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Druckstoßsimulation zur Schadensvermeidung

Druckstöße in Folge eines Pumpenausfalls
Druckstoßsimulation zur Schadensvermeidung

Dynamische Druckschwankungen sind in mit Flüssigkeiten oder druckverflüssigten Gasen gefüllten Systemen prinzipiell nicht vermeidbar. Sie müssen jedoch innerhalb der zulässigen mechanischen Auslegungsdaten der Pumpen und des Rohrleitungssystems liegen, da es sonst zu Schäden kommen kann. Wie Druckschwankungen als Folge eines Pumpenausfalls untersucht und gegebenenfalls beseitigt werden können, zeigen zwei einfache Beispiele.

Autoren Harald Biecker Leiter Verfahrenstechnik und Anlagensicherheit, Voith Industrial Services Melanie Ruppert Projektingenieurin Verfahrenstechnik, Voith Industrial Services

Bei der Förderung und Abfüllung von Fluiden treten dynamische Druckschwankungen als Folge von abrupten Änderungen der Strömungsgeschwindigkeit auf. Diese Druckänderungen werden auch Druckstöße genannt und können sowohl eine Erhöhung als auch eine Absenkung des im System herrschenden Drucks bezeichnen. Häufige Ursachen für instationäre Strömungszustände und die daraus resultierenden Druckstöße sind:
  • Abschaltung einer Pumpe (z. B. durch Handeingriff)
  • Inbetriebnahme einer Pumpe
  • Parallelbetrieb oder Reihenschaltung mit Zu- bzw. Abschaltung einzelner Pumpen
  • Pumpenabschaltung im nicht bestimmungsgemäßen Betrieb (z. B. Tanküberfüllung
Solange sich die maximale Höhe der auftretenden Druckstöße innerhalb der zulässigen mechanischen Belastungsgrenzen der eingesetzten Komponenten bewegt, stellen sie kein Problem dar. Werden die Belastungsgrenzen jedoch überschritten, können gravierende Schäden auftreten. Diese sind allerdings nicht immer sofort sichtbar, sondern werden oft erst viel später erkannt. Beispielsweise können Schäden an Pumpenfundamenten oder Rohrleitungsfestpunkten durch Druckstöße entstehen, die über einen längeren Zeitraum immer wieder auftreten. Des Weiteren sind Beschädigungen der Pumpenlaufräder, der Pumpenlager und der Flanschverbindungen nicht auszuschließen.
Analysemöglichkeiten von Druckstößen
Einige Anlagenbetreiber und -planer verwenden zum Beispiel im Rahmen von Sicherheitsbetrachtungen die Joukowsky-Formel zur Druckstoßanalyse. Die Joukowsky-Formel kann allerdings nur für eine einfache rechnerische Abschätzung angewendet werden. Ihr Anwendungsbereich ist begrenzt und sie sollte lediglich für folgende Fälle genutzt werden:
  • Für Zeiten (Schließ- oder Öffnungszeiten), die kleiner sind als die Reflexionszeit der Rohrleitung
  • In einem Zeitraum, der innerhalb der Geschwindigkeitsänderung liegt
  • Für Rohrleitungen mit Reibungsanteilen, die im üblichen Bereich der Wasserförderung liegen
Es handelt sich auch keinesfalls immer um einen konservativen Ansatz. Da durch die Anwendung der Joukowsky-Formel nur eine grobe Abschätzung möglich ist, sollte eine dynamische Überprüfung mit einer Simulationssoftware durchgeführt werden, um genauere und verlässliche Ergebnisse zu erhalten.
Im Rahmen einer dynamischen Druckstoßbetrachtung wird zuerst das zu betrachtende System als stationäres Knotenmodell dargestellt. Damit ist es möglich, unter anderem die Fließgeschwindigkeitsanalyse im System durchzuführen.
Um eine ganzheitliche Betrachtung zu ermöglichen, ist einerseits die Kenntnis über die eingesetzte Anlagentechnik, andererseits über die Verfahrens- und Funktionsweise, insbesondere die maßgebenden möglichen Betriebs- und Störfälle, erforderlich. Dazu gehören neben aktuellen Fließschemata und Isometrien auch Kennlinie der installierten Stellgeräte und technische Spezifikationen von Apparaten, Rohrleitungen und vor allem der Pumpen.
Neben der verfahrenstechnischen Kenntnis des Prozesses und der möglichen Ausfallszenarien ist außer mehrjähriger Erfahrung in der Softwareanwendung ein systematisches Vorgehen und eine nachvollziehbare Abbildung des As-built-Zustandes im Modell Voraussetzung für aussagekräftige Berechnungsergebnisse. Anhand der Berechnungsergebnisse können dann geeignete Gegenmaßnahmen getroffen und so Schäden vermieden werden.
Verschiedene Ausfallszenarien
Wie sich Druckstöße nach Ausfall von Kreiselpumpen auswirken und welche Gegenmaßnahmen getroffen werden können, soll an zwei unterschiedlichen Beispielen gezeigt werden. Im ersten Beispiel (Bild 1, 1. Szenario) wird ein Kraftstoff aus einem Fertigprodukttankfeld mittels Verladepumpe vom Tankfeld zum etwa 500 m entfernten Verladeterminal gefördert. Im laufenden Ausspeisebetrieb kommt es zu einem plötzlichen Pumpenausfall bei sehr niedrigem Füllstand im Tank. Die Simulation zeigt, dass aufgrund der Massenträgheit des Fluids auf der Pumpendruckseite und der relativ kleinen Massenträgheit der hier eingesetzten Kreiselpumpe Makrokavitation eintritt (Bild 2). Hierbei entsteht durch das Abreißen des Flüssigkeitsfadens ein Hohlraum hinter der Pumpe. Beim Zurückschlagen des Fluids wird dieser Hohlraum plötzlich gefüllt und es entstehen hohe Drücke, die zu Schäden auf der Pumpendruckseite führen können.
Im zweiten Beispiel (Bild 1, 2. Szenario) wird der Ausfall von in Reihe geschalteten Pumpen betrachtet. Hierbei wird mittels einer Spaltrohrmotorpumpe verflüssigtes Propylen aus einem Tank abgezogen und über eine Pipeline in einen zweiten Tank gefördert. In der Pipeline befindet sich etwa 500 m nach der Ausspeisepumpe eine weitere Kreiselpumpe zur Druckerhöhung. Für dieses Beispiel wurden zwei Ausfallszenarien simuliert. Im ersten Ausfallszenario fällt die Ausspeisepumpe am Tank aus, während die Druckerhöhungspumpe in Betrieb bleibt. Die Simulation zeigt, dass auch hier hinter der Ausspeisepumpe Makrokavitation auftritt, wie bereits im ersten Beispiel beschrieben. Ferner führt das Ausfallen der Ausspeisepumpe zu Kavitationserscheinungen auf der Saugseite der Druckerhöhungspumpe.
Betrachtet man den Ausfall der Druckerhöhungspumpe, wobei die Ausspeisepumpe weiter fördert, tritt ebenfalls hinter der Druckerhöhungspumpe Makrokavitation auf.
Aus diesen Beispielen geht hervor, dass der Ausfall von Pumpen bei der sicherheitstechnischen Betrachtung von Rohrleitungssystemen hinsichtlich Druckstößen nicht vernachlässigt werden kann. Gängige Maßnahmen zur Druckstoßminimierung sind z. B. der Einsatz von Windkesseln, Wasserschlössern, Blasenspeichern oder die Verlängerung der Auslaufzeiten von Pumpenlaufrädern durch Schwungscheiben. Die einzusetzende Gegenmaßnahme muss für das jeweilige Rohrleitungssystem individuell betrachtet und bewertet werden.
prozesstechnik-online.de/cav0614479

Erfahrung und Know-how durch Branchenfokussierung

Leistungen im Überblick

Das Leistungsspektrum von Voith erstreckt sich von der Planung bis zur Realisierung von Industrieanlagen, den On-Site Service sowie die Durchführung von Turnarounds und Revisionen für petrochemische und chemische Anlagen, Raffinerien und Kraftwerke. Neben dem klassischen Engineering bietet Voith Spezialleistungen im Engineering an wie z. B. die Durchführung von Sicherheitsstudien, Prozesssimulationen, das Up-scaling verfahrenstechnischer Prozesse sowie die Durchführung dynamischer Druckstoßsimulationen. Ziel ist es, Bottle-necks zu beseitigen und mit stabileren Prozessen zu einer Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit beizutragen.
Für Modernisierungs-, Optimierungs- oder Neubauprojekte arbeiten Experten aus Verfahrenstechnik, Anlagensicherheit, Anlagenplanung, Konstruktion, Apparate- und Komponentenbau und Automation in interdisziplinären Teams und entwickeln individuelle Lösungen für prozesstechnische Anlagen und Versorgungssysteme wie z. B. Tankanlagen, Kühlwasser- und Kältenetze. Damit bietet Voith Industrial Services den kompletten Service vom konzeptionellen Engineering über alle Projektphasen bis hin zur Inbetriebnahme vor Ort.
Voith Industrial Services, ein Konzernbereich der Voith GmbH, erbringt technische Dienstleistungen für Schlüsselindustrien. Als führender Anbieter hat das Unternehmen im Geschäftsjahr 12/13 an mehr als 170 Standorten mit rund 20 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,2 Mrd. Euro erwirtschaftet.
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