Startseite » Chemie »

Duo ergänzt sich perfekt

Vergleich freistrahlender und geführter Radarsensoren
Duo ergänzt sich perfekt

In den vergangenen zehn Jahren erlebte die kontinuierliche Füllstandmessung von Schüttgütern einen Wandel. So kommt heute immer mehr die Radartechnik zum Einsatz. Hier stehen zwei Messprinzipien im Wettbewerb: die freistrahlenden Radarsensoren, die den Füllstand berührungslos erfassen und das geführte Radar, bei dem die Radarsignale an einem Seil geführt werden. Wenn der Anwender die Stärken beider Systeme richtig einsetzt, ergänzen sich beide Verfahren perfekt und decken nahezu alle Anwendungen in der Schüttgutbranche ab.

Autor Jürgen Skowaisa Produktmanagement Radar, Vega Grieshaber

Bis zur Jahrtausendwende gab es nichts wesentlich Neues zur Füllstandmessung von Schüttgütern. Mit dem elektromechanischen Lotsystem wurde die Handlotung zwar automatisiert, aber die Einschränkungen sind geblieben. Keine Messung während der Befüllung, mechanischer Verschleiß und eine aufwendige Spannungsversorgung.
Die berührungslose Messung mit Ultraschall konnte dank immer leistungsfähigeren Komponenten verbessert werden. Das Verfahren stößt aber nach wie vor an physikalische Grenzen: starke Signaldämpfung durch Staub und Lärm sowie Einschränkungen bei höheren Temperaturen und größeren Messbereichen.
Auch das bis dahin bewährte kapazitive Messprinzip kam immer mehr an seine Grenzen. Eine flexible Produktion erfordert ein Messverfahren, das unabhängig von den Medieneigenschaften zuverlässig funktioniert. Aber gerade hier befindet sich die Schwachstelle dieses Verfahrens. Bei jeder Änderung des Mediums ist ein Neuabgleich notwendig. In der Praxis ist dies kaum durchführbar.
Bleibt noch den kompletten Behälter auf eine Wägezelle zu setzen. Prinzipiell eine clevere Lösung, allerdings mit hohem Aufwand verbunden, und z. B. bei großen Betonsilos unmöglich.
Viele Anwender mussten mit den vorhandenen Einschränkungen leben, bis die Radartechnik mit leistungsfähigen Geräten ihren Einzug in die Schüttgutindustrie hielt.
Moderne Radartechnik
Beim Radarverfahren stehen zwei verschiedene Funktionsprinzipien zur Verfügung, die sich in der Anwendung unterscheiden. Das freistrahlende Radar und das geführte Radar, das auch als geführte Mikrowelle oder TDR (Time Domain Reflektrometrie) bezeichnet wird. Während beim freistrahlenden Radar das Messsignal über eine Antenne abgestrahlt wird, läuft beim geführten Radar ein Radarimpuls entlang eines Seiles und wird an der Medienoberfläche reflektiert.
Beiden Verfahren gemeinsam sind die Vorteile der Radartechnik in Schüttgutanwendungen: Unabhängig von Staub, Luftturbulenzen, Befüllungslärm, keine Beeinflussung durch Temperatur- und Druckschwankungen und bei nahezu allen Medien einsetzbar. Ein wesentlicher Unterschied besteht im mechanischen Aufbau und vor allem in der erforderlichen Hochfrequenzelektronik. Während bei einem freistrahlenden Radarsensor eine Frequenz von 26 GHz und neuerdings sogar 79 GHz verwendet wird und damit komplexe Elektronikkomponenten notwendig sind, kommt man beim geführten Radar mit einem kurzen Sendepuls im Frequenzbereich von 1 bis 2 GHz aus. Dies schlägt sich natürlich auch in den Kosten der Sensoren nieder.
Investitionskosten im Vergleich
Durch den höheren Aufwand in der Hochfrequenzelektronik hat das geführte Radar einen klaren Kostenvorteil gegenüber den berührungslos messenden Radarsensoren. Dies betrifft besonders kleine Messbereiche und einfache Anwendungen, bei denen keine großen Abzugskräfte entstehen und der mechanische Aufbau dadurch einfach gehalten werden kann. Bei großen Messbereichen sind massive Seile und Prozessanschlüsse erforderlich, die dazu führen, dass die Sensorkosten steigen.
Freistrahlende Radarsensoren sind für einen festen Messbereich ausgelegt. Sie können sowohl bei kleinen als auch großen Silos eingesetzt werden. So kann selbst mit einfachen Antennen aus Kunststoff ein sehr großer Messbereich realisiert werden. Die Investitionskosten sind folglich unabhängig von den Siloabmessungen und den zu messenden Medien.
Auf die Reflexion kommt es an
Um einen Füllstand mit Radarsensoren sicher erfassen zu können, muss ein Teil des Signals an der Füllgutoberfläche reflektiert werden und zum Empfänger zurückgelangen. Bei elektromagnetischen Wellen erfolgt die Reflexion durch eine abrupte Änderung der dielektrischen Eigenschaften an der Oberfläche des Mediums. Je höher diese Änderung, desto größer das Reflexionssignal.
Da sich beim geführten Radar die Signale als konzentriertes, elektrisches Feld entlang des Seiles ausbreiten, ist das Messverfahren relativ unabhängig von der Materialkonsistenz. Die Signale werden an der Grenzfläche des Mediums reflektiert.
Bei freistrahlenden Radargeräten werden die Signale bei sehr feinen, schräg liegenden Medien wie durch einen Spiegel zur Seite abgelenkt. Lediglich ein Bruchteil gelangt als Reflexionssignal zurück. Da die Reflexionseigenschaften von der Wellenlänge und somit der Sendefrequenz abhängig sind, haben Sensoren mit einer höheren Frequenz deutliche Vorteile. Sehr feine Medien lassen sich mit hochfrequenten Radarsensoren im Bereich von 79 GHz besser messen.
Universell über alle Grenzen
Der Dynamikbereich, das Verhältnis des größten und kleinsten erfassbaren Signals, gilt als wichtiges Kriterium für die Einsatzgrenze von Sensoren. Bei Radargeräten bestimmt der Dynamikbereich, welche Medien noch gemessen werden können. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen geführtem und freistrahlendem Radar. Das Seil eines geführten Radargerätes wirkt als Antenne und leitet neben den empfangenen Reflexionssignalen auch die elektromagnetische Strahlung aus der Umgebung an die Empfangselektronik weiter. Dadurch entsteht ein Grundrauschen. Eine noch höhere Empfindlichkeit der Elektronik bringt also keine Vorteile. Um bei sehr schlechten Reflexionseigenschaften messen zu können, bedient man sich eines Verfahrens, das als „Sondenendeverfolgung“ bezeichnet wird. Bei sehr schlecht reflektierenden Medien wird nur ein kleiner Teil des Sendesignals reflektiert. Der größte Anteil gelangt durch das Medium bis zum Seilende und wird dort reflektiert. Durch die anderen dielektrischen Eigenschaften ändert sich jedoch die Signallaufzeit im Medium. Da die Entfernung zum Seilende bekannt ist, kann über diese Entfernungsänderung der Füllstand bestimmt werden. Prinzipiell eine clevere Methode, die jedoch nur bei bekannten und gleichbleibenden Medieneigenschaften über die gesamte Silohöhe zuverlässig funktioniert.
Freistrahlende Radarsensoren erfassen nur die abgestrahlten Frequenzbereiche. Durch neue Elektronikkomponenten können immer kleinere Signale erfasst werden. Moderne Radarsensoren sind heute sogar in der Lage, Styroporkügelchen oder Aerosile zu messen.
Radar in der Praxis
Vor allem in sehr schlanken Silos oder Behältern mit Einbauten konnte das geführte Radar bisher seine Stärken der optimalen Signalbündelung entlang des Seiles ausspielen. Bei freistrahlenden Radarsensoren waren oft große Antennensysteme notwendig, um eine gute Signalbündelung zu erreichen. Hier bringen neue Technologien und höhere Frequenzbereiche deutliche Vorteile. Während bisher eine Parabolantenne von 240 mm notwendig war, um bei engen Platzverhältnissen eine gute Bündelung zu erreichen, sind mit den neuen Sensoren bei 79 GHz Antennengrößen von nur 75 mm möglich. Das erleichtert die Montage deutlich.
In der Praxis ergänzen sich die beiden Verfahren ideal. Je nach Anwendung und Branche gibt es durchaus Präferenzen für das eine oder andere Verfahren, auch wenn beide aus technischer Sicht funktionieren.
Baustoffindustrie: In einem Brecher mit groben Steinen ist die berührungslose Messung im Vorteil. Selbst kleinere Steine verursachen durch ihre scharfen Kanten eine hohe Abrasion an eingesetzten Seilen oder Stäben. In sehr hohen Silos mit Zement oder Kalk entstehen hohe Kräfte beim Materialaustrag, die zu einer hohen Belastung auf das Seil führen. Auch hier ist ein freistrahlendes System die bessere Lösung. Anders bei kleineren Silos, in denen feine Zuschlagstoffe oder verschiedene Zementsorten gelagert werden. Hier ist das geführte Radar eine interessante Alternative.
Getreide und Lebensmittel: Viele Lebensmittel werden in hohen, schlanken Silos gelagert. Gerade bei diesen Anwendungen haben neue freistrahlende Radarsensoren Vorteile. Durch die sehr gute Signalfokussierung können die hochfrequenten Sensoren auf sehr hohen und sehr schlanken Silos eingesetzt werden und erfassen zuverlässig die Füllhöhe. Auch hier ist das geführte Radar eine Alternative für die kleineren Silos in der Produktion und für Puffersilos in der Logistik. Sie bieten eine kostengünstige Lösung in vielen Anlagenbereichen.
Chemische Industrie: Durch die unterschiedlichsten Materialeigenschaften in der chemischen Industrie ist ein möglichst universelles Messverfahren wie die Radartechnik sehr interessant. Abhängig von den Siloabmessungen und dem Medium sind beide Radartechniken sehr gut geeignet. Bei der Herstellung und Verarbeitung von Kunststoffen sind moderne, freistrahlende Radarsensoren mit ihrem hohen Dynamikbereich im Vorteil. Sie können kleinste Reflexionssignale erfassen und sind deshalb auch bei Medien einsetzbar, die mit einem geführten Radar nicht mehr direkt gemessen werden können.
Ideales Team für die Schüttgutindustrie
Wenn man die beiden Radarverfahren in ihren Anwendungen vergleicht, ergibt sich eine große Schnittmenge in der beide Techniken in gleicher Weise zuverlässig funktionieren. Während geführte Radarsensoren eher in kleineren Silos eingesetzt werden, sind freistrahlende Systeme eher in großen Behältern zu Hause. Eine pauschale Aussage und Empfehlung lässt sich in vielen Fällen nicht treffen, da die Auswahl sehr stark vom jeweiligen Medium, den örtlichen Gegebenheiten und vor allem den Präferenzen der Anwender abhängt. Hier sind vor allem die Anwendungserfahrung des Sensorlieferanten und die Qualität einer persönlichen Beratung vor Ort entscheidend.
Halle 7A, Stand 102
prozesstechnik-online.de/cav1114416

Sichere Füllhöhenmessung mit Radar

Vegaflex 82 und Vegapuls 69

Der geführte Radarsensor Vegaflex 82 in Seil- oder Stabausführung misst präzise den Füllstand von Schüttgütern selbst in Anwendungen mit starker Staubentwicklung, Kondensatbildung oder Anhaftungen. Er schaltet bei unsicher werdendem Produktsignal automatisch auf das stabile Sonden-Ende-Signal um und ist damit in der Lage, sich auf ändernde Messbedingungen einzustellen. Bei starken Anhaftungen greift die dynamische Störsignalausblendung. Die Signalverarbeitung passt sich selbstständig an die Prozessbedingungen an und erhöht die Messsicherheit.
Der freistrahlende Radarsensor Vegapuls 69 zur Füllstandmessung von Schüttgütern arbeitet mit einer Frequenz von 79 GHz und ermöglicht eine optimale Fokussierung des Sendesignals. Störreflexionen von Einbauten werden so deutlich reduziert. Es können selbst Medien mir sehr schlechten Reflexionseigenschaften sicher gemessen werden. Der Vegapuls 69 steht in zwei Ausführungen zur Verfügung – mit leichter Kunststoff- antenne und einer im Flansch integrierten Linsenantenne. Mit der präzisen Schwenkhalterung und der App für das Smartphone lässt sich die Antenne bequem ausrichten.
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de