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Automatisierung für die modulare Wasserstofferzeugung

Grundstein der Energiewende
Automatisierung für die modulare Wasserstofferzeugung

In der nachhaltigen Energielandschaft der Zukunft wird Wasserstoff als Energiespeicher eine bedeutende Rolle einnehmen. Wie die Produktion bereits heute mithilfe modularer Konzepte und im Zusammenspiel hochentwickelter Automatisierungstechnik gelingen kann, zeigt die Zusammenarbeit zwischen Wago und dem Anlagenbauer FEST.

Elektrofahrzeuge, Heizungen oder Warmwassererzeugung: Wind und Sonne treiben Elektronen immer häufiger durch elektrische Leiter – ohne Umwege, direkt vom Erzeuger bis zum Verbraucher. Doch die Zukunft der Energieversorgung wird nicht gänzlich ohne Moleküle auskommen. Energie muss gespeichert werden. Auch dürstet es manchem Verbraucher nach mehr Energie im Tank, als es beispielsweise Batterien derzeit anbieten. Als zentrale Zutat im Energie-Cocktail der Zukunft dürfte hier das kleinste Molekül mitschwimmen: Wasserstoff. Mit überschüssigem, regenerativ erzeugtem Strom hergestellt, bildet es nicht nur einen potenten Energiespeicher, sondern auch eine alternative Energieversorgung für den Flug-, Fern-, Schwerlast- und Schiffsverkehr.

Überschüssige Energie sinnvoll umwandeln

So schlüssig die Konzepte auf dem Papier aussehen, stellt sich jedoch die Frage nach der Herkunft des grünen Wasserstoffs. Ein Lösungsansatz liegt vor der Haustür: In der Nähe von Wind- oder Solarparks entfalten Elektrolyseure ihren vollen Nutzen. Statt bei einem Überangebot Windräder zu drosseln oder Solarzellen vom Netz zu nehmen, spaltet der nicht abgenommene grüne Strom Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff. Solche Anlagen bietet die Firma FEST aus Goslar an. Das zur Schmidt Kranz Gruppe gehörende Unternehmen plant, entwickelt, baut und installiert individuelle Wasserstoff-Elektrolyseanlagen und Versorgungssysteme für Power-to-X-Anwendungen. Anlagen, die aufgrund ihrer Größe nicht laufend vor Ort betreut werden – ein Konzept, das nur funktioniert, wenn Engineering, Anlagentechnik und Automatisierung perfekt zusammenspielen.

Standardisierte Container

„Wir fertigen in weitgehend standardisierten Containern mit einer Nennleistung ab zwei Megawatt. Damit können wir flexibel auf die individuellen Situationen bei Anwendern reagieren“, sagt Christian Perplies. Er ist Senior Sales und Business Development Manager Hydrogen Technology bei FEST und betreut seit vielen Jahren Anlagen im Umfeld der erneuerbaren Energieerzeugung.

Die Vorarbeit für Perplies liegt im Business Development, also mit den Kunden gemeinsam die Projekte und Anlagen auszulegen. Er analysiert die Bedarfsseite und schaut in Verbrauchsszenarien, dass es den richtigen Mix an Abnehmern für den Wasserstoff gibt. Das können wasserstoffelektrische Fahrzeugflotten, Rückverstromungsanlagen oder kleinere Basischemikalien-Abnehmer sein. Auch in der Metallverarbeitung oder der Halbleiterindustrie sind dankbare Abnehmer grünen Wasserstoffs und damit langfristige Partner zu finden.

Auf der anderen Seite muss der Prozess der Energieerzeugung stimmig sein. Zur Produktion von einem Kilogramm Wasserstoff sind immerhin etwa 55 KWh Systemleistung notwendig. Hier ist es von Vorteil, wenn erneuerbare Energie aus verschiedenen Quellen zur Verfügung steht. „Optimalerweise überlagern sich Überangebote. Also verschiedene günstige Stromquellen, die nicht für den Strommarkt zur Verfügung stehen, sondern in die Elektrolyseanlage einspeisen“, erklärt Perplies. Für einen rentablen Betrieb ist es entscheidend, den Elektrolyseur zu mindestens 50 % auszulasten, um so eine optimale Mischung aus Auslastung und Strompreis zu erreichen. Daher werden auch Batteriespeicher als zusätzliches Element der Glättung eines Energieprofils in die Planung einbezogen. Die Nutzung der Abwärme kann ein zusätzliches Verwertungsszenario der Anlage sein. „Daher setzen wir ohne Scheuklappen auch Batteriespeicher oder Wärmeapplikationen in die Planung mit ein, um Spitzen abzufangen“, sagt er.

Wenn diese Fragen geklärt sind, setzen sich Perplies und sein Team an die Auslegung der Anlage selbst. Betreiberaufgaben, Aufstellflächen, Sicherheits- und Logistikanforderungen sowie Genehmigungsverfahren sind zu klären und zu erledigen, bevor das Wasser kontinuierlich in seine Bestandteile zerlegt werden kann. „Ist alles Externe erfüllt, brauchen wir vereinfacht gesagt unsere modularen Systeme nur noch aufzustellen, und per Plug-and-Play in Betrieb zu nehmen“, sagt er und ergänzt: „Unser Anspruch ist es, dass unsere Anlagen autonom funktionieren.“ Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die verwendete Anlagen- und Automatisierungstechnik und ihre Zulieferer.

Automatisierung unterstützt einfache Inbetriebnahme

„Ohne zuverlässige, sichere, autonom arbeitende, einfach zu wartende Systeme ‚Off-the-Shelf‘ würde die Akzeptanz für unsere Anlagen fehlen. Daher sind wir froh, dass wir mit Wago einen Partner an unserer Seite haben, der diese Herausforderungen seitens der Automatisierung erfüllt – und mehr als das: Die gründliche Vorbereitung von Montage und Inbetriebnahme helfen uns extrem dem Plug-and-Play-Ideal so nahe wie möglich zu kommen“, sagt Perplies.

Und Perplies nennt konkrete Qualitätskriterien: Neben den verwendeten Werkstoffen und Methoden im Metallbau müssen in erster Linie die Komponenten eine hohe Ausfallsicherheit mitbringen: Der PEM-Elektrolyse-Stack, die Hochdruckpumpen, Sensoren und die Anlagensteuerungs- und Kommunikationstechnik. „Für jedes Bauteil nutzen wir renommierte, etablierte und ‚gewachsene‘ Systeme, die bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt haben, dass sie funktionieren. Im optimalen Fall haben sie bereits eine gewisse Evolution hinter sich, um auf das Performance-Level zu gelangen, das wir benötigen.“ Qualität spiegelt sich für Perplies aber auch im Support wider: „Meine Kollegen in der elektrischen Auslegung sind in einem sehr guten Austausch mit Wago, was die Auswahl der Komponenten angeht sowie die Absicherung der Lieferkette für diese Komponenten.“

Ein weiteres Argument: Wago unterstützt den Ansatz vorkonfigurierte Bauteile zu nutzen. Das spart in der Vormontage Zeit, die sich in gespartem Aufwand, kostengünstigeren Systemen und einer höheren Zuverlässigkeit widerspiegelt. Nils Roth, Senior Area Sales Manager Industry bei Wago kennt diesen Wunsch von vielen Kunden: „Greifbar wird unsere Unterstützung einer raschen Inbetriebnahme vor Ort durch unsere Remote-I/O-Module. Aber auch unsere Ex-zugelassene Verbindungstechnik, unsere Netzwerkbauteile und die modularen Wago-Automatisierungskomponenten eignen sich speziell für dieses Projekt“, fährt er fort. Mit dem I/O-Link-Standard werden die Daten von der Sensor- und Aktor-Ebene nahtlos in die Steuerungsebene und weiter in die Cloud geleitet. Anwender erhalten permanent über Dashboards die relevanten Überwachungsdaten der Anlage. „So überwachen wir Stromflüsse, Drücke und Temperaturen an bestimmten kritischen Stellen und zeigen, dass die Komponenten problemlos laufen bzw. melden umgehend, wenn sich Probleme anbahnen“, ergänzt Roth.

„Genau darauf bauen wir unseren Ansatz als Integrator: ein System zur Verfügung zu stellen, dass den wertvollen PEM-Stack so weit und in so engen Grenzen wie möglich in seinen optimalen Systemparametern laufen lässt“, sagt Perplies und ergänzt: „Auch die Platzierung der Wago-Komponenten direkt im Feld ist Gold wert, weil das Schaltschrankraum spart und die gesamte Anlage sehr aufgeräumt aussehen lässt, obwohl es ein komplexes System ist.“ Ebenfalls von Vorteil sind die automatische Parametrierung bei der Inbetriebnahme und die Selbstüberwachungsfunktionen: „Wenn das System automatisch überprüft, ob am jeweiligen Port, der erwartete Sensor angeschlossen ist, bringt uns das eine deutliche Zeitersparnis“, freut sich Perplies.

Nachhaltige Wirtschaft geht nur gemeinsam

Am Ende sind es solche gesamtheitlichen Konzepte, die helfen die Energiewende in Deutschland und Europa voranzutreiben. Hier steckt ein riesiges Potenzial: von den Komponenten-Lieferanten über die Anlagenbauer bis hin zu den Stromerzeugern
und Abnehmern des grünen Wasserstoffs. „Das sind Konzepte wie aus dem Bilderbuch, um gemeinsam am Aufbau einer nachhaltigeren Wirtschaft mitzuwirken“, sagt Roth.

Wago GmbH & Co. KG, Minden


Autor: Frank Jablonski

Freier Journalist


Praxistipp:   Lokal umschauen

Angesichts der Investitionssumme und den Betriebskosten einer Wasserstoffproduktionsanlage sollten potenzielle Betreiber zunächst lokale Netzwerke, bestehend zum Beispiel aus regionalen Wirtschaftsförderungen, der Lokalpolitik oder auch Unternehmerverbänden, aufbauen. Potenzielle Abnehmer in der Region sollten sich kennenlernen und gemeinsam überlegen, wie ein kombiniertes Verbrauchsprofil aussehen kann, welche Anwendungen ein Energie-Setup ergeben, die in Summe das Gesamtprojekt rechtfertigt. Auf diese Weise ergibt sich ein gesicherter Vertriebsweg für den produzierten Wasserstoff, bis der Markt eine gewisse Reife entwickelt hat.


WasserstofF:   Grosse Nachfrage

Bereits heute werden in der Industrie riesige Mengen Wasserstoff verbraucht. Raffinerien sind mit gut 38 Megatonnen im globalen Maßstab größter Abnehmer. Auch für die Herstellung anderer Grundstoffe wie Ammoniak und Methanol werden jedes Jahr weltweit mehrere Dutzende Megatonnen Wasserstoff verwendet – bislang hergestellt aus fossilem Erdgas oder aus Nebenprozessen stammend. Um den Anteil von grünem Wasserstoff auch hierzulande zu erhöhen, plant die Bundesregierung im Rahmen ihrer nationalen Wasserstoffstrategie eine ganze Reihe von Maßnahmen. Neben strategischen internationalen Partnerschaften mit sonnenreichen Staaten wie Australien oder Ländern des afrikanischen Kontinents bieten sich auch vor der eigenen Haustür Chancen für eine zukünftige H2-Versorgung. Plan ist, die Elektrolysekapazitäten hierzulande bis zum Jahr 2030 auf mindestens fünf Gigawatt auszubauen. Modulare Anlagen, die dezentral in der Nähe von regenerativen Stromerzeugern arbeiten, bilden einen wichtigen Baustein der Strategie.

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