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Heiße Kessel gut gekühlt

Thermostate zur Temperierung externer Systeme
Heiße Kessel gut gekühlt

Das exakte Beheizen und Kühlen von Systemen außerhalb des Thermostatbades, beispielsweise von Analysengeräten oder Laborreaktoren, stellt besonders dann hohe Anforderungen an die Geräte, wenn es um Temperaturkonstanzen im Bereich von hundertstel Grad geht. Hier kommen Umwälzthermostate mit erweiterter PID-Regelung oder Fuzzy-Logik zum Einsatz.

Dr. Carsten Persner

Ein standardmäßiger Thermostat mit konventioneller interner Temperaturregelung hält die vorgegebene Temperatur (Soll-Temperatur) im eigenen Badgefäß mit hoher Konstanz. Bei externer Temperierung (Abb. 1) muß in diesem Fall jedoch am Thermostaten eine Temperatur eingestellt werden, die von der im externen Objekt gewünschten abweicht. Dies ist vor allem auf Wärmeverluste des Externbades bei schlechter Isolierung und auf Verluste bei der Wärmeübertragung zurückzuführen. Die Wärmeverluste sind umso größer, je weiter das externe Objekt vom Thermostaten entfernt ist. Es wird also mit einem Temperaturgefälle gearbeitet, das bereits bei der Sollwertvorgabe mit einbezogen werden muß.
Bei einer Änderung dieses Gefälles muß die Solltemperatur jeweils manuell nachgestellt werden. Wie oft dies erforderlich ist, hängt von der Häufigkeit und der Intensität der extern einwirkenden Störgrößen ab. Im Falle zu erwartender exothermer Reaktionen muß der Benutzer daher ständig am Gerät bleiben, um rechtzeitig den Sollwert zu berichtigen. In solchen Fällen bietet es sich an, eine echte externe Regelung des Temperierprozesses zu realisieren.
Einflußparameter
Um direkt auf die Temperaturregelung in externen Systemen einzuwirken, müssen eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden, die das Temperaturgefälle zwischen Thermostatbad und zu temperierendem Objekt beeinflussen:
• Temperaturschwankungen resultieren aus Änderungen der Durchsatzmenge im externen Flüssigkeitskreislauf. Die Durchsatzmenge ist abhängig von der Förderleistung der Umwälzpumpe, der Schlauchlänge, dem Schlauchquerschnitt, dem Badflüssigkeitsvolumen und der temperaturabhängigen Viskosität der Badflüssigkeit.
• Veränderungen der Raumtemperatur (z. B. durch Öffnen der Fenster, Verstellen der Heizung, Tag- und Nachtbetrieb) beeinflussen die Temperaturverteilung im System. Der Wärmeaustausch mit der Umgebung ist Schwankungen unterworfen.
• Die Temperaturdifferenz wird umso größer, je mehr die jeweilige Arbeitstemperatur von der Umgebungstemperatur abweicht und je schlechter die externen Objekte thermisch isoliert sind.
• Schlagartige Veränderungen der Temperatur ergeben sich bei thermischen Belastungen des externen Bades, beispielsweise bei exothermen Reaktionen.
Regelelektroniken mit externer Störgrößen-Kompensation (ESK), wie sie im folgenden beschrieben werden, gleichen die unterschiedlichsten Einflüsse auf das Temperaturverhalten externer Systeme aus.
Externregelung mit erweiterterPID-Regelung
Thermostate mit PID-Regelung sind im allgemeinen nur für die Temperierung im internen Thermostatbad konzipiert. Bei der erweiterten PID-Regelung PID++ ist es auch möglich, Systeme außerhalb des Thermostatbades exakt zu temperieren.
Voraussetzung hierfür ist der Anschluß eines zusätzlichen externen Regelfühlers. Geräte, die serienmäßig mit der PID++-Regelung ausgestattet sind, sind aus diesem Grund mit einem Anschluß für einen handelsüblichen Pt100-Fühler ausgerüstet.
Die Regelung arbeitet dann permanent mit den Meßergebnissen von zwei Fühlern und erkennt die Temperaturdifferenz DT zwischen dem thermostateigenen und dem externen System. Die extern auf das zu temperierende System wirkenden Störgrößen werden durch automatische Anpassung der Solltemperatur ausgeregelt. Dies geschieht durch eine temperaturproportionale Änderung der Heizleistung des Temperiergerätes.
Eine manuelle Einstellung von Regelparametern, die vom Verwender auf den jeweiligen Anwendungsfall abzustimmen sind, ist nicht erforderlich. Die PID++-Regelung gewährleistet, daß auch unvorhersehbare thermische Belastungen im externen Objekt kompensiert werden.
Der beim Regelvorgang höher bewertete externe Temperaturfühler sorgt dafür, daß die am Thermostat vorgegebene Solltemperatur im externen System schnell erreicht wird und weiterhin eine kleine Regelbandbreite und damit eine hohe Temperaturkonstanz vorliegt.
Externregelung mit echter Fuzzy-Logik
Temperierprozesse können, solange deren Kennwerte wie Massen, Heizleistung etc. bekannt sind, mit einem linearen angepaßten Regler mit gutem Ergebnis kontrolliert werden. Da die Applikationen im Labor oder Technikum häufig von der Standardanwendung abweicht, muß der Regler entweder vom Anwender oder von der Automatik an die Applikation angepaßt werden.
Um auch komplexen regeltechnischen Problemen gewachsen zu sein, wurde die FuzzyStar®-Regelung (Abb. 2) entwickelt, die mit echter Fuzzy-Logik arbeitet.
Sie ermöglicht es, Zusammenhänge „fuzzy“ (unscharf) zu beschreiben. Das Beschreibungsverfahren ist der des Menschen angepaßt und könnte folgendermaßen lauten: „Wenn der Temperaturabstand zum Vorgabewert klein und die Überschwinggefahr recht hoch ist, dann heize nur wenig.“
Aus regelungstechnischer Sicht ist die Fuzzy-Logik ein Verfahren, das es ermöglicht, Reglerkennwerte (z. B. Regelverstärkung) mit der sprachlichen Unschärfe (siehe Regel, keine expliziten Zahlenangaben) zustandsabhängig einstellen zu können. Daher ist es auch leicht verständlich, warum die Robustheit (Unempfindlichkeit gegen Änderungen der Prozeßparameter) eines angepaßten Fuzzy-Reglers erheblich höher ist als die eines konventionellen (u. a. PID- oder Adaptiv-) Reglers. Erst die Robustheit ermöglicht dem Anwender auch bei Änderungen des Temperierprozesses ein gutes Regelergebnis.
Mit der Fuzzy-Regelung konnte ein Nachteil konventioneller PID-Regler elegant gelöst werden (Abb. 3). Gibt man einem PID-Regler bei der Reglereinstellung schnelles Regelverhalten vor, dann wird er für einen hohen Temperaturanstieg bei der Vorgabe eines neuen Sollwerts sorgen. Gleichzeitig wird der Regler einen Überschwinger provozieren, der u. U. mit großem Zeitaufwand abgebaut werden muß. Besteht nun noch die Möglichkeit der Variation der Prozeßparameter, so ist das Risiko der Instabilität und somit Schwingen besonders hoch. Will man sichergehen, dann nimmt man die Regelgeschwindigkeit zurück. Somit wird das Maß des Überschwingens und das Schwingrisiko reduziert. Diese Eigenschaften erkauft man sich aber mit der langsameren Regelgeschwindigkeit.
Der Fuzzy-Temperaturregler verhält sich völlig anders. Durch entsprechendes Anlegen des Regelwerks wird die Temperatur bei großem Abstand zum Sollwert steil ansteigen. Erreicht die gemessene Temperatur den Sollwert, dann ist dies ein anderer Zustand, für den angepaßte Regelparameter angelegt sind. Das Wunschverhalten steiler Temperaturanstieg und überschwingfreies Einregeln wurde daher durch den Einsatz der Fuzzy-Logik und der entsprechenden Berücksichtigung im Regelwerk erst möglich.
Für jede Applikation der richtigeRegler
Für die Temperierung im thermostateigenen Bad reicht im allgemeinen ein herkömmlicher PID-Regler aus. Die erweiterte PID-Regelung für Applikationen mit stabilen externen Temperiersystemen eignet sich besonders.
Komplexe externe Temperieraufgaben wie die Kontrolle von Laborreaktoren mit exothermen oder endothermen Reaktionen oder anderen Systemen mit stark variierenden Temperatureinflüssen können nur durch Einsatz von echter Fuzzy-Logik schnell und effektiv erledigt werden. Diese Regelungstechnik erlaubt es, praktisch alle Temperierproblematiken im Labor, Technikum und in der Produktion zu lösen.
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