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Effizienz rauf – Energieverbrauch runter

Integrierte Motorsteuerung spart mit Intelligenz Energie und Kosten
Effizienz rauf – Energieverbrauch runter

In Zeiten des viel diskutierten Klimawandels wird die Reduzierung des Energieverbrauchs für alle eine gesellschaftliche Verpflichtung. Die Devise lautet daher: Fossile Brennstoffe sparen und CO2-Ausstoß senken. Die Herausforderung für die Industrie ist, dabei wettbewerbsfähig zu bleiben. Intelligente Motorsteuerungen und deren Integration in Prozessautomatisierungssysteme reduzieren entscheidend Verbrauch und Kosten.

Dipl.-Ing. Roland Wieser

Bei energiepolitischen Zielsetzungen gilt der Antriebstechnik ein besonderes Augenmerk: So hat beispielsweise die Europäische Union eine entsprechende Energy-using-Products(EuP)-Richtlinie erarbeitet, um den Verpflichtungen des Kyoto-Abkommens zu entsprechen: Sie gibt vor, dass bei elektrischen Antrieben bis zum Jahr 2010 eine Einsparung von 39 Mio. t CO2 gegenüber dem Referenzwert von 1990 zu erreichen ist. Dies ist durchaus auch im Sinne der Anlagenbetreiber. Energiekosten stellen bei den Betriebsausgaben einer Anlage nach den eingesetzten Ausgangsprodukten den zweitgrößten Posten dar. Etwa 70 % des industriellen Stromverbrauchs gehen dabei zu Lasten der Antriebstechnik. Die jährlichen Stromkosten eines Elektromotors summieren sich im Schnitt auf das 10- bis 25-fache seiner Anschaffungskosten. Schon eine einprozentige Steigerung des Motorwirkungsgrads bedeutet also eine Einsparung an Motorbetriebskosten von mehreren Tausend Euro pro Jahr. Motoren sind folglich ein entscheidender Ansatzpunkt für eine Optimierung des Energieverbrauchs und damit auch für eine deutliche Kostenersparnis.
Als sich vor 50 Jahren ein kleines Projektteam in den Erlanger Siemens-Schuckert-Werken daran machte, die kurz zuvor entwickelten Transistoren im Hinblick auf Tauglichkeit für den Einsatz in der Energieversorgung unter die Lupe zu nehmen, dachte wohl noch niemand über Treibhauseffekte nach. Genauso wenig ahnten die Ingenieure, dass sie mit dem entwickelten Baukastensystem für kontaktlose Steuerungen – Simatic G – den Grundstein für ein System legten, das sich gerade heute im Sinne des aktiven Klimaschutzes auszahlt: Simatic PCS 7. Vor der Entwicklung von Simatic-Steuerungen wurden konventionelle elektromechanische Steuerungssysteme über Relais und Schütze geschaltet; bei Simatic G übernahmen Transistoren diese Funktion. Von nun an ließen sich Schaltungen zum logischen Verknüpfen, Speichern, Zählen und Rechnen realisieren. Auf dieser Basis begann Anfang der 70er-Jahre die Ära der speicherprogrammierbaren Steuerungen, deren Funktionen nicht mehr über Hardware-Verdrahtungen bestimmt wurden, sondern durch Software. Das vereinfachte ihre Programmierung wesentlich und machte sie um Größenordnungen flexibler. Bald darauf traten die ersten Bussysteme auf, die immer unerlässlicher für den Austausch von Daten und Befehlen wurden. Sie schlossen viele Einzelsteuerungen zu einem leistungsfähigen Datenverbund zusammen. So entwickelte sich Simatic in den 90er-Jahren zum Kern eines verteilten Prozessleit- und Managementsystems, das von der Signalebene bis zum Leitstandterminal alle Automatisierungsaufgaben abdeckt.
Verschmelzung zweier Welten
In herkömmlichen Prozessanlagen steuern Programmable Logic Controller (PLC), speicherprogrammierbare Steuerungen, die elektrische Infrastruktur wie Motoren und Antriebe. Die Regelungsfunktionen übernehmen verteilte Prozessleitsysteme, Distributed Control Systems (DCS). Dabei ist das Erfassen aussagekräftiger Betriebsdaten einzelner Motoreinheiten über aufwändige Verdrahtung in einer PLC ebenso unwirtschaftlich wie die Übertragung dieser Daten an das DCS der Anlage. Es war daher nicht praktikabel, den Echtzeitstromverbrauch der Gesamtanlage bzw. einzelner Verbraucher an das Manufacturing Execution System (MES) zu übermitteln. So haben Anlagenbetreiber für die Optimierung des Energieverbrauchs in der Regel nur spärliche Informationen zur Verfügung. Hier schlägt das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 die Brücke zwischen elektrischer Antriebstechnik und dem MES: Es macht die optimale Steuerung für Regelungsanwendungen ebenso möglich wie die Integration und Steuerung diskreter Hochgeschwindigkeitsgeräte, z. B. Antriebe, Sanftstarter, Leistungsschalter und Stromleistungsmesser. Die Integration von Motormanagementdaten in das Prozessleitsystem erlaubt den Austausch von Motorbetriebsbedingungen und -zuständen und leitet eine neue Ära des Energiemanagements und optimierter Betriebsleistung ein.
Intelligente Motorsteuerung
Motorsteuerungssysteme spielen eine bedeutende Rolle in Industrieprozessen. Sie sind häufig in einem Motor Control Center (MCC) untergebracht, das zahlreiche Steuerungs- und Überwachungseinrichtungen in sich vereint. Diese Einrichtungen – Relais, Regelantriebe und Sanftstarter – sind in der Lage, detaillierte Daten über den Zustand des Motors an das Steuerungssystem zu übermitteln. Die Informationen können im DCS in einem übersichtlichen und leicht lesbaren Format dargestellt werden. Auf dieser Grundlage lassen sich die Produktivität steigern, die Stillstandszeiten und der Energieverbrauch minimieren und die Sicherheit des Personals erhöhen (Bild 1). Eine Motoreinheit kann zudem intelligent ausgestattet werden, indem ihr ein Motormanagementsystem wie das Motorschutz- und Steuergerät Simocode pro (Bild 2) von Siemens hinzugefügt wird. Es ist ein flexibles und modular aufgebautes Motormanagementsystem für Motoren im Niederspannungsbereich und vereint alle notwendigen Schutz-, Überwachungs- und Steuerfunktionen für jeden Motorabzweig bis 820 A. Im Gegensatz zu früher, gibt es nun zwei unterschiedliche Varianten für die speziellen Ansprüche der Anwender (compact und variabel). Es können an das entsprechende Grundgerät neben einem externen Modul zur Erdschlusserfassung mithilfe eines Summenstromwandlers und einem eigenen Temperaturmodul bis zu zwei zusätzliche Digitalmodule angeschlossen werden. Ein wesentliches Merkmal von Simocode pro ist die autarke Ausführung aller Schutz- und Steuerfunktionen. Das bedeutet: Selbst beim Ausfall des Bussystems oder der Prozessleittechnik bleibt die Funktionsfähigkeit und der Schutz des Motorabzweigs erhalten. Dabei lässt sich sogar ein bestimmtes Verhalten im Störfall parametrieren. Simocode pro verfügt über einen eingebauten Strom- und Spannungswandler, der es bei der Messung von Netzstrom und Netzspannung unterstützt. Es ist in der Lage, sämtliche Informationen zum Betriebszustand des Motors (z. B. Phasenfolgeerkennung, Cos-Phi-, Strom-, Temperatur-, Leistungs- und Spannungsüberwachung) via Feldbussystem, beispielsweise Profibus, direkt über ein einziges Kupfer- oder Glasfaser-Kabel an das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 zu senden. Mittels frei parametrierbarer Logikbausteine wie Wahrheitstabellen, Zähler- oder Flankenauswertung lassen sich weitere Schutz- und Steuerfunktionen anpassen. Der Einsatz eines Feldbussystems ermöglicht pro Motoreinheit die Einsparung von bis zu zwölf separaten Leiterpaaren.
Energiemanagement
Dank intelligenter MCC wird der Stromverbrauch verschiedener Anlagenteile im Leitsystem erfasst, und der Bediener kann nun neben anderen wichtigen Prozessparametern den kWh-Verbrauch des Prozesses überwachen. Zu Berichterstattungszwecken lassen sich diese Informationen direkt an das MES übermitteln. Mit Hilfe dieser Daten, also der Kenntnis darüber, wo Energie im Prozess verbraucht wird, können Experten ihre Planungs- und Entwicklungstätigkeit besser auf den Energieverbrauch ausrichten. Die Installation hocheffizienter Motoren legt zusammen mit integrierter Leistungsüberwachung und Schaltsystemen den Grundstein für die Optimierung von Energiebilanzen. Die höchsten Gewinne in punkto Energieeffizienz werden jedoch während der Betriebs- und Instandhaltungsphase realisiert. Der ineffiziente Betrieb von Motoren ist mittels Analyse der im DCS erfassten Daten eindeutig erkenn- und behebbar. Das Betriebsführungsteam ist nun in der Lage, zu beurteilen, wie ein bestimmtes Produkt mit minimalem Energieaufwand produziert werden kann. Gleichzeitig identifiziert es Anlagenteile mit schwachem Durchsatz, aber verhältnismäßig hohem Energieverbrauch. Mithilfe der echten, quantitativen Daten können Energieeffizienzprojekte ins Leben gerufen werden, um eine effiziente Nutzung von Kapitalressourcen mit hohem Kapitalertrag, Return of Investment (ROI), zu erzielen. In Applikationen mit Flüssigkeiten liegen wesentliche Energiesparpotenziale im Einsatz von Wechselfrequenzantrieben: Anstelle der herkömmlichen Kombination aus einem Festdrehzahlmotor und einem Regelventil wird durch die direkte Steuerung der Durchsatzleistung über die Regulierung der Antriebsgeschwindigkeit eine Energieeinsparung von bis zu 50 % erreicht.
Die Integration des Motormanagements ins Prozessleitsystem bietet neben Energieeinsparungen noch weitere Vorteile. Fehlertolerante Kommunikationsarchitekturen sorgen für die hohe Verfügbarkeit der Kommunikation zwischen DCS und MCC. Bei Einsatz von Profibus sind individuelle Topologien möglich, beispielsweise fehlertolerante, redundant aufgebaute Glasfaserringe zwischen DCS und den dezentral positionierten MCC (Bild 3). Der entscheidende Vorteil für das technische Personal ist die Möglichkeit, von einer Engineeringstation aus direkt auf die Parameter der einzelnen Motoreinheiten zuzugreifen, Bedienparameter zu modifizieren, Leistungsanalysen vorzunehmen und Störungen von der Kontrollwarte aus zu quittieren.
Studien zufolge liegen die jährlichen Schäden durch ungeplante Anlagenstillstände bei etlichen Milliarden Euro. Dabei gehen weit über ein Drittel dieser Ausfälle auf vermeidbare Ausrüstungsfehler zurück, die durch eine vorausschauende Instandhaltungsstrategie hätten vermieden werden können. Das in Simatic PCS 7 integrierte Asset Management macht eine Echtzeitüberwachung von Motoren möglich, so dass das Instandhaltungspersonal Motorprobleme quasi voraussehen kann, noch ehe sie eintreten. Für Motoren schädliche, anomale Bedingungen wie Spannungsschwankung, Phasenunsymmetrie, Phasenverlust und übermäßige Stromaufnahme werden direkt an das Leitsystem übermittelt.
cav 453

Energiesparen mit Antriebstechnik
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