Startseite » Chemie »

Ein durchgängiges Konzept

Profibus spart Zeit und Kosten in Produktions- und Prozessindustrie
Ein durchgängiges Konzept

Das Feldbussystem Profibus-DP und seine Erweiterung in die Prozess-Automatisierung (Profibus-PA) ermöglicht Automatisierungskonzepte, die die Vorteile aus Fertigungs- und Verfahrenstechnik vereinen und zusätzlich die bestehende Anlageninvestition aufwerten.

Dipl.-Ing. Antonius Boller

Produktionsstätten, die auch kontinuierliche Prozesse automatisieren, können mit Profibus ein durchgängiges Konzept realisieren. D. h. die Branchen, für die bisher getrennte Automatisierungswelten existierten, können das gleiche Feldbussystem nutzen und damit Vorteile wie einheitliche Hardware, Software, und entsprechende Werkzeuge.
Die Kostenvorteile dezentraler Automatisierungslösungen auf Basis offener Feldbusse werden heute in weiten Bereichen der Fertigungsindustrie und in der Verfahrenstechnik genutzt. Erst mit Feldbussystemen lassen sich die funktionalen Vorteile der digitalen Kommunikation wie bessere Auflösung des Messwertes, Diagnosemöglichkeit, Remote-Parametrierung, herstellerneutrale Schnittstelle usw. vollständig nutzen. Bei gleichzeitig verbesserter Funktionalität bieten die Feldbusse ein beträchtliches Einsparpotential während der Errichtung, dem Betrieb und der Instandhaltung einer Anlage.
Kosten eingespart
Die Kombinationsmöglichkeiten und die damit verbundenen Kostenvorteile lassen sich am besten anhand eines Projektbeispieles zeigen. FINA Chemicals in Antwerpen zählt zu den weltweit führenden Herstellern thermoplastischer Elastomere. Seine neue Fertigungsanlage für Styrol-Butadien-Styrol hat das Unternehmen mit dem Prozessleitsystem Simatic PCS 7 und konsequenter Dezentralisierung auf Basis Profibus automatisiert (Abb. 1). Die konsequente Durchgängigkeit und Offenheit führte schneller, einfacher und kostengünstiger zu einer sicheren Automatisierungslösung. Hauptargument des Kunden für den Einsatz waren die konsequente Durchgängigkeit von der Leit- bis zur Feldebene und die Offenheit von Simatic PCS 7, sowie die große Zahl der am Markt verfügbaren Profibus-fähigen Sensoren, Regler und anderen Feldgeräte.
Simatic PCS 7 und Profibus als wichtiger Bestandteil des Automatisierungskonzeptes entspricht damit dem Trend zu einer wachsenden Multi-Vendor-Offenheit, die dem Anwender bei Engineering, Produktion und Einkauf ein Mehr an Transparenz und Flexibilität erschließt. Die detaillierte Projektierung zur schlüsselfertigen Industrielösung im Projekt FINA wurde in kürzester Zeit umgesetzt. Schnittstelle zwischen Mensch und Prozess sind insgesamt zwölf Operator-Terminals, die über einen vom Systembus unabhängigen Terminalbus von drei OS-Servern mit Daten versorgt werden (Abb. 2). Das kommunikative Rückgrat der Anlage bildet ein Profibus-Glasfaserring, der vor allem die benötigte EMV-Sicherheit und die Übertragungskapazität des Systems sichert. Zur Feldebene hin kommen Profibus-DP/PA und AS-Interface zum Einsatz. Die von der Leitebene bis ins Feld durchgängige Profibus-Technik reduziert den Installationsaufwand drastisch. Als logische Folge ergibt sich außerdem eine deutlich vereinfachte Diagnose und Optimierung, selbst in den Ex-Bereichen.
Simatic PCS 7 verarbeitet die Signale von rund 1200 Ein- und Ausgängen, wobei die Feldkomponenten unterschiedlicher Hersteller integriert sind. Mit der Software Simatic PDM (Prozess Device Manager) können die Feldgeräte über Profibus direkt von der Leitwarte aus konfiguriert werden, was die Fehlerbeseitigung, Qualitätssicherung und Wartung erleichtert. Leichte Bedienbarkeit und die Möglichkeit des Datenaustausches mit handelsüblicher Bürosoftware auf der Basis von Windows NT führten auch im Projekt FINA schnell zu einer hohen Akzeptanz des Systems. Zudem war der Kostenaufwand für Engineering, Installation und Hardware rund 25% niedriger als bei einer vergleichbaren Ausführung mit herkömmlichen Prozessleitsystemen.
Durchgängige H1/H2-Lösung
Die Übertragungstechnik ist bei Profibus-PA (Abb. 3) auf die Belange der Prozessindustrie zugeschnitten und bietet Merkmale wie Speisung der Feldgeräte über den Bus und die Möglichkeit zur Eigensicherheit für die einfache Handhabung von Feldgeräten im Ex-Bereich. Die Informationen und die Versorgung werden über eine Zweidrahtleitung geführt. Bei Profibus-PA wurde die bei Profibus-DP eingesetzte RS-485-Übertragungstechnik durch die Übertragungstechnik nach IIEC 1158-2 ersetzt.
Aufgrund der geringen Übertragungsgeschwindigkeit von 31,25 kBaud und der physikalischen Grenzen, die durch die Eigensicherheit vorgegeben sind, lässt Profibus-PA nur eine limitierte Anzahl von Feldgeräten pro Segment zu. Für große Anlagen ist daher immer ein schneller überlagerter Bus erforderlich, der die Daten der unterlagerten Busse in sehr kurzer Zeit zum Automatisierungssystem überträgt (Abb. 4). Im internationalen Sprachgebrauch wird der Level, in dem Profibus-PA eingesetzt wird, als H1-Level bezeichnet und der nächst höhere Level, in dem sich Profibus-DP befindet, als H2-Level. Man spricht daher von einer H1- bzw. H2-Lösung. Die Kombination von Profibus-DP und Profibus-PA ist die H1/H2-Lösung mit Profibus. Ein besonderer Vorteil ist, daß aufgrund des gleichen Kommunikationsprotokolls Profibus-DP und Profibus-PA sehr einfach miteinander gekoppelt werden können.
In prozesstechnischen Anlagen gibt es neben der großen Zahl von Messumformern und Stellern auch eine Vielzahl von digitalen Ein- und Ausgangsdaten, die zeitkritisch sind und im Millisekunden-Bereich von und zur SPS übertragen werden müssen. Die Kombination von Profibus-DP und Profibus-PA ist hier die ideale Lösung. Signale, die sehr schnelle Reaktionszeiten erfordern, kommunizieren über Profibus-DP mit der SPS. Die busfähigen Messumformer und Steller, die über den Bus gespeist werden und sich im explosionsgefährdeten Bereich einer Anlage befinden können, werden am Profibus-PA angeschlossen. Die Verbindung beider Systeme erfolgt durch das DP/PA-Link. Für den Fertigungsbereich gibt es heute ca. 1600 verschiedene Profibus-DP-Produkte, die ohne Probleme mit derzeit über 150 verschiedenen Profibus-PA-Produkten kombiniert werden können.
Das H1/H2-Konzept erlaubt die Ausrüstung großer Anlagen ohne Performance-Einbußen. Da die Übertragungsraten des Profibus-DP und der unterlagerten Profibus-PA-Netze voneinander entkoppelt sind, wird die Übertragungszeit eines Messwertes vom Profibus-PA-Netz bis in die SPS durch die Zykluszeit des jeweiligen PA-Stranges und des DP-Netzes bestimmt. Da die Zykluszeit des PA-Netzes üblicherweise 200 bis 300 ms beträgt, kann bei der Abschätzung die Zykluszeit des DP-Netzes, die sich im Millisekundenbereich bewegt, vernachlässigt werden. Die Übertragungszeit der Messwerte zur SPS wird also nur durch die Zykluszeit des jeweiligen PA-Netzes bestimmt. So ist sichergestellt, dass bei großen Anlagen mit vielen unterlagerten PA-Netzen die Gesamtreaktionszeit des Systems nicht beeinträchtigt wird.
Kostenersparnis beiInbetriebsetzung und Betrieb
Im beschriebenen Projektbeispiel ist Profibus Bestandteil des Prozessleitsystems PCS 7. Vom zentralen Engineering-System aus werden die Kommunikation, die Peripherie und Feldgeräte, die Automatisierung und die Operating Station projektiert.
Die Inbetriebsetzung (IBS) sowie Diagnose der Feldgeräte erfolgt von zentraler Stelle mit Hilfe der Parametriersoftware Simatic PDM, die auf dem zentralen Engineering-System installiert ist. Mittels der azyklischen Kommunikationsdienste, die seit 1997 für Profibus-DP/PA verfügbar sind, kann das Tool direkt mit den einzelnen Profibus-PA-Geräten kommunizieren, ohne den Anlagenbetrieb zu beeinträchtigen.
Mit der direkten Kommunikationsfähigkeit der Prozessgeräte ist es möglich, Funktionen zu implementieren, die bei der Inbetriebnahme und im laufenden Betrieb Aufwand und Kosten reduzieren. Während der IBS-Phase ist im Feld nur noch der physikalische Anschluss des Feldgerätes an den Bus erforderlich. Die gesamte Parametrierung, Simulation und Einstellung des Messumformers erfolgt von zentraler Stelle. Dies erspart vor allem Kosten, Zeit und lange Wege, da die Entfernung zwischen Leitsystem und Feldgerät oft mehrere 100 m betragen kann.
Moderne Prozessgeräte wie Messumformer können vorgebbare Messwerte simulieren. Diese Simulationswerte werden von dem Parametrier-Tool in das Gerät geschrieben. Nach dem Umschalten des Geräts in den Simulationsmodus überträgt das Gerät den Simulationswert exakt identisch wie einen gemessenen Prozesswert. Damit ist der einfache Test von SPS-Programmen möglich, so kann beispielsweise getestet werden, ob die Behandlung von Überschreitungen von Warn- oder Alarmgrenzen richtig projektiert wurde. Da die Vorgabe des exakten Simulationswertes des Geräts komfortabel von einer zentralen Stelle aus erfolgen kann, nämlich von dort, wo auch die SPS oder das Leitsystem getestet wird, lassen sich erhebliche Kosten der Inbetriebnahme deutlich reduzieren.
Im Anlagenbetrieb wünscht der Anwender vorbeugende Wartung, um die installierte Hardware bzw. das Anlagenkapital zu optimieren. Das busfähige Feldgerät erkennt selbst, dass es demnächst gewartet werden muss oder dass es demnächst ausfallen wird, und stellt diese Information dem Leitsystem zur Verfügung.
Migration in die Zukunft
Die 4…20-mA-Schnittstelle und Hart waren für die Messumformer und Steller bis zur Entwicklung der Feldbussysteme die Standardschnittstelle, die heute millionenfach installiert ist. Dieser Feldbestand muss bei Anlagenerweiterungen mit Feldbustechnik sinnvoll eingebunden werden. Für die Hart-Geräte bietet Profibus-DP eine Migrationsmöglichkeit an, die den Anschluss dieser Geräte und die Integration ins Leitsystem ohne Nachteile ermöglicht. Über dezentrale I/O-Systeme können diese Geräte über ihre konventionellen Schnittstellen an Profibus-DP angeschlossen werden. Vom zentralen Engineering-System aus erfolgt die Parametrierung der Hart-Geräte ähnlich wie bei den Profibus-PA-Geräten über die azyklischen Kommunikationsdienste.
Die Hart-Informationen werden vom Engineeringsystem aus als Profibus-DP-Telegramm zur ET 200 M übertragen, dort in ein Hart-Telegramm umgewandelt und zum Hart-Feldgerät gesendet (Abb. 5). Mit dem Projektierungstool Simatic PDM werden die Profibus-PA- und Hart-Geräte gleichermaßen behandelt.
Dies bedeutet für den Anlagenbetreiber einen problemlosen Umstieg auf moderne Feldbustechnologie bei gleichzeitigem Investitionsschutz seiner bestehenden Anlage. Die installierte Hart-Gerätebasis wird durch das nun mögliche zentrale Engineering sogar noch aufgewertet.
Neben der zunehmenden Anzahl von Feldgeräten mit einem Profibus-PA-Interface wird derzeit von verschiedenen Firmen dezentrale Peripherie für den Profibus-DP speziell auf die Belange der Prozessindustrie hin entwickelt. Besonders interessant sind hierbei dezentrale I/O-Stationen, die direkt im explosionsgefährdeten Bereich aufgebaut werden können.
E cav 203
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de