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Dichtstromförderung für Druckbehälter

Transportsystem dosiert, fördert und injiziert Schüttgüter in einen Rührkessel
Dichtstromförderung für Druckbehälter

Schüttgüter in einen unter Druck stehenden Reaktor zu fördern, ist häufig mit verfahrenstechnischen Problemen behaftet. Die Firma Rhône Poulenc installierte deshalb ein Dichtstromfördersystem, das eine Injektion der Rohstoffe im Kessel unterhalb des Flüssigkeitspegels zuläßt.

Markus H. Gericke

Rhône Poulenc, eine der bedeutendsten französischen Chemiegruppen, stellt in ihrem Werk in Melle, Frankreich, Stabilisatoren für PVC sowie Additive und Harze für nachgelagerte Prozeßstufen her. Diese Produkte werden unter anderem in der Pharmaindustrie, im Farbstoffsektor, in der Parfümerie- und Kosmetikindustrie sowie in der Nahrungsmittelindustrie verwendet.
Ziel des Automatisierungsprojektes war die
• direkte Beschickung eines unter Druck stehenden Reaktors mit unterschiedlichen Schüttgütern,
• der Ersatz manueller Verwiege- und Befülltätigkeiten durch ein System, das sowohl der Verschiedenartigkeit der Produkte gewachsen ist, als auch eine zuverlässige Prozeßsteuerung ermöglicht sowie die
• lückenlose Rückverfolgbarkeit der Rezepturen durch eine vollautomatische Steuerung.
Unterschiedliche Korngrößenverteilung
Das Projekt stellt sich im ersten Moment recht einfach dar. Bei einer genaueren Betrachtungsweise erkennt man jedoch sehr schnell die Komplexität der Aufgabe. So neigten herkömmliche Systeme in der feuchten Atmosphäre des Reaktors zum Verstopfen und erwiesen sich deshalb für diesen Anwendungsbereich als unbrauchbar. Die örtlichen Gegebenheiten verlangten zudem einen Transport der verschiedenen Rohstoffe über eine Förderdistanz von rund 200 m. Zur Kostenreduzierung sollte die Anlieferung der Produkte in Big-Bags erfolgen, während das Befüllen der Reaktoren unter Druck stattfindet. Außerdem sollte die Steuerung den vollautomatischen Betrieb der Anlage erlauben.
Auch die genaue Analyse der Produktparameter zeigte weiteres Problempotential: Die Schüttdichte der Rohstoffe variiert zwischen 0,1 und 1,3 kg/l. Die Materialien unterscheiden sich weiterhin stark in den Korngrößen und zeichnen sich teilweise durch sehr schlechtes Fließverhalten aus. Beide Faktoren dürfen jedoch die hohe Verfügbarkeit der Anlage nicht beeinträchtigen.
Dichtstromförderung als Lösung
In der Planungsphase wurden zahlreiche Varianten diskutiert, wie die Produkte in den Rührkessel einzubringen sind. Klassische Lösungen mit Empfangsbehälter und Dosierung über Schleusen oder Klappen arbeiten unter den gegebenen Rahmenbedingungen (Druckunterschiede, Feuchtigkeit, schwer-fließende Produkte) allerdings unzuverlässig. Nicht zuletzt schied eine solche Lösung auch aus Platzgründen aus.
Da der Druck im Inneren des Reaktors zwischen 0,1 und 2 bar schwankt, wurde zur Lösung des Problems eine Anlage konzipiert, bei der die Förderung und Eindosierung der Rohstoffe mit Hilfe einer Injektionslanze unterhalb des Flüssigkeitspegels erfolgt. Durch das Dichtstromfördersystem (Abb. 1) ergeben sich einige Vorteile. Der direkte Eintrag der Ausgangsprodukte ermöglicht eine rasche Dispergierung in der Reaktionslösung. Als Folge davon läßt sich der Prozeß genauer kontrollieren. Ein spezielles Regelsystem verhindert ein Emporsteigen der Reaktionsflüssigkeit in die Injektionslanze. Es mißt online die Druckverhältnisse in der Förderleitung und in der Atmosphäre des Rührkessels und steuert Förderluftmenge und Förderluftdruck. Des Weiteren entfallen bei der Konstruktion sperrige Empfangsbehälter, Sauggeräte und Austragsorgane, die zum Verstopfen neigen.
Luftsparendes Förderprinzip
Bei dieser speziellen Art der Dichtstromförderung werden nicht Einzelpartikel umströmt und aerodynamisch gefördert, sondern ganze Kornagglomerationen in Form von Ballen, Dünen oder Pfropfen von der verdichteten Förderluft mit geringer Geschwindigkeit durch das Förderrohr geschoben. Die Vorteile dieser Technik gegenüber Dünnstromfördersystemen mittels Zellenradschleusen sind die hohe Beladung von 20 bis 100 kg Fördergut pro kg Förderluft (Verhältnis Feststoffmenge zu Förderluftmenge) sowie die niedrige För-dergeschwindigkeit. Die benötigte Förderluftmenge ist, je nach Fördergut, 5 bis 10 mal geringer als bei der Dünnstromförderung (Abb. 2). Die Geschwindigkeit der Förderung variiert zwischen 6 und 9 m/s.
Die besondere Zuverlässigkeit der Dichtstromförderanlagen beruht auf den speziell entwickelten Algorithmen. Diese berücksichtigen die Wechselwirkungen zwischen mehreren Feststoff-, Anlagen- und Leistungsdaten in nicht linearer Weise.
Vollautomatische Steuerung
Nachdem in Versuchen auf einer Testanlage die Schüttguteigenschaften und die Gerätedefinitionen ermittelt wurden, konnte Rhône Poulenc eine zuverlässige und gleichzeitig unkomplizierte Lösung für die Förder- und Wägeeinrichtung präsentiert werden. Über eine Big-Bag-Entleerstation mit zugehöriger Dosierschnecke wird der verwogene Senderbehälter der Dichtstromförderanlage befüllt (Abb. 3). Zum besseren Austrag der schwerfließenden Produkte ist die Big-Bag-Entleerstation mit einem System aus Massagepaddel ausgerüstet. Um die restriktiven Anforderungen an die Sauberkeit zu erfüllen, wurde die Entleerstation darüber hinaus an eine zentrale Aspiration angeschlossen.
Der Senderbehälter ist auf Wägezellen montiert und erlaubt damit die genaue Dosierung und Chargenkontrolle gemäß Rezeptur. Die Wägedaten werden auch für die vollautomatische Steuerung der Anlage verwendet. Damit erfüllt das Fördersystem eine Doppelfunktion, nämlich Dosieren und Fördern. Im weiteren kann auf ein Verwiegen des Vorbehälters verzichtet werden. Damit wird Platz gespart, und die Investitionskosten sinken.
Kurze Montage- und Inbetriebnahmezeiten
Der zeitliche Aufwand für die Inbetriebnahme konnte auf ein Minimum reduziert werden. Hierzu installierte man die gesamte Steuerungssoftware auf einen Simulationscomputer. Auf diesem konnte die Anlage während der Lieferzeit einer vollständigen Funktionsprüfung unterzogen werden. Gleichzeitig hatte der Betreiber der Anlage die Möglichkeit, sich mit der SPS-Steuerung vertraut zu machen.
Resümee
Die Verwendung von Big-Bags reduziert die Handlingkosten erheblich. Gleichzeitig sind Aufgabe- und Prozeßzone sauber voneinander getrennt. Trotz unterschiedlichster Schüttgutparameter transportiert die Anlage alle Produkte zuverlässig. Die integrierte Wägeeinrichtung sichert eine genaue Prozeßsteuerung und -kontrolle. Die direkte Zugabe des Förderguts in die Dispergierzone ermöglicht Prozeßvorteile im Rührkessel, da sich das Produkt in der Reaktionslösung schneller und gleichmäßiger verteilt. Durch den direkten Eintrag können Feinanteile nicht durch die Absaugung entzogen werden.
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