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Individualisten sind gefragt

Gas-Feststoff-Reaktionen in der mechanisch generierten Wirbelschicht
Individualisten sind gefragt

Das Spektrum von Gas-Feststoff-Reaktionen in der Reaktionstechnik ist groß. Das gilt umso mehr für heterogene Synthesen, wie sie die moderne Chemie- produktion zunehmend erfordert. Wichtig sind deshalb maßgeschneiderte und anwendungsspezifisch konzipierte Reaktorlösungen. Denn bereits kleine verfahrenstechnische Details entscheiden über die Qualität von Prozess und Produkt.

Autor Dr. Frank Spranzel Vertrieb Mixing and Reacting Technologies, Lödige

Die Vielfalt von chemischen Gas-Feststoff-Reaktionen ist so groß wie die Zahl technischer Gase. Die kontrollierte Durchführung von chemischen Reaktionen ist dabei schon lange nicht mehr auf homogene, einphasige Systeme beschränkt. Vielmehr dominieren heute heterogene Synthesen, ggf. unter Einsatz von Katalysatoren.
In jedem Fall sind Anwendungsmöglichkeiten von Reaktionen mit gasförmigen Reaktanden in der chemischen Industrie weit gefächert: So nutzen viele Reaktionsprozesse beispielsweise Kohlendioxidgas oder Trockeneis. Die Carboxy-lierung zur Darstellung von Carbonsäuren etwa basiert auf dem Umsatz von Organometallverbindungen mit Kohlendioxid, bekannt als Grignard-Reaktionen. Ebenso durchgeführt wird die Umsetzung von Kohlendioxid mit Phenolaten, aus der Salicylsäurederivate entstehen (bekannt als Kolbe-Schmitt-Reaktion – eine Reaktionsstufe in der Synthese von Aspirin). Und auch Ammoniakgas, ein Grundprodukt der chemischen Industrie, stellt die Basis für viele Synthesen dar, beispielsweise in der Düngemittelindustrie. Weitere weitverbreitete Beispiele für Prozesse in Reaktoren sind Oxidationen mit reinem Sauerstoff oder einem Sauerstoff-Ozongemisch, beispielsweise zur Entkeimung oder Bleiche. Ebenso möglich sind Prozesse mit leicht siedenden Flüssigkeiten, wie Ethylenoxid oder Propylenoxid, und hohem Dampfdruck (im Grenzbereich zur Gasphase). Methylchlorid findet als Methylierungsreagenz häufig Anwendung in der organischen Chemie. Und Dimethylamin wird in vielen Industriebereichen zur Einführung von Dimethylamino-Gruppen verwendet.
Alle diese chemischen Prozesse finden in Reaktoren statt. Doch welcher Prozess lässt sich in welchem Reaktor optimal realisieren? Die Antwort auf diese Frage ist natürlich erfolgsentscheidend. Denn welche verfahrenstechnische Lösung für die jeweilige Aufgabe am sinnvollsten ist, darüber entscheidet das Detail. Die Antwort lautet deshalb: maßgeschneiderte Reaktorlösungen.
Prozesstechnische Aufgabe
Speziell für die Reaktionen von Gasen mit Feststoffen, also zum Beispiel für die bereits genannten Prozesse, stehen drei Anlagentypen zur Auswahl. Das sind Drehrohröfen, Festbettreaktoren und Wirbelschichtreaktoren, etwa die Druvatherm-Wirbelschichtreaktoren von Lödige. Die Reaktortypen unterscheiden sich in den jeweiligen thermodynamischen und kinetischen Reaktionsführungen. Die Differenz zwischen den drei Varianten liegt also in erster Linie in der Art der Strömungsführung: So nutzen Drehrohröfen ein vom Gas überströmtes Feststoffbett. Festbettreaktoren arbeiten dagegen mit einem durchströmten Feststoffbett. In Wirbelschichtreaktoren wird das Feststoffbett während des Reaktionsprozesses intensiv bewegt.
Ein solcher Wirbelschichtreaktor ist die komplexe Sonderform eines Mischers. Für die optimale Konzeption eines Wirbelschichtreaktors, wie er in der chemischen Industrie zum Einsatz kommt, gilt es, die jeweiligen Anforderungen an den für das Produkt erforderlichen Mischprozess im Reaktor exakt zu analysieren. Im Planungsprozess bedeutet das konkret: Auftraggeber und Maschinenbauer erarbeiten gemeinsam den Prozess, um ein Optimum bezüglich Reaktions- und Maschinentechnik zu erzielen.
Maßgeschneiderte Reaktortypen
Für die anwendungsspezifischen Anforderungen bei Gas-Feststoff-Reaktionen bestehen umfangreiche technische Möglichkeiten. Das breit gefächerte Portfolio an Druvatherm-Wirbelschichtreaktoren bietet hierfür passgenaue Lösungen. Diese reichen von einfachen Feststoffmischern über Trocknungssysteme bis hin zum Druckbehälter für Reaktionen unter Überdruck. In der Praxis verwirklichte Lödige bereits Betriebsüberdrücke von bis zu 40 bar im Reaktor. Die Reaktorgrößen variieren vom kleinen Laborgerät mit 5 l Trommelinhalt bis hin zu Produktionsmaschinen mit mehr als 50 000 l Volumen.
Einsetzbar sind diese Geräte sowohl für den Batchbetrieb als auch für kontinuierliche Produktionslinien. Die Feststoffpartikel bewegen sich in diesen Reaktoren in einer mechanisch in der Trommel generierten Wirbelschicht. Sie wird durch den Eintrag von Energie über ein mit Mischelementen bestücktes, horizontal angeordnetes Schleuderwerk erzeugt. Über ein Wärmeträgermedium – wie Wasser, Dampf, Thermoöl oder Salzschmelze – wird thermische Energie zu- oder abgeführt. Mittels elektrischer Beheizung werden Temperaturbereiche bis +700 °C erreicht. Mit einem Doppelmantel ausgestattete Mischtrommeln erzielen hohe Wärmeübergangszahlen. Das Schleuderwerk kann optional mit in den Heiz- oder Kühlkreislauf einbezogen werden. Zusätzliche schnell rotierende Messer im Reaktionsraum bringen Scherung in das Produkt und eröffnen weitere verfahrenstechnische Möglichkeiten. Das Anlegen eines Vakuums oder der Einsatz von Schleppgas erweitert das Leistungsspektrum der Lödige-Wirbelschichtreaktoren um Trocknungssysteme, sogenannte Schaufeltrockner. Die Auswahl der jeweiligen Werkstoffqualitäten sowie von Mischelementen und Dichtungstechnik erfolgt immer individuell auf den Prozess abgestimmt.
Reaktionen im Wirbelschichtreaktor
Mit der beschriebenen Mischtechnik im Wirbelschichtreaktor lassen sich Reaktionen in mehrphasigen Systemen (fest-flüssig-gasförmig) mit sehr guten Resultaten durchführen. In der mechanisch erzeugten Wirbelschicht herrschen homogene Wärme- und Konzentrationsverteilungen. Dies ist insofern von Bedeutung, als Temperaturgradienten, also inhomogene Temperaturprofile, geschwindigkeitsbestimmende Teilschritte der Reaktionen (Stofftransport, Diffusion) limitierend beeinflussen würden. Für die Gas-Feststoff-Reaktionen bestehen zwei Optionen: Erstens kann man das Wirbelbett mit dem Reaktionsgas durchströmen. Oder aber der Reaktor wird – zweitens – mit der entsprechenden stöchiometrischen Menge befüllt und die Reaktion damit im geschlossenen System unter Druck und Temperatur durchgeführt. Letztere Verfahrensweise wirkt sich natürlich entsprechend positiv auf die Reaktionskinetik aus.
Die Wirbelschichtreaktoren bieten somit vielfältige Möglichkeiten in der variablen Flüssigkeits- und Gasdosierung mit entsprechender Reaktionsführung. Parameter wie Überdruck, Temperaturkontrolle über Doppelmantel und Kühler oder Nachtrocknung unter Vakuum lassen sich präzise steuern. Damit sind entsprechende Reaktoren besonders zur Durchführung von sogenannten Eintopfreaktionen geeignet. Ebenso ist aber auch ein fortwährender Gasstrom durch die Feststoffwirbelschicht eines kontinuierlich betriebenen Reaktors denkbar.
Fazit
Gas-Feststoff-Reaktionen, wie sie in der chemischen Industrie an der Tagesordnung sind, stellen prozesstechnisch komplexe Anforderungen. Für die optimale anwendungsspezifische Umsetzung steht ein breites Spektrum an geeigneten Reaktoren zur Verfügung. Entscheidend ist dabei, dass aus diesem Portfolio die optimale Lösung ausgewählt wird. Letztendlich bestimmen die verfahrenstechnischen Details, welcher Maschinentyp geeignet ist.
Halle 5, Stand 222
prozesstechnik-online.de/cav0914423
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