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Bürkert-CEO Georg Stawowy geht gerne zur Arbeit

Bürkert-CEO Georg Stawowy im Interview
“Ich gehe gerne zur Arbeit“

Georg Stawowy ist seit Frühjahr 2023 CEO bei Bürkert. Er hat sich gut eingelebt und geht gerne zur Arbeit. Warum das so ist und warum Summerbodies im Winter gemacht werden, erklärte er mir auf der SPS 2023 im Interview.

Herr Stawowy, Politiker werden gerne nach 100 Tagen gefragt, wie ihre Bilanz ausfällt. Wie ist das Fazit Ihres ersten halben Jahres bei Bürkert?

Stawowy: Sehr positiv. Die freundliche und professionelle Aufnahme bei Bürkert spricht sehr für die mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur. Es herrscht ein kollegiales Klima im Betrieb, was mir den Einstieg sehr erleichtert hat. Besonders gefällt mir an Bürkert die starke technologische Ausrichtung des Unternehmens. Als Maschinenbauingenieur schätze ich es, dass wir nicht nur im Bereich Aktorik, sondern auch in der Sensorik tätig sind und damit den gesamten Regelkreis sowie die zugehörige industrielle Kommunikation betrachten. Zudem hat Bürkert eine beeindruckende Kundenbasis, die verschiedene Branchen von Chemie über Pharma bis hin zu Food & Beverage beinhaltet. Dazu kommen aktuelle Themen wie Wasserstoff oder die Leiterplattenfertigung im Bereich der Halbleiterindustrie. Diese Vielfalt an interessanten Themen und Kunden, einige davon sind völlig neu für mich, fügen sich gut zusammen. Alles in allem habe ich mich gut eingelebt.

Aus Ihrer Schilderung entnehme ich, dass es Ihnen bei Bürkert gefällt.

Stawowy: Ja, das stimmt. Ich gehe gerne zur Arbeit. Das Aufgabengebiet eines CEOs differenziert sich natürlich sehr stark von anderen Mitarbeitern des Unternehmens, doch letztlich geht auch ein CEO ganz normal zur Arbeit und muss sich den alltäglichen Herausforderungen stellen und diese bewältigen. Es ist mir wichtig, dass ich meine Arbeit gerne verrichte. Bei Bürkert ist dies der Fall, weshalb ich überaus zufrieden bin.

Sehen Sie in nächster Zeit Probleme für Ihr Unternehmen?

Stawowy: Unsere Zielbranchen bewegen sich irgendwo in einem Hyperzyklus oder verändern sich periodisch. Doch im Kern handelt es sich um Trendthemen. Daher sehe ich grundlegend keine Marktprobleme für Bürkert. Sicherlich ist die aktuelle Inflation ein großes Problem, und wir lesen fast täglich über die Rezession der großen Hauptmärkte in den Zeitungen. Bürkert kann sich davon nicht abkoppeln. Doch ich glaube, unsere größte Herausforderung besteht darin, trotz dieser Schwankungen kontinuierlich an technischen Produkten und Transformationsprojekten zu arbeiten. Meiner Meinung nach ist es wichtig, sich darauf zu konzentrieren und sich nicht zu sehr von konjunkturellen Zyklen beeinflussen zu lassen.

Unbeeindruckt von konjunkturellen Schwankungen zu bleiben, stelle ich mir schwierig vor.

Stawowy: Eine Freundin sagte mir einmal: „Summerbodies are made in winter.“ Marktanteile gewinnt man nicht im August, sondern wenn sich eine konjunkturelle Delle abzeichnet oder man bereits in einer solchen steckt. Dann geht es darum, wer ist lieferfähig und wer nicht. Es gibt Mitarbeiter im Unternehmen, die nicht so eng am Marktgeschehen beteiligt sind und konjunkturelle Schwankungen möglicherweise nur in den Ansprachen des CEO bemerken. Wenn ein Außendienstmitarbeiter eine Bestellung hat, die 20% unter der vorherigen liegt, kann das natürlich die Stimmung drücken. Doch hier ist es wichtig zu betonen, dass der Vertrieb unserer Produkte kein Sprint ist und diese nicht einfach aus dem Lager heraus verkauft werden. Wir spezifizieren Produkte oder entwickeln Systeme, die bei Kunden in neue Produktplattformen einfließen, die erst in ein, zwei oder drei Jahren auf dem Markt erscheinen. Der Vertriebsprozess ist manchmal zeitintensiv, daher dürfen wir uns nicht von konjunkturellen Schwankungen ablenken lassen.

Welche Märkte sehen Sie in Zukunft für die Produkte Ihres Unternehmens als besonders wichtig an?

Stawowy: Die Steuerung von pneumatischen Systemen für Wasserstoff ist ein aktuelles Trendthema, an dem wir arbeiten und das ein gewisses Wachstum verzeichnet. Wohin das allerdings genau führen wird, kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Niemand weiß, wer den ersten Wasserstoff bekommen wird. Es könnte sein, dass der in den nächsten 20 Jahren produzierte Wasserstoff vollständig von der Stahlindustrie absorbiert wird. Wir wissen nur, dass in die Wasserstoffwirtschaft derzeit unglaublich viel Geld investiert wird. Es ist ein bisschen wie Blue Ocean – niemand weiß genau, wohin es gehen wird.

Neben solchen Blue-Ocean-Themen haben wir auch andere, die zwar nicht neu, aber trotzdem sehr wichtig sind. Zum Beispiel das Thema Wasser. Wenn ich als Bewohner dieses Planeten einen Trend identifizieren müsste, wäre Wasser definitiv dabei. Bürkert ist stark in der industriellen Automatisierung, insbesondere in der Prozessautomatisierung. Aber jetzt betreten wir auch den Bereich der kommunalen Wasserwirtschaft mit neuen Produkten. Das sehe ich definitiv als Trendthema an, obwohl sauberes Wasser nichts Neues ist.

Ein weiteres Thema ist New Food. Wir lernen gerade, wie groß der CO2-Einfluss von Tieren ist, insbesondere in Bezug auf Methan. Es ist faszinierend zu sehen, dass alle 12 Jahre eine Milliarde mehr Menschen auf der Welt sind. China reagiert darauf, Europa bekommt nicht mehr so viele Kinder, trotzdem wächst die Weltbevölkerung und der Bedarf an Proteinen ist enorm. Als Verbraucher ist mir das Thema New Food nicht unbedingt sympathisch. Doch darum geht es gar nicht. Letztendlich gilt es, die Weltbevölkerung zu ernähren. Wir sehen bereits viele Ansätze in der Welt der industriellen Lebensmittelproduktion in diese Richtung. Obwohl die Lebensmittelindustrie prozessseitig nicht neu für uns ist, New Food ist ein riesiges Thema.

Auf welchen Produkten liegt gerade ihr Fokus?

Stawowy: Viele der Anwendungen, die ich gerade genannt habe, erfordern speziell angepasste Produkte. Für Außenstehende mag es schwer nachvollziehbar sein – schließlich scheint ein Ventil einfach nur auf und zu zu gehen. Doch beim Thema Wasserstoff zum Beispiel geht es um Materialverträglichkeit, um Dichtungen und Metalle. Es sind umfangreiche Validierungen und spezifische Anpassungen für die eingesetzten Produkte erforderlich. Das ist auch der Grund, warum wir auf der SPS das Wasserstoffthema angesprochen haben, weil es um spezifische Entwicklungen geht, darin liegt eine unserer Stärken.

Also nicht von der Stange, sondern Maßanfertigung?

Stawowy: So könnte man es nennen. Uns ist es wichtig zu betonen, dass wir dem Anwender nicht nur ein vollständiges System bieten, sondern uns auch um die Integration sowohl physikalisch als auch steuerungstechnisch kümmern. Dabei ist ein gewisses Domänenwissen entscheidend. Denn es macht einen großen Unterschied, ob wir mit einer Brauerei oder einem Hersteller von Elektrolyseuren sprechen. Man muss die Normenlandschaft und die spezifischen Herangehensweisen kennen. Wenn also ein neuer Markt wie New Food entsteht, bedeutet das für uns, dass wir Kompetenz aufbauen müssen. Besonders im Vertrieb spielt dieses Fachwissen eine große Rolle. Ich halte es für wichtiger als die Produkte selbst. Diese folgen später. Die Kunden verstehen das. Selbst wenn wir eine neue Anforderung noch nicht erfüllen können, wollen die Kunden sehen, dass wir zuhören und die nötige Entwicklungskompetenz besitzen.

Daher haben wir auf der SPS auch keine Produkte präsentiert, die wie das Kaninchen aus dem Hut auftauchen und die Leute staunend zurücklassen. Stattdessen zeigen wir bestehende Lösungen mit der Automatisierungsintegration in die Anwendung.

Ein Highlight hatten Sie aber doch bestimmt auf der SPS, oder?

Stawowy: Ein Highlight, das wir derzeit stark bewerben, ist die sogenannte „Kick-and-Drop-Technologie“. Dabei handelt es sich um Magnetventile mit Kick-and-Drop-Spule, die äußerst energieeffizient sind. Nachhaltigkeit ist ein Trendthema in allen Branchen, und unsere Produkte können den Kunden dabei helfen, ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Wir haben daher eine separate Marketingkampagne gestartet, um dies zu unterstreichen. Das Konzept der Kick-and-Drop-Elektronik beruht darauf, dass für das Öffnen eines Ventils eine hohe Kraft und damit eine hohe Leistung benötigt wird. Die meisten auf dem Markt erhältlichen Produkte verbrauchen auch nach dem Schalten in der Offenposition des Ventils weiterhin diese hohe Leistung, was letztlich aber nicht erforderlich ist. Unsere Kick-and-Drop-Spule reduziert den Energiebedarf im Haltebetrieb um durchschnittlich 80 %. (Wer möchte, kann dies übrigens hier auf prozesstechnik-online.de nachlesen. Anmerkung der Redaktion)

Im nächsten Frühjahr stehen mit Anuga FoodTec, IFAT und Achema große Leitmessen der Prozessindustrie an. Auf welchen Messen werden Sie ausstellen und was erwartet unsere Leser dort?

Stawowy: Wir freuen uns sehr auf die großen Leitmessen der Prozessindustrie im nächsten Jahr. Die Achema ist für uns eine absolute Leitmesse, ebenso wie die Anuga FoodTec. Auf beiden Messen werden wir ausstellen. Wir werden verstärkt das gesamte Thema rund um unsere Produkte präsentieren, sei es im Bereich Feldservices, Kundenerlebnis, Automatisierung oder Systemtechnik. Was wir uns vorgenommen haben, sind Gespräche. Es geht uns auf diesen Messen darum, Offenheit zu zeigen und zu sagen: Sprecht mit uns.

Außerdem bieten sie uns die Möglichkeit, komplette Skids oder Aufbauten zu zeigen. Das ist für uns sehr wichtig, damit wir deutlich machen können, was Bürkert von anderen Unternehmen unterscheidet. Trotz des Respekts vor unseren Produkten: Es interessiert niemanden, wenn wir einfach nur ein Magnetventil auf einen Sockel stellen. Die Zeiten, in denen Besucher auf Messen gingen, um Produktneuheiten zu sehen, sind vorbei – diese Informationen sind heute im Internet verfügbar.

Das heißt, Sie sehen Messen eher kritisch als Neuheitenschau?

Stawowy: Messen sind für uns von großer Bedeutung. Und ja, mittlerweile stehe ich Messen eher kritisch gegenüber. Ich frage mich immer häufiger, wohin das alles führen soll. Auf der Hannover Messe beispielsweise sehen wir einen systematischen Rückgang. Obwohl dieses Jahr mehr Aussteller und Besucher kamen, fehlten immer noch 25% im Vergleich zum Vorcorona-Niveau. Ich sehe Grenzen bei der Vermittlung von Informationen, vor allem bei Digitalthemen. Wir sind aufgefordert, Digitalisierung zu erklären, und das endet oft an einem Monitor. Es stellt sich daher die Frage: Wie kann ich das auf der Messe greifbar machen? Meiner Meinung nach geht das am besten in der direkten Vorführung am PC. Das muss nicht unbedingt auf der Messe sein.

Vielen Dank Herr Stawowy für die spannenden Einblicke.


„Es ist mir wichtig, dass ich meine Arbeit gerne verrichte. Bei Bürkert ist dies der Fall, weshalb ich überaus zufrieden bin.“

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