Startseite » Chemie »

Im Käfig gefangen

Molekulare Verkapselung minimiert die gefährlichen Eigenschaften von Aminen
Im Käfig gefangen

Sicherheit in der Chemie ist nicht erst seit Inkrafttreten der EU-Verordnung Reach in aller Munde. Schäfer-Additivsysteme beschäftigt sich mit der Verbesserung der Sicherheit im Umgang mit Aminen. Das Unternehmen hat mit der Verclusterung von Aminen ein Verfahren entwickelt, das den Umgang in Produktionsprozessen deutlich erleichtert. Die Organo-Zink-Cluster fixieren die Amine reversibel und eröffnen so zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten.

Dr. Volker Schäfer

In der metallorganischen Chemie ist die Bildung von Zink-Clustern nichts Neues. Auch die Tatsache, dass Zink-Koordinationsverbindungen Hohlräume aufweisen können, in denen Sauerstoff koordinativ gebunden sein kann, ist seit langem bekannt. Warum sollte der Sauerstoff in den Zink-Clustern nicht auch durch andere Atome oder Moleküle zu ersetzen sein? Aus dieser Fragestellung heraus resultierte die Aufgabenstellung, geeignete Zink-Cluster zu finden bzw. zu entwickeln, die in der Lage sind, auch Amine reversibel zu binden. Erreicht wurde dies durch den Einsatz hochmolekularer ungefährlicher organischer Zinkverbindungen, die mithilfe spezieller Katalysatoren in der Lage sind, die Amine in ihren Hohlräumen schon bei Raumtemperatur einzubauen.
Dieses Verfahren hat verschiedene Vorteile: Durch die Verkapselung verschwinden einige sehr störende oder gefährliche Eigenschaften der Amine. So ist zum Beispiel der Dampfdruck des im Käfig gebundenen Amins wesentlich kleiner als der des freien Amins. Die Folge ist ein deutlich reduziertes toxikologisches Potenzial der Verbindungen. Der vielen Aminen eigene, typische Fischgeruch, der in der täglichen Arbeit sehr lästig bis belastend ist, verschwindet durch die Verkapselung vollständig. Mit dieser Maßnahme erhöht sich die Arbeitssicherheit im Umgang mit den Substanzen erheblich. Durch die besonderen Bindungsverhältnisse der Amine in den Zink-Clustern lassen sich diese jederzeit wieder freisetzen, beispielsweise durch einfache Temperaturerhöhung. Danach zeigen die Amine wieder ihre typischen und spezifischen Eigenschaften.
Verbesserte Arbeitshygiene
Die Verkapselung von Aminen bietet eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise bei der Herstellung von technischen Gummiartikeln. Derzeit basiert ein großer Teil der Vulkanisationsmittel, die in der Kautschuk verarbeitenden Industrie eingesetzt werden, auf sekundären Aminen, die gesundheitsgefährdende und umweltbelastende Eigenschaften aufweisen. Gesundheitsgefährdend wirken vor allem Vulkanisationsbeschleuniger aus der Gruppe der Dithiocarbamate und Thiurame. Während der Vulkanisation können als kanzerogen bekannte Nitrosamine entstehen. Bislang ist es nicht in allen Anwendungen gelungen, die für den Vulkanisierungsvorgang wichtigen Additive durch gleichwertige, weniger gesundheitsschädliche Katalysatoren zu ersetzen. Im Metallkäfig verpackte primäre Amine, von denen bekannt ist, dass sie keine Nitrosamine bilden können, werden bereits erfolgreich in ersten Anwendungen eingesetzt.
Wo momentan aufwendige Schutzmaßnahmen ergriffen werden, die das Gesundheitsrisiko der Menschen in der Produktion minimieren, kann jetzt mit dem Einsatz verkapselter primärer Amine die Nitrosamin-Bildung verhindert und damit die Arbeitshygiene weiter verbessert und die Sicherheit erhöht werden. Gleichzeitig eröffnet diese Technologie aber auch die Möglichkeit, weitere, neue Vulkanisationsmittel auf Basis primärer Amine für die Gummiindustrie zu entwickeln.
Säurefänger in Ölen
Auch in der Klebstoffindustrie ist der Einsatz zur Verbesserung der Arbeitshygiene denkbar: Epoxidhärter, die die Polymerisation von Epoxiden (Harzen) initiieren, basieren vorwiegend auf Aminen. Dies sind häufig giftige und ätzende Stoffe, die auch Allergien auslösen können. Denkbar wäre hier der Einsatz von verkapselten Härtersystemen, die das Amin erst bei höherer Temperatur, zum Beispiel bei der Heißverklebung, freisetzen. Zu diesem Anwendungsgebiet laufen derzeitig erfolgversprechende Versuche.
Ein ebenfalls interessantes Anwendungsgebiet verkapselter Amine ist die Schmierstoffindustrie. Neben dem erhöhten Sicherheitsaspekt wird hier die Eigenschaft ausgenutzt, dass wasserlösliche Amine durch die Verkapselung im Käfig öllöslich werden. Dadurch können sie als Säurefänger in Ölen eingesetzt werden. Die säurefangenden Zink-Cluster sind dabei in der Lage, die infolge von Alterungsprozessen gebildeten Säuren im Öl zu neutralisieren und damit Metallteile vor Korrosion zu schützen. Gleichzeitig werden Ablagerungen ölunlöslicher Verbindungen durch Dispergierung verhindert. Amin-Cluster eignen sich besonders zur Stabilisierung von pflanzlichen Schmierstoffen, die bekanntermaßen besonders oxidationsanfällig sind und korrodierende Wirkungen entfalten.
Die Vermeidung der Geruchsprobleme durch die Nanoverkapselung von Aminen eröffnet weitere Anwendungsbereiche: Flüchtige Amine zeigen in der Verarbeitung einen ausgeprägten und störenden Fischgeruch. Dieser Geruch verschwindet durch den Einsatz von Organo-Zink-Clustern gänzlich. Der Umgang mit Aminen in der Herstellung wird damit nicht nur angenehmer, sondern ermöglicht erst den Einsatz von aminhaltigen Alterungsschutzmitteln in besonders geruchsproblematischen Anwendungen wie zum Beispiel Klebstoffen oder Duftölen. Diese Produkte bleiben dadurch wesentlich länger haltbar und bedeuten damit eine Kostensenkung für den Hersteller und Verbraucher.
Dies sind nur einige Anwendungsfelder, die sich durch die Möglichkeit der Verpackung von Aminen in Organo-Zink-Clustern eröffnen. Hinsichtlich steigender Sicherheitsanforderungen in der chemischen Produktion kann davon ausgegangen werden, dass solche technologische Ansätze langfristig verstärkt eingesetzt werden.
cav 426

Hier finden Sie weitere interessante Produkte
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de