Perfluorelastomere wurden in erster Linie für den Einsatz in aggressiven Medien entwickelt. Beim Reinigen und Sterilisieren mit Dampf traten jedoch Probleme durch erhöhte Quellung der Perfluorelastomer-Dichtungen auf. Für die pharmazeutische Industrie wurden die Dichtungen erst dann interessant, als der Werkstoff neben der breiten Chemikalien- auch eine gute Heißwasser- und Dampf-Beständigkeit vorweisen konnte.
Erwin Birk
Die chemische Industrie fordert Dichtungswerkstoffe, die den Betriebsbedingungen der Prozesse gerecht werden. Zwar laufen in Pharma und Chemie die Produktionsprozesse bei Temperaturen unterhalb 200 °C ab, jedoch spielen Heißwasser- und Dampf-Beständigkeit sowie Tieftemperatur-Eigenschaften eine große Rolle. Sind beispielsweise Teile der Anlage auf dem Freigelände installiert, werden leicht Minustemperaturen von -30 °C erreicht. Das kann bei den meisten Perfluorelastomeren zur Versprödung führen. Das Perfluorelastomer Chemraz wurde speziell für Anwendungen bei tiefen Temperaturen konzipiert und ist darüber hinaus gegen Heißwasser und Dampf beständig.
Chemraz SD unterscheidet sich im Wesentlichen von allen anderen Perfluorelastomeren durch die Auswahl des Basispolymers, durch die Rezeptur der Mischungsbestandteile, durch das Vernetzungsprinzip und seinem physikalischen Eigenschaftsprofil (Tabelle).
FDA-konform
Chemraz-O-Ringe finden in Gleitringdichtungen, in Ventilen, in Pumpen und in Kompressoren Verwendung. Neben der Beständigkeit gegenüber Chemikalien verlangen pharmazeutische und lebensmitteltechnische Prozesse Dichtungswerkstoffe von hoher Reinheit. Die Extraktion von Additiven (Weichmacher, Vulkanisationsmittel und Füllstoffe) aus dem Elastomer ist möglichst auszuschließen.
Daher wurden bei der Entwicklung der Chemraz SD-Qualitäten problematische Additive im Werkstoff ersetzt und Füllstoffe gemäß den geltenden Vorschriften und Richtlinien ausgewählt. Die Chemraz SD erreicht nahezu die Reinheit von PTFE, besitzt aber dennoch die guten Dichtungseigenschaften der Chemraz-Standardprodukte. Neben den PTFE ähnlichen chemischen Eigenschaften verfügen die neueren Werkstoffe über eine gute Heißwasser- und Dampf-Beständigkeit für die Sterilisation, was den CIP/SIP-Einsatz ermöglicht. Über die gängige Praxis hinaus – und ursprünglich für die Halbleiterindustrie gedacht – fertigt das Unternehmen Greene, Tweed & Co die Chemraz-SD-Produkte im Reinraum. Für Perfluorelastomere gelten die FDA-Richtlinien unter 21 CFR 177.2400 (Perfluorcarbon Cured Elastomer). Der beschriebene weiter entwickelte Dichtungs-Werkstoff hält die vorgeschriebenen Extraktionsgrenzwerte ein.
Bewährt in der Penizillin-Produktion
In der Penizillin-Produktion eines Pharmakonzerns werden Zentrifugen mit Gleitringdichtungen verwendet. Die Chemraz-O-Ringe werden dort zur Flansch- und Gehäuseabdichtung sowie zur Sekundärabdichtung eingesetzt und kommen direkt mit dem Medium in Berührung. Die Reinigung der pharmazeutischen Produktionsanlagen geschieht auch durch Sterilisationsprozesse, die aggressive Lösemittel verwenden und die Dichtungen angreifen. Extraktionen aus dem Dichtungsmaterial, aus Produktion oder beim Sterilisationsprozess können dabei das Produkt verunreinigen und sogar zum Produktionsausfall führen. Durch die geringen Extraktionswerte des Dichtungs-Werkstoffs arbeitet der Pharmakonzern seit Jahren weit unter den zulässigen Grenzwerten der FDA-Vorschriften.
Fokus auf die Schweiz
Der amerikanische Spezialdichtungshersteller beliefert seit kurzem auch die Schweiz. Anlass ist die Expansion der deutschen Tochter Greene, Tweed & Co. GmbH, die seit 1989 durchschnittliche Umsatzsteigerungen von fast 18% einfährt. 40 Mitarbeiter, größtenteils Ingenieure, setzten zuletzt 13 Mio. Euro um. Die deutsche Niederlassung wurde 1981 mit zwei Mitarbeitern in Königsstein etabliert. Mitte der neunziger Jahre zog man an den Standort Hofheim. Das Unternehmen stellte 1993 die Weichen für die Zukunft, als es sein Tätigkeitsfeld in die fünf Industriebereiche Aerospace, Industrial, Chemie, Oil Field und Semiconductor untergliederte. Heutige Kerntätigkeit ist Vertrieb der Dichtungen in Deutschland, den Niederlanden, Italien, Österreich, Osteuropa und der Schweiz.
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