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Ethernet erobert Ex-Zone

Sicherer Explosionsschutz im Industrial Ethernet bei klassischer TP-Verkabelung
Ethernet erobert Ex-Zone

Die Ethernet-Technologie rückt von zwei Seiten unterschiedlich schnell in die Prozessindustrie vor: Bei der Software, d. h. der notwendigen Echtzeit-Protokollerweiterung, lassen derzeit einheitliche Standards noch auf sich warten. Auf Hardware-Seite dagegen sind selbst bei der Ausrüstung für Ex-Bereiche die nötigen Grundlagen geschaffen. Findet sich für eine Anwendung eine praxistaugliche Protokoll- variante, kann daher direkt Industrial-Ethernet-Kommunikation implementiert werden. Beim klassischen Kupferkabel wird der Explosionsschutz dabei meist über Zündschutzart Ex d bzw. Ex e gewährleistet.

In vielen verfahrenstechnischen Anwendungen gibt es Anlagenbereiche in der Zone 2 oder Zone 1, mit denen kommuniziert werden muss. Auch bei Ethernet-fähigen Systemen, Komponenten und Verbindungstechnik existieren mehrere Lösungsansätze für den nötigen Explosionsschutz. Vorentscheidend für diese ist die Festlegung auf die Art der Vernetzung. Anwender können sowohl auf konventionelle Kupferkabel als auch auf Lichtwellenleiter oder auf drahtlose Funkübertragung setzen. Je nach Anwendungsbedingungen, und speziell in vielen komplexeren und weitläufigen Anlagen, stellen die beiden letztgenannten Möglichkeiten oft überlegene Lösungen dar. Für beide ist bei Explosionsschutz-Spezialisten wie R. Stahl natürlich auch geeignete Ausrüstung erhältlich. Hier jedoch soll die Vernetzung mit klassischem Twisted-Pair-Kabel näher erörtert werden, da sie durchaus Kostenvorteile gegenüber den anderen Optionen bietet, wenn es um kurze Distanzen bzw. kleinere Installationen geht. Durch diese bleibt sie für eine Reihe von Anwendungen erste Wahl.

Die Anforderungen in der Automatisierung unterscheiden sich deutlich von denen der Bürowelt, weshalb alle Ethernet-Komponenten wie Kabel, Steckverbinder, Switches (Netzwerkknotenpunkt), Hubs (Verteiler) oder Medienkonverter wesentlich robuster ausgeführt sein müssen. Ihre Installation erfolgt typischerweise auf 35-mm-DIN-Schienen, als Stromversorgung werden 24 V(DC) zugeführt, und ein erweiterter Betriebstemperaturbereich sowie höhere IP-Schutzarten werden vorausgesetzt. Die Kabel hingegen unterscheiden sich in Industrie und Büro-IT nur wenig, abgesehen davon, dass für den Außeneinsatz armierte Leitungen verwendet werden. Abhängig von der Datenübertragungsrate kommen bei Kupferleitungen unterschiedliche Kabelqualitäten zum Einsatz, nämlich CAT5-Kabel für Ethernet bis 1 GBit/s oder CAT7-Kabel für bis zu 10 GBit/s. Kritisch im Hinblick auf den Explosionsschutz ist vor allem die Handhabung, etwa das Stecken und Ziehen von Anlagenkomponenten im Betrieb, für Wartungsarbeiten oder Austausch und Ergänzung von Komponenten bei laufenden Systemen.
Integrierte Funktionalität
Die wahrscheinlich bekannteste Lösung im Explosionsschutz, die vielen Anwendern von der analogen Signalanbindung bis zur Feldbusvernetzung bereits vertraut ist, ist die sogenannte Eigensicherheit (Ex i). Bei dieser Schutzart wird die Energiemenge in einem eigensicheren Stromkreis auf ein ungefährliches Maß reduziert, indem Strom und Spannung so begrenzt werden, dass damit Funken oder andere thermische Effekte keine Zündquellen darstellen. Dies gilt unter normalen Betriebsbedingungen und außerdem auch unter gewissen Fehlerbedingungen. Auch im Industrial Ethernet müssen durch ein sogenanntes zugehöriges elektrisches Betriebsmittel die eigensicheren Stromkreise der Zone 1 von den nicht-eigensicheren des sicheren Bereiches getrennt werden. Üblicherweise kommen dazu galvanische Trennstufen zum Einsatz, dies allerdings in einer speziellen Ausführung, die die hohen Übertragungsraten beherrscht und sehr robust gegen äußere Störeinflüsse ist. Aufgrund der hohen Übertragungsrate bei Industrial Ethernet von 100 Mbit/s und mehr, muss in den Ex i-Trennstufen ein besonderes Augenmerk auf die üblichen Bauelemente wie Z-Dioden, Transistoren, Übertrager und Optokoppler gelegt werden. Ohne entsprechend hochwertige Komponenten und eine saubere Hochfrequenzauslegung kommt es zu Signalverzerrungen und damit zu Übertragungsfehlern. Da keine Ethernet-Installation ohne entsprechende Switches, Hubs oder Router auskommt, bietet es sich an, die Trennstufenfunktionalität gleich in diese Baugruppen zu integrieren. Damit werden auch mögliche Signalverfälschungen oder -störungen durch sonst zusätzlich erforderliche Steckverbinder und Übergangswiderstände elegant eliminiert. Bis heute existieren nur wenige Produkte auf dem Markt, die die klassische Eigensicherheit für Ethernet nutzen. Da die sicherheitstechnischen Parameter dieser Produkte nicht standardisiert sind, wie es z. B. beim Feldbus mit dem Fisco-Modell geschehen ist, passen derzeit unterschiedliche Produkte verschiedener Hersteller nicht ohne weiteres zusammen bzw. der Nachweis der Eigensicherheit ist entsprechend aufwendig. Die vielleicht größte Einschränkung ergibt sich durch das 100-Mbit/s­Ethernet selbst, nämlich in Gestalt der Leitungslängen. Kupferkabel erlauben eine maximale Distanz von ca. 100 m bei guter Verlegung und optimaler Schirmung, was ihrer Einsetzbarkeit entsprechende Grenzen setzt.
Kombinierte Sicherheit
Eine weitere Zündschutzart, die in Betracht kommt, ist die druckfeste Kapselung „d“ (IEC 60079-1), meist in Kombination mit der erhöhten Sicherheit „e“ (IEC 60079-7) für den Anschlussraum. Diese Lösung basiert darauf, dass eine Explosion im Inneren eines Gehäuses zwar stattfinden kann, die Explosionsenergie dabei aber nicht bzw. in nicht gefährlicher Menge nach außen dringt und das Gehäuse nicht zerstört wird. Zwar könnten Ethernet-Teilnehmer in entsprechende druckfeste Gehäuse eingebaut werden, aber dabei stellt sich das Problem mit dem Anschlusskabel. Ob als direkte druckfest gekapselte Einführung oder indirekt über einen Anschlussraum in erhöhter Sicherheit, es werden stets speziell konzipierte Leitungseinführungen benötigt, die einerseits das hochfrequente Ethernet unverfälscht übertragen, aber andererseits bei direkter Einführung die Explosionsenergie nicht nach außen dringen lassen. Auch diese Ethernet-Ex d-Leitungseinführungen gibt es bereits am Markt. Natürlich bleibt auch hier das Netz durch die begrenzte Reichweite der Kupferkabel beschränkt, die zudem eine sehr sorgfältige Schirmung erfordern. Auch der Forderung nach steckbaren Verbindungen im laufenden Betrieb, also ähnlich einer eigensicheren Lösung, werden einige Produkte heute schon gerecht. R. Stahl hat hierfür das miniClix-Steckverbindersystem in der Zündschutzart druckfeste Kapselung auf den Markt gebracht, das durch umfangreiche Prüfungen seine Ethernet-Tauglichkeit nachgewiesen hat. In diesen Ex d-Steckverbindern wird beim Ziehen des Steckers in einem ersten Schritt der elektrische Stromkreis getrennt. Dabei erfolgt aber noch keine mechanische Trennung des Steckverbinders; ein eventuell entstandener Zündfunke verbleibt daher im Inneren eines winzigen druckfesten Raumes. Erst nach einer kurzen Zeitverzögerung kann der Steckverbinder auch mechanisch getrennt werden. Da Ethernet bidirektional arbeitet, muss der Ethernet-Teilnehmer mit den Steckerstiften vor dem Trennen allerdings abgeschaltet werden. Ansonsten würden offene Steckkontakte im explosionsgefährdeten Bereich unter Spannung stehen – was natürlich nicht zulässig ist. Die Ethernet-Vernetzung mittels Ex d- bzw. Ex e-Technik eignet sich beispielsweise gut, um HMI-Systeme mit hoher Funktionalität anzubinden, die auf eine schnelle Busanbindung mit hohen Datenraten, wie sie ein Ethernet bietet, angewiesen sind. Bei mobilen Anwendungen kann auch das miniClix-Steckersystem zum Einsatz kommen.
cav 453

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