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Digitale Inhouse-Patentarchive

Sichern von F+E-Ressourcen und Wahren von Schutzrechten
Digitale Inhouse-Patentarchive

Wissen transparent zugänglich zu machen, gewinnt im Informationszeitalter zunehmend an Bedeutung. Insbesondere trifft dies auch auf Patente und Patentinformationen zu. Welche Möglichkeiten bei der Einrichtung digitaler Inhouse-Patentarchive in der chemischen Industrie bestehen, zeigen einige konkrete Anwendungsbeispiele.

Joachim Dröse

Jährlich werden derzeit in Deutschland rund 80 000 Patentanmeldungen eingereicht, weltweit sind es in einem Jahr 500 000 Erfindungen. Bei stark steigender Tendenz führt dies pro Jahr zu mehr als einer Million Veröffentlichungen durch die nationalen und internationalen Patentämter. Hierzu zählen neben den eigentlichen Patenten auch die Erfindungsbeschreibungen (Offenlegungsschriften) und Veröffentlichungen von Gebrauchsmustern. Seit Gründung der großen Patentämter vor gut hundert Jahren ist die Patentdokumentation auf schätzungsweise 100 Mio. Patentdokumente angewachsen.
Patente auf CD-ROM
Vor etwa 10 Jahren haben die nationalen und internationalen Patentämter damit begonnen, Patentdokumente auf CD-ROM zu veröffentlichen. Seit 1999 wurden diesbezüglich von den Ämtern erstmals auch DVDs verwendet. Doch auch die Veröffentlichungspraxis auf CDs/DVDs hat das weltweite Patentaufkommen keineswegs überschaubarer gemacht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen werden von den Patentämtern unterschiedliche, nicht kompatible Patent-CD/DVD-Serien herausgegeben. Zweitens sind es trotz der hochkapazitiven CDs/DVDs derzeit pro Woche etwa 20 Patent-CDs/DVDs, die die bedeutenden Ämter veröffentlichen und das bei oftmals bis zu 1000 verschiedenen Patentdokumenten, die auf einem einzelnen Medium gespeichert sind. Da fällt es natürlich schwer, den Überblick zu behalten. Doch gerade dieser ist für F+E-orientierte Unternehmen unerlässlich. Denn nur rechtzeitige und regelmäßige Patentinformation schützt davor, dass Ressourcen (Zeit, Geld, Personal) unkontrolliert in Forschungs-/Entwicklungsprojekte fließen, die bereits an anderer Stelle zu Produkten oder Lösungen geführt haben und möglicherweise zum Patent angemeldet sind. Nach Untersuchungen der Zeitschrift Chef gehen der deutschen Wirtschaft durch überflüssige Forschung und Entwicklung jährlich etwa 20 Mrd. DM verloren. Weit mehr als ein Drittel aller Patentanmeldungen muss das Deutsche Patentamt in München zurückweisen, weil die beschriebene Erfindung bereits existiert. Eine regelmäßige Patentauswertung fundiert deshalb heute in vielen Unternehmen die strategische Entwicklung der Unternehmen, sei es als Basis für die interne (globale) Forschung und Entwicklung einerseits, oder für die Ausrichtung einer offensiven Patentpolitik zur Absicherung von Produktfeldern andererseits.
CD-ROMs mit Patware nutzen
Eine professionelle Nutzung digitaler Patentinformationen bietet das modulare Komplettsystem Patware. Durch das modulare Gesamtkonzept ermöglicht Patware den nach individuellen Anforderungen maßgeschneiderten Systemaufbau und Ausbaustufen, die von Einzelplatzsystemen bis hin zur komplexen und konzernweiten Intra- und Internetlösung reichen. Neben der Software stehen CD/DVD-Jukeboxen und Festplatten-Tower als Massenspeichersubsysteme zur Verfügung, in denen die Patentdaten bereitgehalten werden (Abb. 1).
Anwendung Großindustrie
Ende der 80er Jahre begannen in Deutschland erstmals die Patentabteilungen einiger Großunternehmen auf die CD-ROM als Alternative zum Papier- oder Rollfilm-basierten Archiv zurückzugreifen. Dies waren zunächst vorrangig Großunternehmen aus der chemischen Industrie und der Automobilbranche. So verfügt DaimlerChrysler heute über das weltweit größte Inhouse-Patentarchive. Dort besteht eine Client/Server-Lösung für die Recherche in einer Datenbank mit 5,5 Mio. Patentdokumenten. Innerhalb eines Wide Area Networks und des Konzern-Intranets ist im Unternehmen jederzeit auf 7500 Patent-CDs in 72 Jukeboxen zugreifbar. Regelmäßig wird die Recherchedatenbank und das Faksimilearchiv von mehr als 1000 Arbeitsstationen genutzt.
Mittelständische Variante
Waren es in der Vergangenheit vorrangig Großunternehmen, die elektronische Inhouse-Patentarchivlösungen nachfragten, so sind es heute zunehmend mittelständische Unternehmen, die die Einrichtung und Integration maßgeschneiderter, digitaler Inhouse-Patentarchive forcieren, um damit ihre Forschungs- und Entwicklungsarbeiten Just-in-time abzusichern und Schutzrechte zu wahren. Systeminstallationen in einer Größenordnung wie bei der BASF AG erfordern einen nicht unerheblichen Investitionsaufwand, der in vielen klein- und mittelständischen Unternehmen den Rahmen des Machbaren sprengen würde. Eine Alternative zu einem großen Inhouse-Patentarchiv bietet eine Variante des Patware-Systems, für die sich die Firma Röhm in Darmstadt entschieden hat. Lean-online-Patentinformation heißt hier die Formel, mit der bedarfsgerecht den speziellen Bedürfnissen entsprochen wurde.
Das Kerngeschäft bei Röhm bilden Produkte der Methacrylatchemie. An sechs Standorten, 20 Tochterniederlassungen und einem Netz internationaler Vertriebsniederlassungen sind 4500 Mitarbeiter tätig. Als Basis einer zeitgemäßen Inhouse-Patentinformation, die den langwierigen Umlauf gedruckter Schriften substituiert, werden bei Röhm wie bei der BASF die wöchentlich erscheinenden CD/DVD-ROM-Veröffentlichungen der Ämter verwendet, die in ihrer aktuellen Version über einen zuvor analysierten Zeitraum online im Unternehmensnetzwerk zur Verfügung gestellt werden.
Die Anwender erhalten hier nach Ihren Recherchen und Anforderungen eine Hit- bzw. Trefferliste und haben danach zur genaueren Analyse sofortigen Zugriff auf das vollständige Dokument. Insgesamt steht für die Wahrung von termingerechten Reaktionen, wie Einspruchswünschen, Überwachungsaufträgen etc., die gleiche Funktionalität und Unterstützung hinsichtlich Analyse und weitergehender Bearbeitung der Patentinformationen zur Verfügung wie in der im BASF-Konzern installierten Lösung.
Umfangreiche Bedarfsanalyse
Voraussetzung für die Einführung der eingerichteten Lean-online-Patentinformation war eine umfangreiche Analyse der Wünsche und Anforderungen der internen Anwender im Unternehmen Röhm. Über den Zeitraum von einem Jahr wurden dazu u.a. folgende Kriterien erhoben und ausgewertet:
• Herkunft der Schriften, länderspezifisch,
• Schriftenart,
• Anforderungszeitpunkt ab Veröffentlichungsdatum,
• Umfang der gewünschten Information (First-Page, Ansprüche, usw.) sowie
• Sprache bzw. Übersetzungsanforderungen.
Parallel hierzu wurden die technischen und organisatorischen Voraussetzungen beim verantwortlichen Schutzrechtleser bzw. Anwender erfasst: Hardware, Betriebssystem, Standort etc. Die Auswertung der Kundenanforderungen ergab u. a., dass ca. 94% der Dokumentenanforderungen auf Veröffentlichungen der zurückliegenden sechs bis acht Wochen beruht und sich die länderspezifischen Anforderungen über sechs verschiedene Veröffentlichungsarten mit Anteilen zwischen 34% und 4% erstreckt. Bei Betrachtung der Hardwarevoraussetzungen zeigte sich ein relativ homogenes Vor-Ort-Equipment.
Technische Umsetzung und Praxis
Auf Basis dieser Analysen wurde bei Röhm eine Lösung mit zwei NT-Workstations sowie CD/DVD-Tower realisiert und in das hausinterne Netzwerk integriert. Eine Workstation fungiert dabei als CD/DVD-Server, die zweite als Printserver. Hierzu wurde eine einheitliche Benutzeroberfläche zur Verarbeitung der Patente auf CDs/DVDs entwickelt.
Der CD/DVD-Server ermöglicht mit Hilfe einer Storage-Server-Software netzwerkweit den direkten Zugriff auf die bereitgestellten Patent-CDs/DVDs, wobei diese in Towern mit jeweils 14 CD-ROM- bzw. DVD-Drives vorgehalten werden (Abb. 2). Sehr bewährt hat sich auch ein weiterer Tower, der mit Nakamichi-CD-WechsIern konfiguriert ist. Die Zugriffszeiten liegen hier nur unwesentlich über denen von Einzellaufwerken. Alle bei Röhm installierten Tower arbeiten pausenlos rund um die Uhr im 24 Std.-Betrieb und das seit der Systeminbetriebnahme absolut störungsfrei.
Volle Funktionalität
Für die Recherchen steht im Patware-System die volle Funktionalität der von den Ämtern herausgegebenen CD-Reihen zur Verfügung: Suchstrategien sind anwenderspezifisch frei definierbar, Suchergebnisse lassen sich speichern, die Patente sind an den Bildschirmen als Vollschrift ansehbar usw. Der verantwortliche Bereichsleser kann also das vollständige Dokument sofort auswerten. Die Schriftenausgabe kann sowohl lokal, als auch über den am Printserver angeschlossenen, zentralen Drucker erfolgen. Die Ausgabe am Netzdrucker erfolgt mit der Patware-Serversoftware Dokserv und PatPrint. Dies hat den Vorteil, dass die Druckaufträge der Arbeitsstationen parallel und optimiert abgearbeitet werden, was zusätzliche Geschwindigkeitsvorteile schafft.
Die Druckausgabe erfolgt an einem HP-5SI-Printer mit einer XipPrint-Accelerator-Karte. Durch die Kombination aus Hochleistungsdrucker und Dekompression-Printer-Board werden die Arbeitsstationen beim Druckvorgang erheblich entlastet und Druckgeschwindigkeiten von 24 Seiten pro Minute erreicht. Die hier ausgegebenen Schriften werden automatisch mit einem speziell angepassten Fristendeckblatt versehen und vor Weitergabe an den Anforderer in die Terminüberwachung der Patentabteilung übernommen.
Der Zentralbereich administriert die beschriebenen Server. Im festgelegten Zeitrahmen erfolgt der CD-Austausch in den Towern und somit die Aktualisierung. Der Anwender wird über die länderspezifischen Auswahlmenüs auch über Rückmeldefristen an den Zentralbereich bzw. die Einspruchsfristen informiert. Das Feedback der Anwender an die zentrale Patentabteilung erfolgt u. a. über das hausinterne E-Mail-System. Dieser Arbeitsablauf mit Regelung der Verantwortlichkeiten wurde nach Abschluss der Testphase in das Qualitätssicherungssystem des Unternehmens integriert.
Erfahrungen bei Röhm
Die Lean-online-Patentinformation wurde von den internen Anwendern sehr gut angenommen. Die heterogene CD/DVD-Software der verschiedenen Patentämter bereitet in der weiteren Integration unter Patware keinerlei Schwierigkeiten. Die einheitliche Benutzeroberfäche für das Anzeigen der Dokumente an den Arbeitsstationen, die zentrale Druckausgabe sowie die mit dem System gebotenen Möglichkeiten zum Workflow-Management haben sich als überaus erfolgreich erwiesen.
E cav 200
Vorteile Patente im Griff
Die Installation bei Röhm bietet sowohl den internen Anwendern als auch dem Patent-Zentralbereich eine Vielzahl von Vorteilen:
• Die Schutzrechtveröffentlichungen stehen allen Mitarbeitern unmittelbar zur Verfügung,
• die vollständige Schrift kann sofort ausgewertet werden,
• mehr Recherchemöglichkeiten bei den Patentlesern,
• Gewährleistung der Fristenwahrung zur Reaktionsvorbereitung,
• klare Ablauf- und Kompetenzregelung durch QS-Anweisungen sowie
• Entlastung des Zentralbereichs.
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