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Explosionsgeschützte Drehstrommotoren

Weiterverwendbarkeit am neuen 400-V-Netz
Explosionsgeschützte Drehstrommotoren

Die Bemühungen um weltweite Normspannungen haben im Jahr 1983 mit IEC 38 einen vorläufigen Abschluß gefunden. Die identische nationale Norm DIN IEC 38 ist 1987 erschienen. In einer auf 20 Jahre veranschlagten Übergangszeit sollen die in 50-Hz-Netzen üblichen Spannungen von 380, 415, 420 und 440 V durch die Normspannung 400 V abgelöst werden.

Obering. H. Greiner

Die neuen Nennwerte sollen bis zum Jahr 2003 übernommen werden. Im CENELEC-Memorandum No.14 wurde sogar empfohlen, die neuen Nennspannungen bis 1993 einzuführen. Da aber Großbritannien (Spannungen 415, 420 und 440 V) erst 1993 formal zugestimmt hat und dort die Umstellung mit den Ende 1994 eingeführten Ergänzungen zu den „Wire regulations“ BS 7671 erst beginnt, konnte das eigentliche Ziel einer Weltnormspannung bei 50 Hz noch nicht erreicht werden. Bis zum Jahr 2003 gilt für die Netzspannung eine Toleranz von +6/-10%; danach ±10%.
Zulässige Spannungsschwankungfür elektrische Maschinen
Für elektrische Maschinen gilt nach wie vor VDE 0530 Teil 1 = EN 60034-1, die mit IEC 60034-1 harmonisiert und in deren Abschnitt 12.3 eine zulässige Spannungsschwankung von ±5 % genormt ist.
Diese Toleranz bezieht sich auf die jeweils auf dem Leistungsschild genannte Spannung, das heißt ein Motor benannt für 380 V (400 V) kann verwendet werden für 361 bis 399 V (380 bis 420 V).
Die genormte Toleranz ±5% wird auf dem Leistungsschild nicht angegeben (vgl. VDE 0530 Teil 1, Abschnitt 12.3).
Für elektrische Maschinen ist also – im Gegensatz zu den Festlegungen für die Netzspannung und Toleranzen vieler anderer Betriebsmittel – eine relativ enge Schwankung der Anschlußspannung zulässig. Dies hat technische Gründe: Kleine Motoren (z. B. unter etwa 1,1 kW) und hochpolige Motoren arbeiten häufig nahe der magnetischen Sättigung und reagieren daher auf Überspannung relativ empfindlich.
Für einen Betrieb mit Spannungsschwankungen, die über die derzeit genormten ±5% hinausgehen, ist in der Norm vorgesehen, daß die Motoren funktionstüchtig sein sollen: Sie können ihr Bemessungsdrehmoment abgeben, wobei die übrigen Kenndaten (zum Beispiel auch die Erwärmung) größere Abweichungen von den für die Bemessungsspannung festgelegten Daten haben dürfen.
Der Toleranzbereich „B“ stellt für normale, nicht explosionsgeschützte Maschinen eine Konzession dar, von der Hersteller und Betreiber nach Abwägung der Auswirkung auf die Betriebsdaten und die Lebensdauer der Wicklungsisolation eigenverantwortlich Gebrauch machen können. Da bei explosionsgeschützten Motoren die Sicherheit tangiert ist, muß hier die Umstellung auf die Spannung 400 V unter Beachtung einschlägiger Normen (z. B. EN 50018 und EN 50019) und der speziellen Motorauslegung vorgenommen und dokumentiert werden.
Betriebsverhalten bei Spannungsänderung
Zur Beurteilung des Betriebsverhaltens von Drehstrom-Asynchronmotoren bei Änderung der Anschlußspannung kann eine Versuchsreihe herangezogen werden, die häufig im Rahmen der Typenprüfung zur Feinabstimmung der Wicklungsauslegung durchgeführt wird: Konstante Leistungsabgabe bei verschiedenen Spannungen.
Im Grunde ermittelt man hier bei der Typprüfung die magnetische Flußdichte (Induktion), bei der sich die günstigsten Betriebseigenschaften ergeben. Die Wicklung wird für die Serie dann so ausgelegt, daß sich bei Betrieb mit Bemessungsspannung eben diese günstigste Flußdichte einstellt. Wenn irgend möglich, wählt man die Flußdichte so, daß bei Bemessungsspannung die niedrigsten Verluste auftreten. Bei dieser Auslegung hat der Motor bei Abgabe der Bemessungsleistung die geringste Erwärmung – nachfolgend als „Optimum“ bezeichnet.
Es gibt jedoch zwingende Gründe, die Flußdichte niedriger oder höher als das Optimum zu wählen.
Die Diagramme in Abbildungen 2 bis 4 sind rein qualitativ zu betrachten. Durch eine vereinfachte und überzeichnete Darstellung soll die Tendenz besonders deutlich werden. Sie eignen sich nicht für eine quantitative Auswertung.
• Der Wirkstrom Iw–- der zur mechanischen Leistungsabgabe beiträgt – hat bei steigender Spannung (Flußdichte) eine fallende Tendenz (u. a. weil der Schlupf kleiner wird).
• Der Magnetisierungsstrom Im – der den magnetischen Fluß bildet – hat bei steigender Spannung (Flußdichte) eine steigende Tendenz, die vor allem bei Erreichen der Sättigungsgrenze überproportional steil ist.
• Der Gesamtstrom I – der in der Zuleitung zu messen ist – setzt sich geometrisch aus den Komponenten Iw und Im zusammen.
• Das Minimum des Gesamtstromes I (der auch die Verluste repräsentiert) charakterisiert das Optimum der Flußdichte.
Bemessungsspannung (Flußdichte)im Optimum
Diese Auslegung ist nach Möglichkeit anzustreben und ist typisch für Motoren mit Bemessungsleistungen von etwa 1,1 bis 11 kW (Abb. 2).
Das Betriebsverhalten wird wie folgt beurteilt:
• Spannungsänderungen im Rahmen üblicher Toleranzen wirken sich relativ wenig auf die Stromaufnahme (Erwärmung) aus.
• Ein Weiterbetrieb an der neuen Bemessungsspannung 400 V ist im allgemeinen zulässig.
Bemessungsspannung (Flußdichte)unterhalb Optimum
Diese Auslegung ist typisch für Motoren mit Bemessungsleistungen über etwa 11 kW, weil sich bei optimaler Flußdichte zu hohe Anzugsmomente und Anzugsströme ergeben würden. Während die Anzugsmomente nur für nachgeschaltete Übertragungselemente (Getriebemotoren) und Arbeitsmaschinen eine Gefahr darstellen, führen hohe Kurzschlußstromdichten im Blockierungsfall zu einem gefährlich raschen und starken Temperaturanstieg, der zum Beispiel durch Thermistoren nicht mehr erfaßt werden kann (Abb. 3).
Das Betriebsverhalten beurteilt sich folgendermaßen:
• Spannungsver-
minderung führt zu höherer Stromaufnahme (Erwärmung),
• Spannungsanhe-
bung führt zu niedrigerer Stromaufnahme (Erwärmung),
• Weiterbetrieb an der neuen Bemessungsspannung 400 V zulässig, falls erhöhtes MA und MK für die Arbeitsmaschine unbedenklich ist.
Bemessungsspannung (Flußdichte) oberhalb Optimum
Diese kritische Auslegung kann für Motoren mit Bemessungsleistungen unter etwa 1,1 kW erforderlich sein, weil mit der optimalen Flußdichte die genormte Überlastbarkeit MK/MN $1,6 nicht erreicht würde. Für den Weiterbetrieb von 380-V-Motoren am neuen Netz 400 V ist dies die kritische Gruppe (Abb. 4).
Bei dieser Auslegung ist das Betriebsverhalten wie folgt zu beurteilen:
• Spannungsverminderung führt zu geringerer Stromaufnahme (Erwärmung) – jedoch ist die nach Norm verlangte Überlastbarkeit MK/MN $1,6 in Frage gestellt.
• Spannungsanhebung führt wegen der Sättigung zu erheblich höherer Stromaufnahme (Erwärmung). Leerlaufstrom kann größer werden als der Bemessungsstrom.
• Weiterbetrieb an der neuen Bemessungsspannung 400 V im allgemeinen in Frage gestellt.
• Stromaufnahme und Erwärmung im tatsächlichen Betrieb prüfen, Hersteller konsultieren.
Leistungsfaktor als Maßstabfür die optimale Flußdichte
Das oben beschriebene Verfahren setzt entsprechende Messungen unter Nennlast voraus, die im allgemeinen nur vom Hersteller im Zuge der Typenentwicklung durchgeführt werden. Ein Urteil über die Weiterverwendbarkeit eines Motors am neuen 400-V-Netz macht also eine Rücksprache mit dem Hersteller erforderlich. Wünschenswert ist daher ein Verfahren, das eine sofortige Beurteilung anhand der Leistungsschildangaben erlaubt. Der Leistungsfaktor (Abb. 5) sagt aus, wo die magnetische Flußdichte (Induktion) im Bemessungspunkt relativ zum Optimum liegt:
Niedriger Leistungsfaktor Þ Hoher Blindstromanteil Þ Oberhalb Optimum
Hoher Leistungsfaktor Þ Niedriger Blindstromanteil Þ Unterhalb Optimum
Als Schlußfolgerung ergibt sich:
• Bei Motoren mit einem Leistungsfaktor >0,85 liegt die Bemessungsspannung unterhalb des Optimums;
• Bei Motoren mit einem Leistungsfaktor etwa 0,7 bis 0,85 liegt die Bemessungsspannung nahe beim Optimum;
• Bei Motoren mit einem Leistungsfaktor 0,7 liegt die Bemessungsspannung oberhalb des Optimums.
Hieraus lassen sich folgende Regeln für das voraussichtliche Ergebnis der in jedem Einzelfall obligatorischen Prüfung durch den Hersteller ableiten:
Voraussetzungen: Wicklung 380 V,
50 Hz,
Ex d: Pauschale Konformitätsbescheinigung für T4,
Ex e: Erwärmungszeit tE deutlich größer als 5.
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