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Druckfeste Kapselung erhält Verjüngungskur

Gehäusekonstruktion mit Druckentlastungselementen
Druckfeste Kapselung erhält Verjüngungskur

Zur Achema ging R. Stahl mit der Gehäuseserie Expressure an den Start. Sie löst die bisherigen dickwandigen, schweren Guss- und Stahlkonstruktionen, die bislang für die druckfeste Kapselung vonnöten waren, ab und ermöglicht neue Gehäusedimensionen.

Rund acht Jahre hat R. Stahl gemeinsam mit Forschungseinrichtungen und unter Einbeziehung von PTB und Dekra Exam an einer „Ex-d“-Gehäuselösung gearbeitet, die die Nachteile der druckfesten Kapselung, wie großes Gehäusegewicht, klobige Bauformen sowie hohe Installationskosten durch technologisch erforderliche Gehäusekombinationen, eliminieret. Elementares Feature der neuen Gehäuseserie, die unter dem Markennamen Expressure auf der Achema präsentiert wurde, ist ein spezielles Drahtgittergewebe. Es wurde für den Zweck einer zünddurchschlagsicheren, effizienten Druckentlastung entwickelt. Das aus feinen Edelstahldrähten gewebte Metallgitter wird in mehreren übereinanderliegenden Schichten aufgebaut. Jede dieser Schichten wurde durch zahlreiche Versuche hinsichtlich ihrer geometrischen und technologischen Parameter wie Drahtstärke, Maschenweite und Webart optimiert. Die verschiedenen Schichten wiederum werden zu einem stabilen Verbund versintert. Das fertige Drahtgittergewebe weist neben der Zünddurchschlagfestigkeit eine hohe Gasdurchlässigkeit, mechanische Festigkeit und Wärmekapazität bei einer relativ geringen Wärmeleitfähigkeit auf und ist daher optimal für eine Integration in druckfest gekapselte Gehäuse geeignet. Es kann mit speziellen Verfahren sowohl in Aluminiumgussgehäuse eingegossen als auch in Edelstahlgehäuse eingeschweißt werden. Als optimal hat sich ein Verhältnis zwischen gasdurchlässigen Flächen und geschlossenen Seitenwänden von 10 bis 15 % herausgestellt. Kommt es zur Zündung einer explosionsfähigen Atmosphäre im Inneren eines so präparierten Gehäuses, wird die freigesetzte chemische Energie sehr schnell und effizient abgebaut. Dabei werden unterschiedliche physikalische Effekte wirksam, die an dieser Stelle nur sehr vereinfacht dargestellt werden können. Das gasdurchlässige Gewebe ermöglicht einen raschen Druckabbau nach außen. Dabei wird, je nach Lage der Zündquelle im Druckraum, auch ein gewisser Teil des unverbrannten Gas-Luft-Gemisches herausgedrückt und kann so nicht explosionswirksam werden. Ein nicht unbeträchtlicher Teil der entstehenden Reaktionswärme wird aber auch von der Gitter-Luft-Struktur des Drahtgewebes aufgenommen und steht somit zum inneren Druckaufbau nicht zur Verfügung.

Das Ergebnis ist frappierend: Misst man in einem gleich großen herkömmlichen Ex-d-Gehäuse Spitzendrücke von ca. 10 bar, so liegt der gemessene Spitzendruck in den neuen Gehäusen lediglich bei Werten weit unter einem bar. Durch eine geeignete Anordnung konnte auch sicher verhindert werden, dass die äußere Oberfläche der Gitterschichten auf Temperaturen über den für die Temperaturklasse T4 zulässigen Wert erhöht werden. Apropos äußere Gitterschichten: Zur Sicherstellung des Funktionierens der neuen Lösung unter den unterschiedlichsten harten Umgebungsbedingungen wie Verschmutzung oder Vereisung, ist ein guter Schutz dieser außenliegenden Gitteroberflächen notwendig. Dies wird durch die Montage von herkömmlichen Berstscheiben ermöglicht, die im Normalbetrieb eine IP-Schutzart 66 gewährleisten, im Explosionsfall sich aber bei einem Solldruckwert von 0,1 bar öffnen und so dem ausströmenden Gas den Weg ins Freie ebnen.

Schlanker, leichter, vielseitiger

Die geschilderte Druckreduzierung eröffnet völlig neue Dimensionen für die Gestaltung druckfest gekapselter Gehäuse. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Die Expressure-Gehäuse kommen mit Wandstärken von ca. 3 mm aus. Damit sind sie nicht mehr weit von den entsprechenden Maßen der Industrieschaltschränke entfernt. Dies wirkt sich deutlich auf das Gewicht und die Kompaktheit der Bauweise aus. Vergleichende Beispielberechnungen ergaben so Einsparungen von ca. 30 bis 50 % beim Gewicht und 25 % bei den äußeren Abmessungen gegenüber herkömmlichen Schaltgerätekombinationen. Dies ist insbesondere relevant, wenn es um eng gepackte Installationen im Offshore-Bereich geht. Andererseits ist es jetzt auch möglich, druckfest gekapselte Schaltschränke mit sehr großen Abmaßen zu bauen. Der größte derzeit verfügbare Expressure-Schrank hat eine Höhe von 1400 mm bei einer Breite von 1000 mm und einer Tiefe von 700 mm. Noch größere Schrankabmaße sind geplant. Damit wird die Projektierung deutlich erleichtert. Brauchte man mit der herkömmlichen Technik noch die Kombination mehrerer Gehäuse zur Aufnahme komplexer Steuerungen und Verteilungen, so kommt man jetzt in der Regel mit einem einzigen Expressure-Gehäuse aus. Große Betriebsmittel wie z. B. Transformatoren oder Frequenzumformer, die man bislang entweder gar nicht oder nur mit sehr viel Aufwand für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen ertüchtigen konnte, können jetzt sicher in die großvolumigen Gehäuse eingebaut werden.

Wegen der Neuartigkeit der Lösung ist man bei R. Stahl kein Risiko eingegangen und hat die Atex- und IECEx-Zertifizierung bei den beiden namhaften deutschen Prüfstellen parallel durchgeführt. Für die ersten vier Gehäusegrößen liegen die notwendigen Zertifikate bereits vor. Für den Atex-Bereich konnten unter Inanspruchnahme des Anhangs II der Richtlinie 2014/34/EU reine Ex-d-Zertifikate ausgestellt werden (dieser Anhang ermöglicht bewusst innovative Lösungen, die noch nicht 100 % in den relevanten harmonisierten Normen enthalten sind). Für die IECEx-Zertifikate wurden sowohl die Norm IEC 60079-1 als auch die Norm IEC 60079-33: Sonderschutz verwendet. Beide genannten Prüfstellen wirkten dabei als die zwei, von der 60079-33 geforderten „Unabhängigen Gutachter“ („Independent verifier“).

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: cav0718stahl


Autor: Prof. Dr. Thorsten Arnhold

VP Strategy & Technology,
R. Stahl

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