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Frühwarnsystem für Betriebsabwasser

Überwachen und Isolieren von Fehleinleitungen mittels TOC- und TNb-Messung
Frühwarnsystem für Betriebsabwasser

Durch die Einführung der TOC/TNb-Online-Analytik und der frachtabhängigen Isolierung von Abwasserteilströmen im Betriebsabwassersystem ist es gelungen, die Prozessstabilität der Abwasserreinigungsanlage der Roche Diagnostics GmbH im Werk Penzberg signifikant zu erhöhen. Das eingesetzte System ist reaktionsschnell, wartungsarm und zuverlässig.

Dipl.-Ing. Jürgen Klemmer*

Das biotechnologische Forschungs- und Produktionszentrum der Firma Roche Diagnostics GmbH in Penzberg ist eines der größten seiner Art in Europa. Rund 3000 Mitarbeitende sind hier beschäftigt. Roche stellt in Penzberg eine Vielzahl biologischer Wirkstoffe her. Sie sind zum Beispiel in diagnostischen Tests enthalten, die dem Nachweis von Stoffwechselprodukten wie Blutzucker und Cholesterin dienen oder die frühe Erkennung eines Herzinfarktes erlauben. Außerdem finden die über 2000 in Penzberg biotechnologisch hergestellten Reagenzien und Systeme weltweit Anwendung in der modernen molekularbiologischen Forschung zur Diagnose und Therapie.
Problemstellung
Die im Werk Penzberg anfallenden Abwässer sind biologisch gut abbaubar, jedoch zum Teil sehr stark mit organischem Kohlenstoff und Stickstoff belastet. Aufgrund der im Werk Penzberg hauptsächlich eingesetzten diskontinuierlichen Produktionsverfahren (Batch-Produktion), kommt es daher zu starken Frachtspitzen in der Abwasserreinigungsanlage und den daraus resultierenden Problemen im Anlagenbetrieb. Aus diesem Grund ist in Penzberg bereits seit Jahren eine Trennkanalisation mit Teilstrombehandlung der hochbelasteten Abwasserströme etabliert. Die im Werk anfallendenden Abwässer werden nach vorhergehender Laboranalyse in hochkonzentriertes Betriebsabwasser (HBA) und normales Betriebsabwasser (BA) eingeteilt. Alle Abwasserteilströme, die Frachtspitzen bei den Parametern Kohlenstoff und Stickstoff führen, werden in einer Hochleistungsbiologie aerob vorbehandelt, wobei der CSB-Abbau bereits bei ca. 90% liegt. Durch diese Maßnahme konnte die Prozessstabilität der nachgeschalteten zweiten biologischen Reinigungsstufe mit Nitrifikation und Denitrifikation wesentlich erhöht werden.
Trotz der beiden getrennten Abwasserströme kommt es in der Praxis jedoch immer wieder zu Einleitungen von hochkonzentrierten Abwässern in das Betriebsabwassersystem und den daraus resultierenden Problemen durch Spitzenfrachten. Wobei sich insbesondere die Nitrifikation als empfindlichster Anlagenteil darstellt und daraus resultierend die Ablaufwerte für den Parameter Stickstoff-gesamt stark schwanken.
Fehleinleitungen messtechnisch erkennen
Dieser Umstand führte zur Entwicklung eines Frühwarnsystems für das Betriebs-abwassersystem. Ziel war es, Fehleinleitungen messtechnisch zu erkennen. Als idealer Standort für das System ergab sich der Zulauf zur Neutralisationsanlage für Betriebsabwasser. Für die Erkennung der Fehleinleitungen wurden die Parameter TOC und TNb ausgewählt, da dadurch nahezu alle in Frage kommenden Abwasserteilströme detektierbar sind. Dabei stand zunächst die Auswahl eines geeigneten Online-Messgerätes im Vordergrund.
Nach gründlicher Auswahl der in Frage kommenden Messgeräte fiel die Entscheidung auf das Quick TOC/TNb von LAR.
Bei dem QuickTOCN (Abb. 1) handelt es sich um ein Online-Hochtemperaturgerät zur kombinierten TOC/TNb-Messung. Durch das spezielle Design und die hohe Arbeitstemperatur von 1200 °C bietet dieses Gerät mehrere Eigenschaften gleichzeitig, die für die beschriebene Anwendung von entscheidender Bedeutung sind. So arbeitet das Gerät ohne Filtration mit dem patentierten Probenahmesystem Flowsampler, wodurch Partikel in der Messung voll erfasst werden. Des Weiteren bietet das Gerät eine sehr schnelle Ansprechzeit. So können T100-Zeiten für eine TC- und TNb-Messung von einer Minute und für TOC-Differenzmessungen (TC-TIC) von drei Minuten realisiert werden. Darüber hinaus erfolgt eine simultane TNb-Bestimmung mit einem Chemilumineszens–Detektor. Die Messbereiche für TOC und insbesondere TNb sind sehr groß, auch für höhere TNb-Konzentrationen ist keine Verdünnung der Probe notwendig. Das Messsystem weist keine Memory-Effekte auf. Selbst nach sehr hohen Konzentrationen wird eine nachfolgende Probe mit sehr geringen Konzentrationen in der Messung nicht verfälscht. Das Gerät ist im Betrieb unempfindlich gegenüber erhöhter Salzkonzentration. Auch bei Salzkonzentrationen von 1 bis 2% bleibt der Reaktor verstopfungsfrei. Neben diesen Eigenschaften zeichnet sich das Messsystem auch durch einen minimierten Wartungs- und Betreuungsaufwand aus.
Prozesssteuerung
Die aus der Online-Analytik bereitgestellten Konzentrationen der Parameter TOC und TNb werden mit einer Speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) weiter verarbeitet. Die Konzentrationen werden mit der Abwasserzulaufmenge zu TOC-, und TNb-Frachten in kg/h verrechnet und visualisiert. Der Betreiber hat nun die Möglichkeit, Frachtschwellenwerte zu definieren, nach denen die Steuerung Fehleinleitung erkennt und eine Isolierung des Teilstromes einleitet. Dabei wird nach zwei Kriterien unterschieden:
• Erkennung von Frachtspitzen: Dieser Schwellenwert führt zu einer sofortigen Reaktion des Systems aufgrund einer deutlich erhöhten Zulauffracht, bedingt durch eine kurzfristige Einleitung eines hochkonzentrierten Teilstromes.
• Erkennung von kontinuierlichen Fehleinleitungen:Dieser Schwellenwert ist zeitüberwacht, nach seiner Überschreitung wird die Isolierung der Abwässer erst nach einer definierten Zeit eingeleitet. Damit werden Fehleinleitungen erkannt die durch eine kontinuierlichen Ableitung hervorgerufen werden (z. B. Abläufe aus der Säulenchromatographie).
Isolierung der erkanntenAbwasserteilströme
Zur Isolierung der in Frage kommenden Abwässer wurde die Neutralisation der Abwasserreinigungsanlage umgebaut. Durch die Erweiterung um einen zusätzlichen Abwasserspeicherbehälter mit 500 m³ konnten zwei 100-m³-Becken, die ursprünglich zur Neutralisation der Betriebsabwässer genutzt wurden, zu Auffangbecken für Fehleinleitungen umgewandelt werden. Abbildung 2 zeigt den Abwasserfluss im Normalzustand, dabei wird das Rohabwasser über ein Gerinne in ein 400-m³-Pufferbecken eingeleitet, dann in einem weiteren 400-m³-Becken neutralisiert und in die biologische Reinigungsstufe abgepumpt. Die Online-Analytik und Frachtberechnung findet im Zulauf zum Pufferbecken statt. Wird nun einer der zuvor beschriebenen Schwellenwerte überschritten, wird automatisch der Zulaufschieber zum Pufferbecken geschlossen und das Abwasser in eines der beiden Auffangbecken eingeleitet (Abb. 3). Wird der entsprechende Schwellenwert wieder unterschritten, schaltet die Anlage automatisch wieder in den Normalbetrieb um und der entsprechende Abwasserstrom ist somit isoliert und kann über das HBA-System entsorgt werden.
Betriebsergebnisse
Ab August 2000 wurde die Anlage zunächst mit Online-Analytik und manueller Absteuerung der detektierten Fehleinleitungen betrieben und ab Januar 2001 auf vollautomatischen Betrieb umgestellt. Die Anlage arbeitet seitdem im 24h-Betrieb und nahezu störungsfrei. Der Wartungsaufwand für die Betreuung des Online-Messgerätes hält sich mit durchschnittlich 1 Stunde pro Woche erfreulich gering.
In den ersten sechs Monaten des vollautomatischen Betriebes der Anlage konnten bereits 2344 m³ Abwasser aus dem Betriebsabwasserstrom isoliert und in das HBA-System umgeleitet werden. Dabei wurden insgesamt 7519 kg CSB und 569 kg N der Hochleistungsbiologie zugeführt und dadurch das normale Betriebsabwasser hinsichtlich seiner CSB- und N-Fracht wesentlich vergleichmäßigt.
E cav 254
QuickTOCN Kombinierte Online-TOC/TNb-Bestimmung
Der QuickTOCN von LAR ist ein Online-Messsystem für die kombinierte Bestimmung des Gesamtkohlenstoff (TC), den anorganischen (TIC) und den organischen Kohlenstoff (TOC) gemäß DIN EN 1484, ISO 8254 und EPA 415.1 und des gesamten gebundenen Stickstoffs (TNb) gemäß DIN 38409 Teil 27, ENV 12260 und ISO-TR11905-2. Dabei misst das Online-TOC/TNb-Messsystem QuickTOCN auch hohe Konzentrationen ohne Verdünnung. Das Besondere dieses Online-Prozessmessgerätes ist, dass sein thermisches Verfahrensprinzip den TC und den TNb in nur einer Minute bzw. die TOC-Differenz (TC-TIC) in drei Minuten misst und ganz ohne Reagenzien auskommt. Dadurch eignet sich das Messsystem besonders für Steuerungen. Gleichzeitig garantiert das Verfahren die gleichmäßige Wiederfindung von Ammonium- und Nitratstickstoff selbst bei Konzentration bis 1000 mg/l ohne Verdünnung. QuickTOCN mit seiner vollautomatischen Betriebsweise arbeitet mit dem patentierten Probenahmesystem FlowSampler filtrationsfrei. Das Messverfahren ist so ausgelegt, dass auch die leicht flüchtigen organischen Kohlenstoffe (VOC) im Messergebnis enthalten sind.
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