Die Stunde der Energieeffizienz

Die Kosten für Rohölimporte haben sich seit 2003 etwa verdoppelt. In der Industrie bzw. in weiten Teilen der modernen Prozesstechnik spricht man wegen der Energiekosten zwar noch nicht von der zweiten Miete, wenn aber die Angaben des VIK – Verband der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft – zu Grunde gelegt werden, dann ist der Elektrizitätspreis für gewerbliche Kunden seit 2002 um 50 % gestiegen. „Die Betreiber industrieller Anlagen und Liegenschaften – und das gilt auch für die moderne Prozesstechnik – müssen also gegensteuern. Die Möglichkeiten, über Lieferantenwechsel oder Einkaufspolitik etwas zu erreichen, erscheinen ausgesprochen begrenzt. Spätestens jetzt sollte die Stunde der Energieeffizienz schlagen“, erklärt Dr. Jürgen Holdhof, Geschäftsführer der Edur-Pumpenfabrik, Eduard Redlien GmbH & Co KG, und Stellvertretender Vorsitzender des Fachverbandes Pumpen + Systeme. „Die Erfahrung zeigt, dass das durchschnittliche Industrieunternehmen aktuelle Energiepreissteigerungen über verbesserte Energieeffizienz ausgleichen kann.“ Das Know-how, das für die Anwender insbesondere im deutschen und europäischen Markt zur Verfügung steht, kann hier zum Standortvorteil werden.

Die Pumpenbranche betrachtet das Thema der Energieeffizienz als Herausforderung, aber auch als Geschäftsmöglichkeit. Das Einsparungspotenzial ist enorm, da etwa 20 % des gewerblichen Stromverbrauchs in der EU auf Pumpenantriebe entfällt. Wie muss die Herangehensweise an Pumpensysteme in Industrie und Gewerbe wie z. B. auch in der modernen Prozesstechnik aussehen? Systemeffizienz und Lebenszykluskosten heißen hier die Kernthemen. Gemeinsam mit der Deutschen Energie Agentur dena hat der VDMA-Fachverband Pumpen + Systeme die Kampagne „Energieeffiziente Systeme in Industrie und Gewerbe“ – oder kurz „System-Effizienz“ – initiiert. „Unter Beteiligung von Pumpenherstellern wird hier eine Struktur aufgebaut, die Betreibern dabei hilft, ihre Pumpensysteme hinsichtlich des Energieverbrauchs zu analysieren und zu optimieren“, so Dr. Holdhof. Wesentliche Bausteine auf diesem Weg sind Information und Beratung. Das Expertenteam erstellt und strukturiert ein breites Informationsangebot. Zunächst gibt es eine Hilfe, die Life Cycle Kosten eines Pumpensystems zu verstehen und zu analysieren. Faktenblätter zu einzelnen Aspekten von der Steuerung über Wartung bis zu Technologieerklärungen, z. B. von Drehzahlregelungen, ergänzen das Angebot. Im Zuge der Beratung werden bei Betreibern Maßnahmenkataloge für Energieeinsparmaßnahmen erarbeitet und deren Wirtschaftlichkeit nachgewiesen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird von Fachleuten begleitet, Hindernisse werden analysiert und es wird bei deren Überwindung geholfen.

Konkret handelt es sich um ein dreistufiges System von Beratungen. Die Kampagne wird in jeder Stufe eine gewisse Anzahl an Beratungen kostenlos zur Verfügung stellen. Erster Schritt ist eine Initialberatung. Ein eigens für die Zwecke geschulter Berater aus einem Partnerunternehmen wird im Namen der Kampagne einen Tag beim Betreiber verbringen und Ansatzpunkte für Effizienzverbesserungen aufzeigen. Im nächsten Schritt ist eine vertiefende Energieanalyse vorgesehen. Hierbei wird vom Berater in Zusammenarbeit mit dem Betreiber ein Maßnahmenkatalog erarbeitet, in dem alle technischen Einflüsse berücksichtigt sind, und es wird eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durchgeführt. Wo notwendig, wird dann eine Umsetzungsberatung angesetzt, um den Betreiber auf dem letzten, entscheidenden Schritt zu begleiten. Im Zusammenhang mit der Thematik der Lebenszykluskosten ist bekannt, dass auch wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen aus technischen Bedenken oder aus Budgetierungsfragen heraus im Markt oft nicht umgesetzt werden. Genau hier soll mit der Kampagne der Hebel angesetzt werden, wobei auch daran gearbeitet wird, Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten zu ermöglichen.

Bislang wurden 16 Initialberatungen mit den finanziellen Mitteln der Kampagne durchgeführt. Von 576 direkt angeschriebenen Unternehmen aus den Anwenderbranchen haben sich ca. 125 beworben. „Dies ist ein Indiz für die wachsende Bedeutung des Effizienzthemas für weite Anwenderbereiche“, erklärt Christoph Singrün, Geschäftsführer des Fachverbands Pumpen + Systeme. „Die bisherigen Ergebnisse der Initialberatungen bestätigen die Einschätzung, dass ein durchschnittliches Energieeinsparpotenzial von mehr als 20 % möglich ist. Hierbei reicht die Spanne je nach spezifischem bzw. betrachtetem Pumpensystem von 5 bis 50 %.“ Die Kampagne „Energieeffiziente Pumpensysteme in Industrie und Gewerbe“ wird ab April 2006 mit der zweiten Stufe, der so genannten vertiefenden Energieanalyse beginnen, an deren Ende präzisierte Aussagen über Einsparpotenziale einschließlich deren wirtschaftlicher Bewertung möglich sein werden. Mit den Ergebnissen rechnet der Fachverband etwa in der zweiten Jahreshälfte. „Wir denken, dass wir ab diesem Zeitpunkt auch über konkrete Umsetzungsmaßnahmen berichten können“, so Singrün.

Mit diesen Aktivitäten sehen sich die im VDMA organisierten Pumpenhersteller bestens gerüstet, das gesellschaftlich relevante Thema Energieeffizienz erfolgreich umzusetzen. Optimal ausgelegte Pumpensysteme leisten einen erfolgreichen Beitrag, z. B. in der Prozesstechnik, die Ressourcen noch besser zu nutzen. Jetzt kommt es darauf an, dies im Markt umzusetzen. Den Betreibern muss klar werden, dass auch sie ihren Beitrag zum Einsatz von energieeffizienten Pumpensystemen leisten müssen, um letztendlich selbst ihre Kostenposition zu verbessern.

Halle 8.0, Stand W38

cav 433

VDMA-Fachbereich Pumpen+Systeme

dena

Achema 2006