. „Somit waren die Erfüllung der Anforderungen des IFS auf höherem Niveau und des BRC sowie die nachfolgende Zertifizierung problemlos“, meint Schwarz zufrieden.
Kostenrechnung und Kalkulation
Die komplette Abbildung der Produktionsprozesse in SAP hat noch weitere wirtschaftliche Vorteile für die Kalkulation und Kostenrechnung. „Dazu mussten zunächst alle Personal- und Maschinenzeiten für jeden Verarbeitungsschritt erfasst und in Arbeitsplänen und Planungsrezepten zusammengestellt werden. Alle Daten erscheinen auch in der Kostenrechnung, so dass die Kosten den Produkten zuzuordnen sind“, so Loitz. Schwarz ergänzt: „Alle Geschäftsprozesse können somit regelmäßig überprüft werden. Dazu gehört etwa die Betriebsdatenerfassung und -auswertung für die Maschinenauslastung in Produktion und Verpackung sowie die Einkaufsoptimierung, die ebenfalls mit SAP und Unterstützung von Steeb und ihrem Partner OSC durchgeführt werden soll.“
dei 422
Schwarz Cranz
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