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Energieeinsparpotenziale ausschöpfen

Dämmung betriebstechnischer Anlagen in der chemischen Industrie
Energieeinsparpotenziale ausschöpfen

Durch eine effektive Dämmung betriebstechnischer Anlagen ließen sich deren Kohlendioxidemissionen nachhaltig senken. Gleichzeitig würden die Anlagenbetreiber viele Millionen Euro sparen, die heute für den Einkauf von Energie aufgewandt werden. Die Erfahrungen der Vorreiter unter den Anlagenbetreibern zeigen, dass sich die Investitionskosten für eine nachträgliche Dämmung von Rohrleitungen, Kesseln und Tanks nach spätestens zwei Jahren amortisiert haben.

Der Autor: Andreas Nowoczin Leiter Technische Dienste, RTI Rockwool Technical Insulation

Umso erstaunlicher ist es, dass bis heute viele Energieeinsparpotenziale, die durch Maßnahmen der Anlagenisolierung relativ leicht zu heben sind, ungenutzt bleiben. Ein – von vergleichsweise konservativen (Kosten-)Voraussetzungen ausgehendes – Rechenbeispiel offenbart das nicht genutzte Potenzial: Bei einer +250 °C heißen Rohrleitung waren in der Vergangenheit 50 mm Dämmung üblich. Berechnungen auf Basis des derzeitigen Preisniveaus zeigen, dass bei einer 10 km langen Rohrleitung mit einem Durchmesser von 150 mm durch eine Steigerung der Dämmdicke auf 100 mm innerhalb von fünf Jahren bereits rund eine Million Euro an Energiekosten eingespart werden.
Aus dem privaten und gewerblichen Bauwesen sind effektive Dämmmethoden spätestens seit Einführung der Energieeinsparverordnung (EnEV) nicht mehr wegzudenken: Im Neubau gelten das Passivhaus und seine energetische Qualität heute quasi schon als Standard. Die Prozessindustrie ist hingegen von klar geregelten Energieeffizienzanforderungen (noch) weit entfernt. Ein großer Teil der betriebstechnischen Anlagen z. B. in der chemischen Industrie stammt aus einer Zeit, als die Dämmung noch vorrangig dem Arbeitnehmerschutz diente. Aspekte der Wirtschaftlichkeit oder der Energieeffizienz bzw. des Klimaschutzes spielten bei Planung und Bau der meisten heute in Betrieb befindlichen Anlagen, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle.
Vergleicht man die Dämmdicken in den Anlagen der Chemieindustrie mit den heutzutage in Deutschland üblichen und empfohlenen Dämmstandards in Wohngebäuden, so entsteht ein groteskes Bild: In Schrägdächern sind schon bald Dämmdicken von 300 mm Standard, obwohl die Temperaturunterschiede zwischen Dachaußen- und -innenfläche „nur“ bei +20 bis +40 °C liegen. Im Fall einer +250 °C heißen Rohrleitung liegt die Temperaturdifferenz mit +230 °C zwischen Medium und Umgebung sechs- bis elfmal höher. Noch deutlicher wird die Diskrepanz bei großen Dampfkesseln: Trotz Dampftemperaturen von über +600 °C ist eine Dämmdicke von 300 mm wie im Schrägdach noch so gut wie nirgends zu finden.
Wirtschaftliche Vernunft sollte genügen
Während die EnEV verbindliche Dämmdicken für Rohrleitungen von haustechnischen Anlagen wie Heizungs- und Warmwasserrohrleitungen vorschreibt, fehlen für betriebstechnische Anlagen in der Industrie solche gesetzlichen Regelungen noch vollkommen. Die ökonomische Vernunft könnte hier allerdings – Aufklärung vorausgesetzt – eine Vorgabe des Gesetzgebers ersetzen. Um zukünftig ein einheitliches Optimierungsverfahren für betriebstechnische Anlagen anbieten zu können, erarbeitet der VDI-Richtlinienausschuss zurzeit die VDI 4610 – „Energieeffizienz von betriebstechnischen Anlagen unter Berücksichtigung der Kriterien des Wärme- und Kälteschutzes“.
Warum? Weil in allen industriellen Prozessen, im Rahmen derer Stoffe energieintensiv erhitzt, gelagert, umgewandelt oder zur weiteren Verwendung über Rohrleitungsnetze transportiert werden, erhebliche Einsparpotenziale schlummern. Bei steigenden Energiepreisen und angesichts des gesellschaftlichen Zieles, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, ist ein energieeffizienter Betrieb solcher Anlagen zweifelsfrei das Gebot der Stunde. Und leicht zu realisieren obendrein. Denn die Dämmstoffindustrie hält leistungsstarke Lösungen wie die Rockwool-Rohrschale 880 auch für die nachträgliche Dämmung bereit.
Rohrschalen- schlägt Mattendämmung
In Chemieanlagen werden Medien häufig über große Distanzen durch Rohrleitungen auf Rohrtrassen transportiert. In den bestehenden Anlagen finden sich deshalb heute oft Installationen von Rohrleitung dicht an Rohrleitung. Das bedeutet Platzprobleme, wollte man mit der althergebrachten Mattendämmung arbeiten – wovon die Dämmstoffhersteller im Rahmen von Rohrleitungsdämmungen heute ohnehin meist abraten.
Denn die Mattendämmung hat aus ihrer Sicht zahlreiche Nachteile: Zum einen leiten die alten Dämmmatten deutlich mehr Wärme als moderne Rohrschalen, isolieren also schlechter, und zum anderen werden die für die Montage einer Matte benötigten metallenen Stützkonstruktionen leicht zu einer sogenannten Wärmebrücke. Das Energieeinsparpotenzial, das durch die Dämmung eines Rohres zu heben ist, nutzen Matten deshalb nur zu einem Teil. Eine Ausnahme bilden hier nur druckfeste Lamellenmatten, die ebenfalls ohne die störenden Stützkonstruktionen verwendet werden können.
Beim Austausch einer vorhandenen, älteren 50 mm dicken Mattendämmung durch beispielsweise eine moderne Rohrschalendämmung von Rockwool reduziert sich der Wärmeverlust aus der bereits beschriebenen Rohrleitung mit einem Durchmesser von DN 250 und einer Innentemperatur von +250 °C um ca. 40 %. Und dies wohl bemerkt bei gleicher Dämmdicke. Deutliche Energieeffizienzsteigerungen sind also auch dann möglich, wenn Rohrleitungen zwar gedämmt, aber mit veralteten Systemen ausgerüstet sind. Lässt es der Platz in der Anlage zu, dass die Dämmdicke erhöht wird, sind weitere Effizienzsteigerungen durch die Modernisierung der Dämmung zu erreichen.
Ein weiteres Rechenbeispiel: Berechnungen des NCTI (Niederländisches Zentrum für technische Isolierung) zeigen weiter, dass die effektive Dämmung schon einer einzelnen Armatur in einer außenliegenden +220 °C heißen Dampfleitung mit Durchmesser DN 150 bis zu 9650 m3 Gas pro Jahr einsparen kann. Dies bedeutet eine jährliche Einsparung von nahezu 3000 Euro gegenüber einer geringen Investition von ungefähr 200 Euro in die Dämmung der Armatur. Die Amortisierung der entsprechenden Investition dauert also weniger als zwei Monate.
Nachhaltig Konstruieren und Dämmen
Gleiches wie in der Sanierung gilt freilich auch im Anlagenneubau: Nicht nur Dämmstoffhersteller wie RTI Rockwool Technical Insulation befürworten deshalb, dass alle aktuell in Planung befindlichen Anlagenprojekte so ausgelegt werden, dass Rohrleitungen, Kessel und Ausrüstungen für eine energie- und kohlenstoffarme Zukunft mit Hochleistungssystemen und optimalen Dämmdicken ausgerüstet werden können. Wenn Investoren heute noch zögern, optimal gedämmte Anlagen zu bauen, so liegt das nach den Erfahrungen der Planer häufig daran, dass bei der Bewertung der Kosten nicht die gesamten Lebenszykluseinsparungen einer Dämmung berücksichtigt werden, obwohl die Einsparungen gerade bei Dämmungen über die gesamte Nutzungsdauer fast immer positiv zu Buche schlagen.
Die Amortisationszeit als einziges Bewertungskriterium von Energieeffizienzsteigerungsmaßnahmen heranzuziehen, ist häufig nicht zielführend. Denn eine kurze Amortisationsdauer garantiert zwar eine schnelle Rückzahlung des eingesetzten Kapitals, sie empfiehlt aber häufig die Entscheidung für eine suboptimale Dämmung. Bei Anlagen mit langer Nutzungsdauer kann es durchaus sinnvoll sein, längere Amortisationszeiten zu akzeptieren, wenn durch das Optimum an Dämmung über die gesamte Lebensdauer deutlich höhere Einsparungen bei den Energiekosten zu erreichen sind als durch eine weniger dicke Dämmung. Häufig können bei Amortisationszeiten von sechs Jahren und einer Anlagennutzungsdauer von 15 Jahren noch zweistellige Renditen erzielt werden.
prozesstechnik-online.de/cav0911426
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