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Herausforderung für ERP-Systeme

GMP-konforme SAP R/3-Einführung und Validierung in der blutplasmaverarbeitenden Industrie
Herausforderung für ERP-Systeme

Die Pharmaindustrie stellt hohe Anforderungen an die qualitätsbeeinflussenden Prozesse eines ERP-Systems, was in noch höherem Maße auf plasmaverarbeitende Unternehmen wie die PVG zutrifft. Der Herstellungsprozess erstreckt sich über mehrere Stufen, die im ERP-System von der Plasmaspende bis zum Endprodukt transparent abgebildet werden müssen.

Christoph Stalter

Die Plasmaverarbeitungsgesellschaft mbH (PVG) in Springe ist eine Tochter des Deutschen Roten Kreuzes. Gegenstand des mittelständischen Unternehmens ist die Verarbeitung von humanem Blutplasma zu Plasmaprodukten. Jährlich werden ca. 500 000 l Blutplasma fraktioniert und zu den Endprodukten Albumin und PPSB sowie zu diversen Zwischenprodukten verarbeitet. Nachdem sich das Unternehmen für den Einsatz von SAP R/3 entschieden hatte, stellte sich die Frage, wie ein auf die Bedürfnisse der PVG – speziell GMP-Konformität – abgestimmtes Einführungs- und Validierungsprojekt umzusetzen wäre. Im besonderen Blickpunk standen dabei die qualitätsbeeinflussenden Prozesse des ERP-Systems. Der mehrstufige Herstellungsprozess musste im ERP-System transparent abgebildet werden. Diese Transparenz bezieht sich insbesondere auf Herstellbedingungen, Qualitätskontrollen und die Chargenrückverfolgung vom Endprodukt bis zur einzelnen Plasmaspende. Auch das Chargentracing bottom up von der Plasmaspende bis hin zu den verkaufsfähigen Produkten bzw. Kunden muss jederzeit abrufbar sein. Die einzelnen Produktionsstufen sind sehr unterschiedlich und müssen in einem von Behörden fest vorgegebenen Zeitraum abgeschlossen werden. Das ERP-System muss die Kuppelproduktion sowie Nebenausbeuten abdecken und qualitätsrelevante Daten über die einzelnen Produktionsstufen hinweg vererben. In dieser Hinsicht erfordern der Produktionsprozess, die Lagerhaltung, die Qualitätskontrolle und der Vertrieb von Blutprodukten eine lückenlose Dokumentation.
Entscheidung für SAP R/3
Die Entscheidung fiel laut Aussage von Herrn Marklof, Leiter der DV-Abteilung bei der PVG, auf die Standardsoftware SAP R/3, da mit diesem Produkt zum einen eine weitgehende Integration der betriebswirtschaftlichen Prozesse ermöglicht wird und zum anderen mit der Branchenlösung für die Prozessindustrie auch einige wichtige GMP-Anforderungen abgedeckt werden können. Darüber hinaus ist mit SAP R/3 die Integration in die Prozessleitebene als Option für die Zukunft gegeben.
Die erste Stufe beinhaltete die Einführung der Module für Finanzbuchhaltung (FI), Controlling (CO) und Einkauf (MM). Die Abbildung der logistischen Prozesse in SAP R/3 war Bestandteil der zweiten Stufe.
Der Annex 11 der EG GMP-Richtlinien und das deutsche Arzneimittelgesetz fordern für die Qualitätssicherung im GMP-relevanten Umfeld eine Systemvalidierung. Es ist der Nachweis zu erbringen, dass die Software die in der Benutzerspezifikation definierten Ergebnisse liefert. Die Validierung computergestützter Systeme ist für Unternehmen der Pharmabranche von zentraler Bedeutung und rückt immer öfter in das Blickfeld behördlicher Inspektionen. Die hohe Komplexität der SAP R/3-Software und die firmen- und standortübergreifende Vernetzung der Systeme stellt hohe Anforderungen an Unternehmen und Mitarbeiter, wobei der Grundstein für eine sichere Validierung von SAP R/3 bereits im Einführungsprojekt gelegt wird. Computervalidierung und R/3-Einführung müssen als Teile eines gemeinsamen Projekts betrachtet werden. Nur so lassen sich höhere Kosten, geringere Effizienz und damit mangelnde Akzeptanz bei Projektteam und Anwendern vermeiden.
Mit externer Hilfe
Die Probleme, die solch komplexe Projekte wie die Einführung von SAP R/3 in einem pharmazeutischen Unternehmen und die Validierung der qualitätsrelevanten Softwarekomponenten zwangsläufig mit sich bringen, wurden mit großem internen Engagement und der kompetenten Unterstützung durch einen geeigneten Beratungspartners bewältigt. Wichtig waren neben der Qualität der realisierten Lösung auch die Einhaltung des Kostenrahmens und der Termine.
Nach Einführung der Module für Finanzbuchhaltung, Controlling und Einkauf erfolgte die Umsetzung der logistischen Prozesse (Module PP-PI, MM, SD, QM). Bei der Abbildung spezieller Anforderungen wie Look-Back-Fälle (Chargenrückverfolgung vom Fertigartikel bis zum Spender und umgekehrt) oder Kuppelproduktion waren die Erfahrungen der Berater außerordentlich hilfreich. Branchenspezifische Konzepte für eine weitreichende Anwendung der Chargenklassifizierung und ein GMP-konformes Berechtigungskonzept konnten mit geringem Aufwand an die Belange der PVG angepasst werden.
Bei der Validierung der Prozesse war insbesondere die strukturierte, prozessorientierte und pragmatische Vorgehensweise eine große Hilfe. Basis für die Durchführung bildeten speziell für die Belange der Validierung nach GMP entwickelte Referenzmodelle, SOPs und Templates des Beratungshauses. Dank umfangreicher Tests und Schulungen verlief schon die erste Phase des Produktivbetriebs ohne große Zwischenfälle. Die bisherige Erfahrung im validen Systembetrieb haben die Praktikabilität und Sicherheit des Validierungskonzepts belegt.
Applikationsbetreuung erwünscht
Heute verfügt die PVG über ein Anwendungssystem, das die Anforderungen in hohem Maße abdeckt und eine Basis für die zukünftigen Entwicklungen, z.B. Integration der Prozessleitebene, darstellt. Die Betreuung und Weiterentwicklung dieses ERP-Systems stellt für ein mittelständisches Unternehmen eine große Herausforderung dar. Aufgrund der guten Erfahrungen, die man während der Einführungsphase gesammelt hat, möchte man auch zukünftig auf die Mitarbeit des Beratungshauses bauen. Dies betrifft insbesondere die Konzeption neuer Prozesse, das Customizing, anfallende Programmiertätigkeiten und das Trouble-Shooting bei Systemfehlern. Auch im Bereich der Validierung setzt man weiterhin auf die kompetente Unterstützung des Beratungshauses. Dies schließt die systemspezifische Pflege (Korrekturen, Releasewechsel, usw.) der R/3-Geschäftsprozesse in der Logistik mit ein und garantiert über den gesamten Life-Cycle ein validiertes, auf die Geschäftsprozesse des Unternehmens zugeschnittenes System.
Die Entscheidung für eine Applikationsbetreuung über den System-Life-Cycle hat für die PVG den Vorteil, dass kein internes Know-how für die Betreuung und Validierung GMP-kritischer SAP R/3-Prozesse aufgebaut werden muss. Dadurch verringern sich die Fixkosten und der Arbeitsaufwand für die Mitarbeiter in Datenverarbeitung und Qualitätsmanagement erheblich.
Darüber hinaus ist geplant, die komplette Systemdokumentation mittels des Validation Servers abzubilden. Diese vom Beratungshaus eigenentwickelte Softwarelösung enthält speziell auf GxP-Belange zugeschnittene Referenzmodelle, den Validation Master Plan, alle erforderlichen SOPs, Checklisten für die Risikoanalyse, Dokumentvorlagen sowie Testpläne. Vorgehensmodelle für die prospektive und retrospektive SAP R/3-Validierung sowie für die Revalidierung im Rahmen von Release-Wechseln oder funktionalen Erweiterungen garantieren dem Anwender eine lückenlose Handlungsanleitung.
Sämtliche im Rahmen der Validierung erstellte Dokumente oder bereits vorhandene Validierungsergebnisse können somit GMP-konform, inklusive Versionierung und Dokumentenhistorie, verwaltet, gepflegt und medienunabhängig bereitgestellt werden. Eine Schnittstelle zu dem computergestützten Testtool der SAP (CATT) erlaubt das automatische Testen von Geschäftsprozessen direkt aus dem Validation Server. Die im CATT-Ablauf ermittelten Ergebnisse werden an den Validation Server übertragen und archiviert. Im Falle eines Audits stehen damit alle GMP-relevanten Dokumente in der jeweils aktuellen Version zur Verfügung. Mit dem „Validation Server“ lassen sich Kosten und Zeitaufwand der Validierung langfristig deutlich senken.
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