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Einfacher Schnelltest

Fotometrischer Küvettentest ermöglicht die Überwachung der Gärprozesse in Biogasanlagen
Einfacher Schnelltest

Eine stabile Prozessführung von Biogasanlagen zur Gewährleistung hoher Stromerlöse ist durch eine regelmäßige Kontrolle der Fermentationsprozesse zu realisieren. Hierfür bieten sich fotometrische Küvettentests an, die eine Untersuchung vor Ort ermöglichen und damit eine schnelle Ergebnisverfüg- barkeit gewährleisten.

Jürgen Wiese, Ralf König

Aufgrund fehlender Messtechnik werden heutzutage Biogasanlagen oft im Unterlastbetrieb gefahren, d. h. die Zufuhr an Biomasse ist zu gering und die resultierenden Stromausbeuten sind nicht optimal. Erhebliche finanzielle Defizite können hierbei die Folge sein. Für jeden Biogasbetreiber ist es daher wichtig, seine Anlage möglichst im Betriebsoptimum zu betreiben. Hierzu ist eine präzise und verlässliche Analytik der Gärprozesse erforderlich.
Die Entstehung von Biogas verläuft über einen sehr empfindlichen, vierstufigen mikrobiologischen Prozess, in dessen Verlauf, vor allem bei der Acetogenese, niedermolekulare Fettsäuren wie Essig-, Propion- und Buttersäure entstehen. Bei einem intakten Gärprozess liegen die Werte für diese als Essigsäureäquivalente erfassten Verbindungen zwischen 500 und 3000 mg/l. In diesem Fall befindet sich die Biologie im Fermenter im Gleichgewicht, d. h. die Säureproduktion durch Essigsäurebildung und der Säureabbau durch Methanisierung sind ausgeglichen. Bei höheren Essigsäurekonzentrationen besteht die Gefahr eines Absinkens des pH-Wertes und/oder einer Hemmung des Methanprozesses. So können Essigsäurekonzentrationen von 3000 mg/l bei einem pH-Wert von 7,0 bereits eine 50-prozentige Hemmung bewirken (10 % bei pH 7,3 und 2000 mg/l).
Ammoniumionen in höheren Konzentrationen entstehen beim fermentativen Abbau eiweißreichen Substrates. Ammonium steht in einem pH-Wert-abhängigen Gleichgewicht mit Ammoniak, der für die Bakterien toxisch wirkt. Bei steigendem pH-Wert verschiebt sich dieses Gleichgewicht in Richtung Ammoniak. Eine zunehmende Hemmung des Fermentationsprozesses ist die Folge.
Das Energiepotenzial des Gärprozesses ist indirekt über die Bestimmung des chemischen Sauerstoff-Bedarfes (CSB) zu messen. Der CSB gibt an, wie viel Sauerstoff zur Oxidation der oxidierbaren Komponenten im Gärsubstrat gebraucht wird. Alle oxidierbaren organischen Verbindungen werden chemisch vollständig zu CO2 und H2O oxidiert.
Einsatz von Küvettentests
Die Einsatzfähigkeit fotometrischer Küvettentests für die Bestimmung der Essigsäureäquivalente, der Ammonium- und CSB-Konzentration wurde anhand zahlreicher Proben auf einer 1,5-MW-Kofermenter-Biogasanlage in Niedersachsen getestet und mit den Ergebnissen der parallel in einem Auftragslabor gemessenen Proben verglichen, die mit dem korrespondierenden Normverfahren gemessen wurden. Maßgebend für die Bewertung der Verwendbarkeit war die Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen der korrespondierenden Referenzverfahren sowie die Plausibilität der Ergebnisse. Die Referenzanalysen, Essigsäureäquivalente (organische Säuren) nach der DEV H21 (Wasserdampfdestillation), Ammonium mit der ebenfalls fotometrischen DEV-Methode E5 und CSB mit der DEV-Methode H44 (Kaliumdichromat) wurden nach Absprache nahezu zeitgleich durchgeführt.
Außerdem wurden die Essigsäureäquivalente in Fermenterproben unterschiedlicher Biogasanlagen mit einer Ionenchromatografie (IC) und dem fotometrischen Schnelltest untersucht sowie die Summe der per IC ermittelten Einzelkomponenten mit den im fotometrischen Test ermittelten Gesamtmenge an Essigsäu reäquivalente verglichen. Für die Durchführung eines fotometrischen Tests werden farblose und klare Lösungen benötigt. Aus diesem Grunde wurden sowohl die Fermenterproben als auch die Proben der Nachgärbehälter einer 1:20-Vorverdünnung unterzogen. Anschließend wurde die vorverdünnte Probe getrennt und im Auftragslabor bei 6 bar einer Druckfiltration über einen 0,45-mm-Polycarbonatmembranfilter unterzogen. Aus dem Filtrat wurden anschließend die Normbestimmungen durchgeführt.
Für die Durchführung der fotometrischen Küvettentests wurden jeweils 2 ml der vorfiltrierten Probe in einer Tischzentrifuge bei 13 500 min-1 für zehn Minuten zentrifugiert. Pro Durchgang wurden ca. 20 ml klares und nahezu farbloses Zentrifugat erhalten, mit dem anschließend die Küvettentests durchgeführt wurden.
Vergleich zwischen Küvettentest und Referenzmethode (DIN)
Bild 3 gibt die Ganglinien der nahezu zeitgleich durchgeführten Vergleichsmessungen zwischen dem Küvettentest und der Referenzmethode wieder. Bedingt durch die vorgegebenen Messbereiche der Küvettentests und der relativ hohen Konzentration der Fermenterparameter mussten alle fotometrischen Tests stark verdünnt werden. Die Ammoniumproben wiesen nach dem Zentrifugieren vereinzelt noch eine geringe Eigenfärbung auf, so dass ein weiterer Verdünnungsschritt (1:50) notwendig wurde.
Die durchgeführten Vergleichsmessungen erstreckten sich über einen Zeitraum von vier Monaten. Es ist zu erkennen, dass im Falle der Ammonium-Messungen und der Bestimmung der organischen Säuren im Rahmen der Messgenauigkeit (Verdünnungsfehler) eine gute Vergleichbarkeit zwischen beiden Verfahren erzielt wurden. Beide Methoden spiegeln die jeweiligen Konzentrationen im Nachgärer gut wieder und lassen sich somit für die Überwachung dieser beiden wichtigen Regelparameter im Biogasprozess einsetzen. Die Ergebnisse der CSB-Messungen weichen hingegen etwas voneinander ab, vermitteln aber trotzdem die jeweiligen Konzentrationsveränderungen der organischen Fracht im Fermenter/Nachgärer. In diesem Fall muss mit einem anlagenspezifischen Korrekturfaktor gearbeitet werden.
Die Ergebnisse des Küvettentests organische Säuren und des Referenzverfahrens (Wasserdampfdestillation und Titration der Essigsäureäquivalente) resultieren aus der Summe der vorhandenen Einzelsubstanzen. Eine selektive Konzentrationsangabe der ursprünglich vorhandenen Einzelsubstanzen wie Propion-, Butter- oder Essigsäure kann nicht erfolgen. Um zusätzlich eine Aussage über die Konzentration der Einzelsubstanzen zu erhalten und um abzuklären, ob der über den Küvettentest (und auch Wasserdampfdestillation) ermittelten Summenwert der organischen Säuren mit den Einzelergebnissen der Ionenchromatografie übereinstimmt, wurden unterschiedliche Fermenterproben zusätzlich mit einer Ionenchromatografie gemessen und mit dem Ergebnis des fotometrischen Schnelltests von Hach verglichen.
Ergebnisse
Die Probenvorbereitung der durchgeführten Messungen gestaltete sich aufgrund des geringen TS-Gehaltes (deutlich kleiner als 10 %) wesentlich einfacher als bei den Vergleichsmessungen zuvor. Eine einfache Filtration über einen Faltenfilter war in der Regel ausreichend. Durchgeführt wurden die Messungen vom Ingenieurbüro Lars Stahmer in Bremen. Bis zu 100 Fermenterproben werden dort wöchentlich auf den Gehalt von Ammoniumstickstoff, CSB und organische Säuren untersucht. Die Tabelle zeigt die ionenchromatografischen Ergebnisse der Vergleichsuntersuchungen. Das Chromatogramm der Probe I zeigt insgesamt vier organische Einzelsubstanzen der Fermenterprobe auf: Acetat, Lactat, Propionat und n-Butyrat. Die Summe der Einzelkonzentrationen ergibt 2234,73 mg/l organische Säuren. Der fotometrische Schnelltest ermittelte einen Summenwert von 2530 mg/l. Die Abweichung beträgt bei dieser Probe 13 %. Diese Abweichung stellt allerdings, mit Bezug auf den bereits mehrfach erwähnten Verdünnungsfehler (stark feststoffhaltige Probe) einen sehr guten Wert dar. Die nachfolgend aufgeführten ionenchromatografischen Untersuchungen ergaben wesentlich kleinere Abweichungen. Diese Ergebnisse belegen, dass der fotometrische Schnelltest zur Bestimmung organischer Säuren ebenfalls eine gute Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen des IC-Normverfahren aufweist und dass die Summe der per IC ermittelten Einzelsubstanzen mit dem Summenergebnis des fotometrischen Küvettentests und der Wasserdampfdestillation ebenfalls vergleichbar ist.
cav 490

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