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Dauerläufer für heiße Prozesse

Umwälzpumpen für Wärmeträgerölanlagen
Dauerläufer für heiße Prozesse

Die Wärmeträgertechnik erschließt mit Thermoölen und Prozesstemperaturen bis 400 °C ein breites Spektrum für Produktionsverfahren in der chemischen Industrie. Die Umwälzpumpe ist das Herzstück jedes Wärmeträgerkreislaufs. Wärmeträgerölpumpen unterliegen im Betrieb hohen Beanspruchungen. Die Fachmesse für Wärmeträgertechnik, die WTT-expo in Karlsruhe, bot im vergangenen Oktober auch einen Überblick über Bauarten und Konstruktionsmerkmale dieser Pumpen.

Wolfgang Heinl

Als Medium für den Energietransport werden im Temperaturbereich von 200 bis 400 °C überwiegend Wärmeträgeröle auf mineralischer oder synthetischer Basis verwendet. Diese bieten den Vorteil, dass sie im Wärmeträgerkreislauf mit sehr hohen Temperaturen nahezu drucklos gefördert werden können. Für industrielle Prozesse lässt sich damit Wärmeenergie mit geringerem technischem Aufwand und kostengünstiger bereitstellen als beispielsweise durch direkte Befeuerung oder mittels einer energieintensiven Elektroheizung.
Im Vergleich zu Wasser und Dampf als Wärmeträgermedium bestehen an Leitungsmaterial, Armaturen und Sicherheitseinrichtungen geringere Anforderungen hinsichtlich der Betriebsdrücke, denen das Anlagensystem standhalten muss. Wärmeträgeröle erfordern im Gegensatz zu Wasser keine Aufbereitung und verursachen keine Korrosion im Rohrleitungssystem. Die Investitions- und Betriebskosten fallen für Thermoölsysteme insgesamt geringer aus, weshalb sie von Anlagenbauern und -betreibern bevorzugt werden. Mit organischen Wärmeträgern sind Prozesstemperaturen von -80 bis +450 °C realisierbar. Der relativ geringe Druck im Wärmeträgerkreislauf entspricht der Förderhöhe der Umwälzpumpe, die damit die Anlagenwiderstände von Rohrleitungen, Armaturen, Kessel und Wärmetauscher überwinden muss. Dafür haben die Wärmeträgerölpumpen im Vergleich zu dampfbeaufschlagten Anlagen größere Flüssigkeitsströme zu transportieren.
Zuverlässiger Dauerbetrieb gefordert
In einem Wärmeträgerölkreislauf sind die Pumpen als Antriebselement mit der wichtigste Bestandteil. Bei einem eventuellen Ausfall steht die Anlage und damit die meist rund um die Uhr laufende Produktion still. Umwälzpumpen haben deshalb eine hohe Dauerbetriebssicherheit bei minimalem Wartungsaufwand zu erfüllen. Reparatur und Austausch sollen mit geringstmöglichem Demontageaufwand erfolgen.
Schon die verschiedenen Bauarten und speziellen Konstruktionsmerkmale lassen darauf schließen, dass Umwälzpumpen in Wärmeträgerkreisläufen hohen Beanspruchungen standhalten müssen. Diese ergeben sich zum einen durch die sehr hohen Betriebstemperaturen und auch aus den Eigenschaften des Wärmeträgermediums. Thermoöle sind organischen Ursprungs, weshalb unter der hohen thermischen Belastung durch Zersetzung Abbauprodukte entstehen. Während gasförmige (meist Wasserstoff und Methan) und ein Teil der niedrigsiedenden Zersetzungsprodukte während des Betriebs abgeschieden werden können, bilden die hochsiedenden Abbauprodukte durch Strukturveränderung eine zähe, unlösliche Masse. Zersetzungsprozesse entstehen ab etwa 250 °C und nehmen mit steigender Temperatur exponentiell zu. Die entstehenden koksartigen Rückstände können an den Wärmeträgerpumpen zu Schäden führen, je nach Pumpenkonstruktion beispielsweise zu Verschleiß im Gleitlager sowie zu Undichtheiten von Gleitringdichtungen.
Pumpenauswahl verlangt Sorgfalt
Die Auswahl der einzusetzenden Umwälzpumpen richtet sich unter anderem nach den Anforderungen in Abhängigkeit von
  • verwendetem Wärmeträgeröl,
  • Betriebstemperatur,
  • ggf. zu berücksichtigenden Auflagen für Umwelt- und Arbeitsschutz und
  • Wirtschaftlichkeit.
Geplant und gebaut werden Wärmeträgeranlagen von Unternehmen, die über besondere Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen. Dies verlangt die DIN 4754 „Wärmeübertragungsanlagen mit organischen Wärmeträgern“. Eines dieser Anlagenbauunternehmen ist die Maxxtec AG aus Sinsheim. „Die Wärmeträgerpumpe ist das Herzstück des Hydraulikkreislaufs“, betont Martin Sander, Projektleiter bei Maxxtec. Die Ausgangsdaten für die Auslegung der Umwälzpumpe ergeben sich aus dem hydraulischen Rohrleitungssystem und aus dem notwendigen Förderstrom in Abhängigkeit der zu transportierenden Wärmeleistung. Die Bestimmung der richtigen Pumpengröße verlangt rechnerische Sorgfalt, da Umwälzpumpen für Wärmeträgeranlagen konstante Volumenströme benötigen und die Fließgeschwindigkeit nicht zu gering sein darf.
Nach der Bauart werden Wärmeträgerölpumpen unterschieden in Gleitringdichtungspumpen, Magnetkupplungspumpen und Spaltrohrmotorpumpen. Je nach Einbausituation und Bauart kann zwischen Blockpumpen, Inlinepumpen oder Ausführungen in Prozessbauweise mit gekuppeltem Motor gewählt werden.
Gleitringdichtungspumpen
Bei den Gleitringdichtungspumpen ist das Bauteil, das der Pumpe ihre Bezeichnung verleiht, gleichzeitig die Schwachstelle. Eine schadhafte Gleitringdichtung hat eine – wenn auch meist vertretbar kleine – Leckage zur Folge. Sobald an der Wellenabdichtung das äußerst kriechfreudige Wärmeträgeröl austritt und gleichzeitig Luft in das System eintritt, bilden sich oberhalb 80 °C feste Ablagerungen (Ölkohle). Diese können sich im Dichtspalt festsetzen und somit die Wellenabdichtung zerstören. Anlagenseitig sind deshalb Maßnahmen gegen das Eindringen von Luft notwendig, beispielsweise durch eine Stickstoffüberlagerung in Rohrnetz und Druckausdehnungsgefäß. Im sensiblen Bereich innerhalb der Pumpe wird durch konstruktive Maßnahmen dafür gesorgt, dass ein vorzeitiger Verschleiß der Gleitringdichtung vermieden wird. Bei den Pumpenbaureihen Etanorm SYA und Etanorm RSY von KSB ist die Gleitringdichtung durch eine längere Abkühlstrecke vom heißen Pumpeninnenraum getrennt. Dieses Konstruktionsmerkmal reduziert die Temperatur an der Gleitfläche, so dass die Gefahr der Bildung von Rückständen durch Oxidation des Wärmeträgeröls im Fall einer Leckage auf ein Minimum reduziert bleibt. Der Pumpenhersteller Allweiler setzt bei Gleitringdichtungspumpen wie der Baureihe NTT auf einen großen Dichtungsraum. In dieser Kammer werden Gase gesammelt, die durch manuelles Entlüften abgeleitet werden können. Ablagerungen im Bereich der Gleitringdichtungen sollen durch eine spezielle Kombination von Lagern und Dichtungen verhindert werden. Nach Angaben der beiden Hersteller sind deren Gleitringdichtungspumpen für Betriebstemperaturen bis 350 °C einsetzbar. Für bestimmte Einsatzbereiche wie z. B. die Lebensmittelverarbeitung kommt diese Pumpenbauart jedoch nicht in Betracht. Von den konstruktionsbedingten geringen Öl-Leckagen gehen hygienische Beeinträchtigungen aus. Zudem haben Wärmeträgeröle stark geruchsbildende Eigenschaften. In der chemischen Industrie kann je nach Arbeitsumgebung durch die Ansammlung von Öl-Leckagemengen möglicherweise Brandgefahr bestehen. Besonders bei Blockpumpen, die auf Grundplatten gebaut sind, kann sich auslaufendes Öl durch die hohen Betriebstemperaturen entzünden. Bei höheren Anforderungen an Dichtigkeit und Betriebssicherheit sind die nachfolgend beschriebenen Magnetkupplungspumpen oder Spaltrohrmotorpumpen besser geeignet, da sie hermetisch dicht konstruiert sind.
Magnetkupplungspumpen
Die Wellenabdichtung entfällt bei dieser Bauart, und damit auch ein kritisches Bauteil. Eventuelle Leckagen durch schadhafte Dichtungen sind damit ausgeschlossen. Magnetkupplungspumpen sind hermetisch dicht. Allerdings spielt die Kühlung des Rotors eine bedeutende Rolle, da dieser unmittelbar am Hydraulikteil anliegt und somit der Temperatur des Durchflussmediums ausgesetzt ist. Die Kühlung erfolgt bei der Baureihe Allmag CMAT/CMIT von Allweiler in der Weise, dass der Rotortopf über einen Ringspalt von einem Teilstrom des Wärmeträgermediums umspült wird. Die Verlustwärme wird dabei auch wieder dem Fördermedium zugeführt. Im Rohrleitungssystem der Wärmeträgeranlage strömt jedoch auch stets eine Menge an Feststoffpartikeln mit, die zu Beschädigungen führen können. Dieser Gefahr wirkt Allweiler im Bereich des Laufrades mit einer speziellen Spülstromführung entgegen. Die KSB-Magnetkupplungspumpen der Baureihe Etamagno sind mit einer Wärmesperre versehen, die Hydraulik- und Antriebseinheit voneinander entkoppelt. Damit können zum einen keine Feststoffe in den Antriebsbereich gelangen. Dies ist besonders dann kritisch, wenn es sich um ferromagnetische Teile handelt, beispielsweise Schweißrückstände oder feine Sägespäne, die von der Rohrmontage herrühren. Außerdem bleibt der Antriebsbereich von sonstigen Verunreinigungen im Wärmeträgermedium frei. Der getrennte Kühl- und Schmierkreislauf der Etamagno-Pumpe wird vor Inbetriebnahme mit sauberem Wärmeträgeröl befüllt.
Mehr auf das Einsatzgebiet der Temperierung und den Tieftemperaturbereich bis -65 °C (z. B. für die pharmazeutische Industrie) konzentriert sich die Produktpalette von Speck Pumpen. Im Verhältnis zu den Boliden von KSB und Allweiler wirkten die Speck-Exponate auf der Messe WTT geradezu wie Modelle. „Bei unseren Pumpen sprechen wir bei den Durchflussmengen in Liter pro Minute“, erklärt Dipl.-Ing. Peter Biebel, Projektleiter für Thermalölpumpen bei Speck. Die Pumpen mit Anschlussdimensionen ab ¾“ fördern nicht nur Wärmeträgeröl, sondern auch Wasser-/Glykolgemisch und sind überwiegend als Magnetkupplungspumpen konstruiert.
Spaltrohrmotorpumpen
Eine weitere Bauart ist die Ausführung in Spaltrohrmotortechnik. Ähnlich wie bei Gleitringdichtungspumpen ist die Hydraulikkomponente zwar vom Motor getrennt, der Motor ist jedoch in die Antriebseinheit integriert und nicht als separates Bauteil angekuppelt. Durch die kons-truktive thermische Trennung findet kein Wärmeeintrag in den Rotorraum statt. Der wesentliche Vorteil von Spaltrohrmotorpumpen liegt in der absoluten Leckagefreiheit. Da diese Bauart ohne Wellendichtung auskommt, bietet sie geräuscharmen Betrieb und hohe Laufruhe, dazu einen geringen Wartungsaufwand. Die gemeinsame Welle für Laufrad, Rotor und Hilfshydraulik wird in flüssigkeitsgeschmierten Gleitlagern geführt. Auf der Messe WTT präsentierte der Hersteller KSB die Spaltrohrmotorpumpe Secochem Ex K, die zusätzlich mit einem externen Flüssigkeitskühler ausgestattet werden kann. Der Kühler wird anlagenseitig von einem Kühlmedium durchströmt, so dass sich der Einsatzbereich der Secochem-Pumpe auf Betriebstemperaturen bis 400 °C erweitert.
Wellendichtungslos im Vorteil
Je nach Anwendungsfall und Anforderungen an einen zuverlässigen Dauerbetrieb sind die Kriterien für die Pumpenauswahl unterschiedlich zu gewichten. Die Kons-truktionsmerkmale der verschiedenen Pumpenbauarten wirken sich umso mehr auf den Preis aus, je höher die daraus resultierenden Vorteile zu bewerten sind. So zählen Pumpen mit einfachwirkender Gleitringdichtung zum „Low-Level-Design“-Segment. Wellendichtungslose Magnetkupplungspumpen bieten durch ihre Leckagefreiheit demgegenüber eine höhere Betriebssicherheit, die allerdings noch von den ebenfalls wellendichtungslosen Spaltrohrmotorpumpen übertroffen wird. „Längerfristig betrachtet sind neben den Sicherheitsaspekten die Wartungsintervalle entscheidend für die Maintenance-Kosten. In der Life-Cycle-Cost-Betrachtung schneiden wellendichtungslose Systeme zum Teil erheblich besser ab als Pumpen mit konventioneller Gleitringdichtung“, resümiert Stefan Dötsch, zuständig für den Verkauf von Wärmeträgerpumpen bei der KSB Aktiengesellschaft.
Pumpen von KSB cav 423
Pumpen von Allweiler cav 424
Pumpen von Speck Pumpen cav 425

Mehr Sicherheit ohne Wellendichtung
cav sprach mit Stefan Dötsch, der beim Pumpenhersteller KSB für den Verkauf von Wärmeträgerölpumpen zuständig ist.
cav: Herr Dötsch, welche Kriterien sollten bei der Auswahl der passenden Wärmeträgerölpumpe in Betracht gezogen werden?
Dötsch: „Grundsätzlich sollten die Anforderungen an Betriebssicherheit auf der einen und Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite gegenübergestellt werden. Die Pumpenbauarten unterscheiden sich im Detail in wesentlichen Konstruktionsmerkmalen. Eine wellendichtungslose Pumpe bietet eine höhere Betriebssicherheit als eine Standardpumpe mit Gleitringdichtung. Für die Wirtschaftlichkeit sind insbesondere die Wartungsintervalle von Bedeutung, die sich auf die Life-Cycle-Kosten auswirken. Die Zeiträume zwischen den Wartungen und Revisionen sind bei Spaltrohrmotorpumpen höher als bei Magnetkupplungspumpen und deutlich höher als bei Pumpen mit Gleitringdichtungen.“
cav: Im Bereich der Gleitringdichtungspumpen bieten Sie die Baureihe Etanorm an. Wodurch zeichnet sich diese Baureihe aus?
Dötsch: Die Pumpenbaureihe Etanorm arbeitet mit hohen Wirkungsgraden. Die Gleitringdichtungen sind durch Abkühlstrecken von den heißen Pumpenräumen getrennt, so dass Wärmeträgeröle bis 350 °C ohne zusätzliche Kühlung transportiert werden können.
cav: Wie sieht es bei den Magnetkupplungspumpen aus? Wo sind die Stärken der Etamagno-Baureihe?
Dötsch: Ein Austreten von Wärmeträgerflüssigkeit ist bei dieser Serie bereits konstruktiv ausgeschlossen. Durch die Wärmesperre zwischen Antrieb und Hydraulik ist keine externe Kühlung erforderlich. Ein eigener, vom Hauptförderstrom getrennter Kühl- und Schmierkreislauf schützt Gleitlager und Magnettopf vor Verschleiß durch ferromagnetische Feststoffe im Fördergut.
cav: Spaltrohrmotorpumpen bieten die höchste Betriebssicherheit. Durch welche Eigenschaften zeichnet sich beispielsweise die Secochem Ex K aus?
Dötsch: Diese Baureihe steht für den explosionsgeschützten Bereich zur Verfügung. Die Spaltrohrmotorpumpe kann auch dann noch eingesetzt werden, wenn konventionell gedichtete Pumpen aufgrund geltender Vorschriften nicht mehr verwendet werden dürfen. Durch einen externen Kühler können Wärmeträgeröle mit Temperaturen bis 400 °C gefördert werden.

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