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Effektive 3D-Anlagenplanung

Weltweit auf dem gleichen Informationsstand
Effektive 3D-Anlagenplanung

Seit mehr als 100 Jahren gehört Lurgi zu den führenden Großanlagenbauern der Welt. Im Kampf um Marktanteile und eine möglichst rationelle Abwicklung der Aufträge spielt moderne CAE-Technik eine immer wichtigere Rolle.

Dipl.-Ing. Hermann Jäger

Im verzweigten Portfolio der Lurgi-Gruppe ist es die Tochtergesellschaft Lurgi Öl Gas Chemie GmbH mit ihren in- und ausländischen Ingenieurgesellschaften, die ihren Umsatz mit der Planung und Errichtung von Anlagen zur Mineralöltechnik und Gastechnik, zur Petrochemie und Feinchemie sowie für die zunehmend bedeutsamen nachwachsenden Rohstoffe erwirtschaftet. Mit eigenen und mit von Dritten entwickelten und in Lizenz genommenen Verfahren decken die Anlagenbauer dabei weite Bereiche der einschlägigen Märkte ab.
Die Leistungen des Unternehmens setzen bereits in der Phase der Entscheidungsfindung an. So stellen Lurgi-Spezialisten auf Wunsch Markt- und Technologiestudien, Standort- und Infrastrukturanalysen sowie weitere relevante Informationen zusammen und helfen dem Kunden so bei der Investitionsentscheidung. Die spätere Auslegung von Prozeßanlagen berücksichtigt daneben auch alle Betriebsmitteleinrichtungen und Nebenanlagen. Auch einer möglichst kurzen Implementierungsphase im Sinne eines schnelleren „time-to-market“ und geringen Investitionskosten wird Sorge getragen. Dem dienen eine weitgehende Modularisierung und Standardisierung der Anlagen ebenso, wie der Einsatz des 3D-CAD-Systems PDS.
Fast 160 PDS-Arbeitsplätze im Einsatz
Annähernd 160 Arbeitsplätze sind derzeit bei Lurgi in Frankfurt sowie bei den Tochterunternehmen Lurgi Anlagenbau Chemnitz GmbH, Bipronaft S.A., Kraków, Polen, und der Lurgi India Company Ltd., New Delhi, Indien, mit PDS ausgestattet. Günther Kuhn, Leiter der Abteilung 3D-CAD-Anwendung im Geschäftsbereich Ingenieurtechnik: „Wir sind in der Lage, kurzfristig auch weitere Standorte mit PDS auszustatten“. Damit deutet Kuhn an, daß es vor allem Kundenwünsche oder entsprechend große Aufträge sind, die an den Standorten Beijing, Jakarta-Selatan, Petaling (Malaysia) und Bedfordview (Südafrika) zu entsprechenden Nachrüstungen führen könnten. Einstweilen erfolgt der Planungsabgleich zwischen der zum „Kompetenzzentrum“ ausgebauten Zentrale in Frankfurt und diesen Auslandsgesellschaften noch konventionell.
Ganz anders ist die Zusammenarbeit mit den Kollegen in Chemnitz, Kraków und New Delhi, die zur Zeit – neben einigen externen Partnern – das Core-Team bilden, wenn es um Projekte geht, die im Stil des „Global Engineering“ unter internationaler Beteiligung an verschiedenen Standorten abgewickelt werden.
3D-Planungsmodell als Grundlagefür die Zeichnungserstellung
Die Zuständigkeit des Kompetenzzentrums bei den CAE-Anwendungen betrifft dabei zunächst einmal die Aufstellungsplanung und Fließbildbearbeitung. In der Standardabwicklung, die auf den Vorgaben der Verfahrenstechnik basiert, dient das 3D-Planungsmodell als Grundlage für die Erstellung aller für den Bau der Anlage erforderlichen Zeichnungen. Die Darstellung der Equipments erfolgt über parametrisierbare 3D-Graphictools und die Rohrleitungskonstruktion auf Basis von Rohrleitungsklassen mit den zugehörigen Abmessungstabellen. Kollisionsprüfungen zwischen den einzelnen Gewerken werden dabei im PDS-Planungsmodell automatisch durchgeführt. Für das Modellreview steht jederzeit ein virtuelles 3D-Modell auf Basis des 3D-Planungsstandes zur Verfügung.
Auf der Basis des Verfahrensfließbildes läßt sich ein intelligentes Rohrleitungs- und Instrumentenfließbild generieren. Ein solches Fließbild wird mit Hilfe von Zellen (Graphische Symbole) erstellt. Durch das Laden der graphischen Daten in die Datenbank wird das Fließbild „intelligent“, und zahlreiche Daten lassen sich extrahieren. So zum Beispiel automatisch generierte Equipment-, Rohrleitungs- oder Instrumentenlisten, aber auch Listen aller zu dämmenden oder zu beschichtenden Teile. Zusätzlich erfolgen mit Hilfe des Fließbildes interne Prüfroutinen. Zum Beispiel die Prüfung von Leitungsübergängen zwischen den einzelnen Blättern auf Nennweite, Rohrleitungsnummer, Rohrleitungsklasse, Durchflußstoff und Fließrichtung oder die Prüfung von Fließrichtung gegen Einbaurichtung von Armaturen, etwa an Rückschlagklappen.
Aus dem intelligenten Fließbild und der Apparatestutzenstellung im 3D-Planungsmodell läßt sich schließlich der Eingabefile für den Auto-Router erstellen. Er beinhaltet die „Von-Nach“-Information jeder einzelnen Rohrleitung sowie die Koordinaten der Stutzen. Der File wird eingelesen und erzeugt so automatisch einen Vorschlag zum Rohrleitungsverlauf. Dabei werden bestimmte Parameter vorgegeben. Etwa der Grundsatz, Rohre mit großem Durchmesser vor solchen mit kleinem Durchmesser zu planen oder auch, die Anlage mit möglichst kurzen Wegen und wenig Bögen zu realisieren.
Zusätzliche Planungsphase meist nicht notwendig
Für die detaillierte Rohrleitungsbearbeitung im 3D-PDS werden die Rohrleitungsvorschläge des Routers schließlich in ein Planungsmodell übertragen und weiter konstruktiv bearbeitet. Trotz dieser zahlreichen automatisierten Vorgänge ist leicht vorstellbar, daß bei gerade einmal 15 Mitarbeitern in jeder der drei Abwicklungsabteilungen des Kompetenzzentrums ein hohes Maß an Kooperation notwenig ist, um in der gebotenen Zeit zu Resultaten zu kommen. Das betrifft Kooperationen mit den Tochter- und Partnerfirmen ebenso, wie den Zukauf von externen PDS-Kapazitäten bei Engineering-Dienstleistern. Dabei bildet das Basic Engineering aus Frankfurt, das entweder nach eigenen, zum Teil auch nach Lizenzverfahren abgewickelt wird, nur die Grundlage für die Auftragsabwicklung. Das Detailed Engineering findet anschließend in Zusammenarbeit mit Tochterunternehmen und externen Partnern statt. Auf ein Extended Basic Engineering in der PDS-Planung verzichten die Spezialisten von Lurgi in aller Regel. Nur bei gänzlich neuen Anlagen, oder wenn der Kunde dies wünscht, wird diese zusätzliche Planungsphase durchgeführt. Nach Beobachtungen von Klaus Hildmann, Leiter der Hauptabteilung Anlagenplanung und Rohrleitungstechnik, betrifft dies im Schnitt „weit unter zehn Prozent“ der Aufträge.
„In der Zusammenarbeit mit Tochterunternehmen werden diese so früh wie möglich eingebunden“, erklärt Hildmann. Deshalb werden die Tochterfirmen nach Kundenregion ebenso eingesetzt, wie nach den lokal aufgebauten Spezialkompetenzen. Dies jedoch ohne festes Schema. Hildmann: „Es macht keinen Sinn, sich auf ein Konzept festzulegen. Wichtig ist vielmehr, flexibel auf Kundenwünsche und Marktanforderungen zu reagieren“. Deshalb, und weil die Tochtergesellschaften gleichzeitig auch im eigenen Namen akquirieren, gebe es im Lurgi Anlagenbau in der Regel auch keine horizontale Verteilung von Teilaufgaben. Auch die Festlegung, welcher Standort für ein Projekt die Führungsrolle übernimmt, werde flexibel eingesetzt.
Kompatibilität erforderlich
Voraussetzung dafür ist jedoch, daß die beteiligten Töchter und Partnerfirmen über eine eigene PDS-Welt verfügen. Um eine Kompatibilität der Anwendungen sicherzustellen, werden von Kuhns Abteilung „3D-CAD-Anwendungen“ für alle PDS-Arbeiten im Verbund DIN- und ANSI-Standard-Projekte zur Verfügung gestellt. In der Regel handelt es sich dabei um die erste Datenbankinstallation mit den kompletten Referenzdaten bei den beteiligten Standorten, um sicherzustellen, daß die Datenbanken 1:1 kompatibel sind. Diese Erstinstallation wird in der Regel direkt von Frankfurt aus zur Verfügung gestellt. Bei Projektführung durch das Kompetenzzentrum Frankfurt, erfolgt in Frankfurt auch die Datenbankpflege. Nur wenn die Tochterfirmen eigene Aufträge abarbeiten, müssen sie die Daten nach festgelegten Richtlinien selbst pflegen.
Dem Zweck, eine einheitliche, effiziente und global kompatible Arbeitsweise sicherzustellen, dient bei Lurgi ein PDS-Anwendungs-Handbuch, in dem die einzelnen Arbeitsweisen detailliert beschrieben und festgelegt sind. Dies ermöglicht eine reibungslose Bearbeitung von Angeboten und Aufträgen mit PDS sowie einen Datenaustausch zwischen den verschiedenen Bearbeitungsstandorten. Dieser Datenaustausch findet derzeit sternförmig statt. Im Zentrum dabei steht das Kompetenzzentrum Frankfurt. Für die Kommunikation mit den Tochterfirmen kommen dabei ein Remote Access Server und e-mail zum Einsatz, bei den Partnerfirmen ein File Transfer Protokoll. Für den künftigen Datenaustausch setzt Kuhn auf das Intranet. Eine solche Online-Verbindung existiert aktuell jedoch noch nicht, „da es noch keine kostengünstige Netzverbindung gibt“.
Tägliche Updates sorgen füreinheitlichen Informationsstand
Dennoch sorgen tägliche Updates und Datenabgleichsverfahren dafür, daß alle an einem Projekt beteiligten Standorte über den identischen Projektstand auf den einzelnen Servern verfügen. Hierzu Kuhn: „Der Vorteil von PDS, daß jeder alles sieht, muß erhalten bleiben. Und natürlich auch die Möglichkeit, in der Frankfurter Zentrale über „Design Review“ turnusmäßig in die verschiedenen Projekte reinzuschauen.“ So zum Beispiel beim aktuell in Arbeit stehenden Auftrag für eine Methanolanlage für die Titan Methanol Company, Trinidad. Der Auftrag im Wert von 340 Millionen Mark umfaßt den Bau einer schlüsselfertigen Anlage mit einer Kapazität von 2 500 Tonnen Methanol pro Tag. Beteiligt sind das Kompetenzzentrum Frankfurt (Basic Engineering und Detailed Engineering „einiger Herzstücke“ der hauseigenen Technologie) und Bipronaft, Kraków (Detailed Engineering). Da der 1200 Rohrleitungspositionen umfassende Komplex in einem Sumpfgebiet gebaut wird, muß die komplette Anlage „gepfählt“ errichtet werden.
Eine internationale Zusammenarbeit erfolgt auch bei einem aktuellen Auftrag zur Errichtung einer Anlage zur Gewinnung von Phenol in Alabama. Die Anlage mit einer Kapazität von 400 000 Jahrestonnen Phenol soll 1999 in Betrieb gehen. Der Auftrag beinhaltet für Lurgi die Planung der Prozeßanlagen und für den Joint-Venture-Partner Brown & Root, Mobile, USA, den kompletten Bau und Stahlbau sowie die Nebenanlagen. Das Detailed Engineering wird – in enger datentechnischer Zusammenarbeit – gemeinsam mit dem amerikanischen Partner durchgeführt.
Neben solchen Kooperationsformen mit einem Partner, bereiten Hildmann und Kuhn derzeit die Integration von drei, bald auch vier Standorten zu einer internationalen Arbeitsgruppe vor. Etwa für einen unlängst erhaltenen Großauftrag aus Qatar. Dort soll die Lurgi Öl Gas Chemie GmbH die Ausstoßkapazität der Raffinerie Mesaieed von täglich 60 000 auf 135 000 Barrel erweitern. Grundlage dafür ist ein in Frankfurt vorhandenes Basic Engineering. Weite Teile des Detailed Engineering sollen nun in Kraków und New Delhi abgearbeitet werden.
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