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Explosionsgeschützte Flurförderzeuge

Beim Einsatz von Asynchronmotoren überwiegen die Vorteile
Explosionsgeschützte Flurförderzeuge

Bisher wurden die mit Bleibatterien betriebenen Flurförderzeuge eines norddeutschen Herstellers hauptsächlich mit Gleichstrommotoren und -steuerungen ausgerüstet. Weiterentwicklungen im Bereich der Mikroprozessor- und Halbleitertechnik ermöglichen heute jedoch auch den Einsatz von Asynchronmotoren.

Dipl.-Ing. Eibe Arfken

Alle elektrischen Teile dieser Flurförderzeuge – dabei handelt es sich um Geh- und Sitzgabelstapler sowie Sonderfahrzeuge – sind besonders geschützt, damit sie nicht zur Zündquelle werden. Im allgemeinen wird die Zündschutzart „Druckfeste Kapselung“ (Kennbuchstabe „d“) angewendet, die einen Zündfunken durch die spezielle Bauart der Gehäuse nicht nach außen dringen läßt. Der Einsatz von Asynchronmotoren in explosionsgefährdeten Bereichen blieb bisher stationären, netzgeführten Systemen vorbehalten. Aufgrund der raschen Entwicklung auf dem Mikroprozessor- und Halbleitermarkt gibt es heute jedoch Steuerungen, die den Batterie-Gleichstrom in einen für den Motor notwendigen, frequenzvariablen Drehstrom umsetzen („Umrichter“) und damit den Motor steuern.
Für Ex-Bereiche besonders geeignet
Prinzipbedingt haben Asynchronmotoren gerade für den Explosionsschutz wesentliche Vorteile gegenüber der bisher eingesetzten Gleichstromtechnik. Der Asynchronmotor überträgt die Energie auf den Rotor transformatorisch, also kontaktlos. Der Kollektor, bei dem beim Gleichstrommotor die höchsten Temperaturen auftraten, entfällt damit. Unter anderem deshalb kann der Asynchronmotor bei gleicher Leistung etwas kleiner gebaut werden. Ein weiterer Vorteil ist, daß damit Kollektorabbrand ebenso wie Bürstenfeuer ausgeschlossen ist. Kollektorbrände treten bei Gleichstrommotoren durch das Warten bzw. Überdrehen des Kollektors nach einer gewissen Betriebsstundenzahl auf. Der Wegfall des Bürstenfeuers bringt vor allem Vorteile bei der Störaussendung (EMV).
Der Explosionsschutz erfordert u. a. die Einhaltung und Überwachung von Mindestwiderständen zwischen spannungsführenden Teilen (z.B. Batterie, Motoranschlüsse) und dem Fahrzeug-Chassis. Der Abriebsstaub von Kohlebürsten kann nach gewisser Zeit eine leitende Verbindung zwischen Motoranschlüssen und Gehäuse herstellen und damit den Mindestwiderstand unterschreiten. Auf das Auswechseln der Kohlebürsten und die regelmäßige Säuberung der Motoren, die aufgrund der druckfesten Kapselung sehr aufwendig ist, kann daher verzichtet werden.
Als mögliche Zündquelle kommen damit nur Motorteile in Frage, die eine Maximaltemperatur überschreiten. Die Überwachung dieser Teile kann über Temperatursensoren erfolgen, die an den kritischsten Stellen plaziert sind, so daß die Zündschutzart „erhöhte Sicherheit“ (Kennbuchstabe „e“ ) möglich ist. Aufgrund vieler Probleme (schlechte Überwachungsmöglichkeiten an drehenden Teilen, großes Volumen bei temperaturunkritischer Bauform, schwer nachweisbares Temperaturverhalten eines Flurförderzeugmotores aufgrund des intermittierenden Betriebes etc.) wird beim Ex-geschützten Asynchronmotor trotzdem die „Druckfeste Kapselung“ bevorzugt.
Weitere Vorteile sind:
• ein Feldregler ist unnötig, da das Rotorfeld über die Ströme in den Statorwicklungen miterzeugt wird,
• der Umrichter übernimmt auch die Funktion von Überbrückungs- und Umkehrschützen, was nicht nur Kosten, sondern auch Bauteile spart und den Wartungsaufwand reduziert,
• mehr Sicherheit bei Kurzschluß: Führte ein Kurzschluß zwischen Betriebspannung und Motor früher zum Freigeben der gesamten Leistung (und damit zum rasanten Hochdrehen auf Nenndrehzahl), so braucht der Asynchronmotor Drehstrom, der durch einen Kurzschluß nicht erzeugt werden kann.
Kontrovers betrachtet
Prinzipbedingt erfordert ein Drehstrommotor, der aus einer Gleichstrombatterie gespeist wird, eine Umrichtersteuerung. Die einfache, vor allem für Pumpmotoren bevorzugte Möglichkeit, den Motor mit einem Schütz direkt mit der Batterie zu verbinden, entfällt daher. Dafür wird der hohe Einschaltstrom unterbunden, der nicht nur den Schütz stark belastet. Zudem beinhaltet die Steuerung „quasi kostenlos“ eine Drehzahlregelung; entsprechend der Anforderung (z. B. Lenkunterstützung) kann also eine angepaßte Leistung und damit Geräuschemission gewählt werden. Vor allem der Fahrer wird diesen Vorteil zu schätzen wissen, wenn der Hubmotor nicht mehr ständig bei hoher Drehzahl „mitjaulen“ muß.
Ältere Gleichstromsteuerungen verwenden Überbrückungsschütze, die ab einer gewissen Geschwindigkeit den Anker direkt an die Batterie koppeln und damit den Widerstand der Transistoren überbrücken. Drehstromsteuerungen können eine solche „Schonung“ nicht nützen, da sie ständig Wechselstrom erzeugen müssen. Glücklicherweise lassen neuere Halbleitertechniken die Widerstände immer geringer werden, so daß die für den Explosionsschutz empfindliche Verlustwärme in Grenzen bleibt.
Weiterhin erfordert die Drehstromtechnik drei (anstatt bisher zwei) Leistungskabel sowie ein komplizierteres Motormodell für die Regelung (inkl. Drehzahlerfassung). Dies wiegt jedoch nicht so schwer, zumal durch den Einsatz programmierbarer Mikrorechner fahrzeugspezifische Anforderungen und Benutzerwünsche problemlos integrierbar sind. Außerdem können bestimmte Überwachungs- oder Testfunktionen realisiert sowie umfangreiche Statusinformationen angezeigt werden.
Elektromagnetische Verträglichkeit
Seit dem 1.1.96 ist eine neue EU-Richtlinie in Kraft getreten, die das elektrische Verhalten von Anlagen oder Geräten regelt. Im wesentlichen betrifft dies die Empfindlichkeit auf äußere elektrische Einflüsse sowie die eigene Aussendung von Störungen. Ist man nun der Meinung, daß von Fahrzeugen mit druckfest gekapselten Steuerungen keine elektromagnetischen Störungen ausgehen, wird man spätestens in der Meßhalle eines Besseren belehrt: Durch das Takten (schnelles Ein- und Ausschalten) der Leistungs-MosFets, mit denen die Sinuskurven zur Motoransteuerung nachgebildet werden, entstehen starke Störimpulse. Diese können, bei schlechter Kabelverlegung oder empfindlichen Komponenten, das Fahrzeug selbst beeinflussen, überschreiten aber vor allem die vorgeschriebenen Aussendegrenzen.
Ein Abschwächen dieser Störungen geht in der Regel mit einer Erhöhung der Verlustleistung (Wärme) in den MosFets einher. Der Wärmeabgabe nach außen sind jedoch Grenzen gesetzt, da auch die Steuerungen druckfest gekapselt sind. Gerade der Explosionsschutz verbietet hier viele Möglichkeiten, die dem normalen Anwender großen Spielraum lassen (z. B. Lüfter, offenere Bauweise).
Hat der Umrichterhersteller schon alle Register der Schaltungstechnik gezogen, hilft nur noch das Abschirmen der betroffenen Kabel, was sowohl finanziell als auch von der Verdrahtung her aufwendig ist.
Die Vorteile überwiegen
Ist der Antrieb jedoch einmal eingebaut, überzeugt er durch sein hohes Drehmoment auch in niedrigen Drehzahlen, seine gute Regelbarkeit sowie die Möglichkeit, aufgrund der programmierbaren Steuerelektronik individuelle Kundenwünsche zu berücksichtigen. Diese Vorteile und seine Wartungsfreiheit werden ihn wohl nach und nach auch auf dem konventionellen Flurförderzeugmarkt als Antrieb durchsetzen lassen.
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