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Dem Labor entwachsen

Biokatalyse im Festbettreaktor
Dem Labor entwachsen

Biokatalyse im großtechnischen Maßstab ist eine echte Alternative zu aufwendigen, teuren und giftigen chemischen Verfahren. Sie zeichnet sich durch sanfte Reaktionsbedingungen und umweltfreundliche Prozesse sowie durch eine hohe Selektivität bei guten Produktausbeuten aus. Ideal für den großtechnischen Einsatz ist die Biokatalyse im radial durchströmten Festbettreaktor.

Karin Koller

Die Biotechnologie ist ein aufsteigender Industriezweig. Durch die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte konnte in vielen Teilbereichen der Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit, High-tech und Sicherheit, großtechnischem Know-how und alternativen Ressourcen geschafft werden. Einer dieser Teilbereiche ist die Biokatalyse. Dabei handelt es sich um Verfahren im Grenzbereich zwischen Chemie und Biotechnologie. Aufwendige chemische Umsetzungen sollen ersetzt werden durch Prozesse, die sich biologischer Systeme anstatt giftiger Chemikalien bedienen. Biokatalysatoren sind entweder intakte Biosysteme, wie Bakterien, Hefen, Pilze, Algen oder Zellkulturen, oder isolierte Teile aus diesen Systemen, wie Enzyme und Cofaktoren. Biokatalytisch hergestellt werden derzeit verschiedenste Produkte, wie Zuckeraustauschstoffe, Medikamente, Feinchemikalien, Vitamine oder Diagnostika. Damit ein biokatalytischer Prozess nach modernen Kriterien praktikabel werden kann, müssen eine Reihe von Gesichtspunkten berücksichtigt werden. Biokatalyse kann nur dann großtechnisch angewendet werden, wenn der Biokatalysator in ausreichender Menge und wirtschaftlich sinnvoll herzustellen ist. Weiterhin sind eine schnelle Umsetzung der Ausgangsmaterialien zum Produkt in möglichst wenigen Schritten und eine einfache Aufarbeitung des Rohprodukts notwendig. Der Biokatalysator muss konditioniert werden, um die bestmögliche katalytische Leistung zu erzielen, optimale Bedingungen vorfinden und auf möglichst großer Fläche mit den Ausgangsstoffen des Prozesses in-teragieren können. Die Konditionierung zur Steigerung der Leistung und Verfügbarkeit des Biokatalysators erfolgt oft mit gentechnischen Methoden.
Eine von mehreren Möglichkeiten, den Biokatalysator für die biotechnologische Umsetzung vorzubereiten, ist die Immobilisierung. Die Zellen oder Enzyme werden je nach Beschaffenheit, Stabilität und Reaktivität mit chemischen oder physikalischen Methoden an einen festen Träger gebunden. Das vergrößert die reaktive Oberfläche und stabilisiert den Biokatalysator. Dieser eignet sich nun auch für einen kontinuierlichen Langzeitprozess, da er im Reaktor verbleibt. Der in den Bioreaktor eingebrachte immobilisierte Biokatalysator wird mit Substrat versetzt und wandelt dieses unter geeigneten Bedingungen zum gewünschten Produkt um. Um diese optimalen Bedingungen für einen kontinuierlichen Langzeitprozess zu schaffen, muss die Sterilität gewährleistet sein, da der Biokatalysator sonst leicht von Fremdorganismen überwuchert wird. Er muss je nach Beschaffenheit ausreichend mit Substrat, Cofaktoren, Nährstoffen, Sauerstoff, etc. versorgt sein und darf weder zu großer Scherbelastung ausgesetzt sein, noch während des Prozesses ausgewaschen werden.
Festbett gut geeignet
Ein Festbettreaktor erfüllt im Besonderen die oben genannten Kriterien für Prozesse mit immobilisierten Biokatalysatoren. Die Biokatalysatoren befinden sich in einem feinmaschigen Metallkorb und werden dort von der Substratlösung durchspült. Bei herkömmlichen Festbettsystemen wird der im Festbett befindliche Biokatalysator entweder von unten oder von oben axial durchströmt. Im Labormaßstab ist dieses axial durchströmte Festbett ein ideales System für die Biokatalyse. Prinzipiell wird eine Lösung der Ausgangs- und Hilfsstoffe auf einer Seite in den Reaktor gepumpt und auf der anderen Seite kann nach Durchströmen des Festbetts Produkt entnommen werden. Wird die Fließgeschwindigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit angepasst, kann theoretisch zeitlich unbegrenzt, praktisch über Wochen und Monate kontinuierlich Produkt gewonnen werden. Als Alternative bei langsamen Reaktionen wird die gleiche Substratlösung mehrmals im Festbett umgewälzt, bis die gewünschte Produktausbeute erreicht ist. Danach erfolgt die Ernte der gesamten Lösung. In beiden Fällen ist das Festbettsystem im Labormaßstab einfach zu betreiben und hat eine hohe Raum-Zeit-Ausbeute. Durch die geringe Scherbelastung eignen sich Festbettbio- reaktoren auch zur Kultivierung von adhärenten tierischen Zellen, z. B. für die Produktion von monoklonalen Antikörpern.
Wird das herkömmliche axiale Festbettsystem auf den Produktionsmaßstab umgesetzt, können massive Probleme auftreten, da sich die Wegstrecke des Substrats aufgrund der Reaktorgeometrie enorm verlängert. Das bedeutet, dass der Biokatalysator anfänglich auf eine hohe Substratkonzentration trifft und effizient arbeiten kann. Bereits in der Mitte des Festbetts ist jedoch wesentlich weniger Substrat bei gleicher Biokatalysatormenge vorhanden, da es bereits umgesetzt wurde, wodurch ein Effizienzgradient entsteht.
Sind für die Biokatalyse mehrere Substrate und Cofaktoren notwendig, kann es sogar zur Limitierung einer oder mehrerer Komponenten kommen, was dazu führt, dass die Biokatalyse in Teilen des Festbetts überhaupt nicht stattfindet. Durch die globuläre Struktur der Träger kann es auch zu Kanalbildung kommen. Werden ganze Zellen immobilisiert, tritt beinahe immer eine Sauerstofflimitierung im letzten Teil des Strömungsbereichs ein. Um diese möglichst gering zu halten, muss anfänglich sehr viel Sauerstoff in das System eingeblasen werden. Ein Sauerstoffüberschuss kann wiederum den Metabolismus empfindlicher Zellen stören und die Effizienz der Biokatalyse im Anfangsbereich des Festbetts verringern.
Radial durchströmt
Gradienten- und Limitationsprobleme sind im Festbettreaktor von Bioengineering auf ein Minimum reduziert, da dieser radial durchströmt wird. Gleichzeitig bleiben alle Vorteile dieser Methodik erhalten. Durch die spezielle Bauart des Reaktors wird die Substratlösung in der Mitte des Festbetts zugeführt und kann somit den Biokatalysator mit gleicher Konzentration und gleichem Sauerstoffgehalt über die gesamte Länge radial durchströmen.
Dadurch bleibt sowohl die Versorgung des Biokatalysators als auch dessen Leistung überall im Festbett selbst bei großen Reaktoren annähernd konstant. Großtechnisch wird derzeit beispielsweise ein 3000-l-Festbett- reaktor zur enzymatischen Umsetzung von Zucker zu Palatinose verwendet. Dies ist der erste Schritt der zweistufigen Produktion von Isomalt, einem nichtkariogenem Zuckeraustauschstoff, der sich auch für Diabetiker eignet. Die Biokatalyse im Festbettfermenter ist für viele Anwendungen noch im Entwicklungsstadium. Die Prozessentwicklung und das Up-Scaling werden wesentlich erleichtert durch die Verwendung ähnlicher Systeme im Labormaßstab wie später im eigentlichen Produktionsprozess. Deshalb hat Bioengineering einen radialen Festbetteinsatz für die Standardfermenter entwickelt, beginnend mit 3,7 l.
cav 462

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