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Betreibermodelle im digitalen Zeitalter

Industrie 4.0 und Klimaschutz schaffen neue Möglichkeiten
Betreibermodelle im digitalen Zeitalter

Viele Unternehmen verkaufen nicht mehr ihre Produkte, sie bieten deren Leistungen als Service an. Das Stichwort heißt: Betreibermodell. So zahlen z. B. Autohersteller den Ausrüstern nicht mehr die Maschinen, sondern die hergestellten, fehlerlosen Komponenten. Und auch in der Chemieindustrie spielen Betreibermodelle eine immer größere Rolle im Rahmen der Unternehmensstrategie. Im digitalen Zeitalter und in Zeiten der Industrie 4.0 stellen Betreibermodelle eine besondere Chance dar.

Früher waren die Dinge klar: Ein Unternehmen produzierte eine Ware und verkaufte diese an ihre Kunden. Doch dieses klassische Geschäftsmodell hat in vielen Bereichen schon seit einiger Zeit Konkurrenz in Form des Betreibermodells bekommen. Im Rahmen von Betreibermodellen bleibt das Produkt das Eigentum des Herstellers oder des Entwicklers und wird gegen Zahlung ähnlich einer Dienstleistung lediglich für die Nutzung oder für ein festgeschriebenes Ergebnis zur Verfügung gestellt.

Klassische Betreibermodelle

Ein klassisches Beispiel für ein Betreibermodell ist das Leasing von Dienstwagen und Nutzfahrzeugen für den Fuhrpark eines Unternehmens. Das Unternehmen least die Autos bei einem Flottenmanagement-Anbieter. Der Anbieter bleibt im Besitz der Fahrzeuge und sorgt für die Instandhaltung.

Weitere bekannte Arten von Betreibermodellen neben dem Leasing sind:

  • Public Private Partnership (PPP): Im Rahmen dieses Betreibermodells übernehmen Unternehmen aus der Privatwirtschaft Leistungen, die eigentlich eine öffentliche Einrichtung erbringen soll. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Entsorgungsunternehmen mit der Müllentsorgung einer Gemeinde beauftragt wird.
  • Managed Services: Diese Form des Betreibermodells betrifft vor allem den IT-Bereich. Der Entwickler stellt sein System seinen Kunden bereit und übernimmt dabei den Betrieb der Infrastruktur. Damit bleiben sowohl Hard- als auch Software in seinem Besitz und Kunde und Anbieter schließen ein sogenanntes Service Level Agreement (SLA). Im Rahmen des Service Level Agreements werden Umfang und Qualität der Leistungen detailliert festgelegt.

Mit komplexer werdenden Zusammenhängen, wachsenden regulatorischen Anforderungen, der Digitalisierung und Industrie 4.0 entstehen aktuell immer neue und komplexere Betreibermodelle, die über die inzwischen fast schon klassischen Betreibermodelle wie das Leasing hinausgehen.

Moderne Betreibermodelle am Beispiel von Multi-User-Standorten

Ein Multi-User-Standort ist ein Lager-, Industrie- oder Produktionszentrum, an einem strategisch günstigen Platz, das von mehreren Unternehmen gleichzeitig genutzt werden kann. Beispiele für Multi-User-Standorte in der Chemieindustrie sind die Chemieparks Leuna und Knapsack, in denen verschiedene Produktionsunternehmen ansässig sind. Dabei kümmern sich eine Betreibergesellschaft und unterschiedliche Dienstleister um eine passende Infrastruktur und Flächen, Gebäude, sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen. Durch diese Zusammenfassung können große Kostenvorteile entstehen, Technik und Mitarbeitende werden effizienter eingesetzt, der Managementaufwand wird reduziert. Das ursprüngliche Stammunternehmen des Standorts wird zum „Gastgeber“, zum Dienstleister, der eine Infrastruktur und Technik zur Verfügung stellt, die gemeinsam genutzt werden kann. So konnten aus ehemaligen Chemiewerken einzelner Unternehmen Standorte mit zum Teil über 100 Nutzern werden. Die Landschaft der Chemieindustrie hat sich verändert und wird sich weiter verändern. Und damit auch die Herausforderungen und Geschäftsmodelle.

Betreibermodell muss zum Standort passen

Unternehmen, die Betreibermodelle nutzen, müssen regelmäßig prüfen, ob die genutzten Betreibermodelle noch ins Konzept passen. So können Anpassungen oder Änderungen notwendig werden – beispielsweise, wenn ein Unternehmen in einen Multi-User-Standort übergeht.

Dabei muss die Verantwortung für den Betrieb schon von Rechtswegen in einer Hand liegen und die Rollen von Betreiber, Eigentümer und Nutzer sollten eindeutig identifiziert werden – wobei es hierbei Überschneidungen geben kann und der Betreiber beispielsweise gleichzeitig Eigentümer sein kann. Zudem muss das Betreibermodell zu den Anforderungen des Standortes und der ansässigen Unternehmen passen. So kann der Standort von einem Unternehmen mit eigenen Fachabteilungen betrieben werden. Denkbar ist auch, dass Aufgaben ganz oder teilweise an Dienstleister übertragen werden. Oder die Nutzer der Standorte betreiben eigene Strukturen. Dabei hängt das genaue Betreibermodell des Standorts nicht zuletzt von Faktoren wie Unternehmensgröße und Komplexität der Strukturen ab.

Vorteile von Betreibermodellen

Vorteile bietet das Betreibermodell sowohl für den Anbieter als auch für den Nutzer. Der Anbieter kann mit innovativen Betreibermodellen neue Kunden gewinnen und sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren. Er behält die Hoheit über sein Produkt bzw. über seine Entwicklung und kann einen dauerhaften Umsatz generieren, da das Modell in der Regel mit einer langfristigen Kundenbindung einhergeht. Zudem ist die Konkurrenz bei Betreibermodellen in vielen Fällen überschaubar.

Die Nutzer profitieren davon, sich um viele Dinge nicht mehr selbst kümmern zu müssen. So benötigen sie weniger Fachwissen rund um das Produkt, da in der Regel viele Serviceleistungen wie Planung, Installation und Instandhaltung im Betreibermodell inkludiert sind. Zudem müssen sie das Produkt nicht erwerben und das bewirkt eine Schonung der Capex, der Investitionsanlagen in langfristige Anlagegüter. Die operativen Kosten sind gut planbar und die Finanzierung ist mittels relativ geringer Fixkosten möglich. Ausgaben werden über mehrere Monate oder auch Jahre gestreckt und hohe Anschaffungskosten entfallen.

Die Nutzung eines Betreibermodells eignet sich vor allem für Produkte, die über viele Jahre zum Einsatz kommen und bei denen Anschaffung, Produktion und Betrieb aufwendig und kostenintensiv sind.

Ausbau und Anpassung von Betreibermodellen im Zusammenhang mit der Industrie 4.0

Zwischen der Industrie 4.0 und innovativen Dienstleistungsangeboten bzw. Betreibermodellen besteht eine enge Wechselbeziehung. Dies ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass eine vermehrte und verbesserte Verfügbarkeit von Industriedaten und die Analyse dieser Daten überhaupt erst eine Voraussetzung für zahlreiche darauf aufbauende Dienstleistungen bilden.

Zudem hat die Industrie 4.0 Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette. Viele produzierende Unternehmen sehen sich im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung einer enger werdenden Integration von Kunden und Lieferanten gegenüber. Es wird mehr Transparenz erwartet und zugleich gewinnen die Unternehmen mehr Wissen über ihre Auftraggeber und Auftragnehmer. Diese intensivierten Kontakte schaffen neue Möglichkeiten für Dienstleistungsinnovationen und Betreibermodelle. Es kann beispielsweise dazu kommen, dass bestimmte Schritte innerhalb der Wertschöpfungskette wegfallen oder Prozesse wie die Softwareerstellung internalisiert werden. Zudem können neue Intermediäre, wie Plattformen hinzukommen, die von Unternehmen innerhalb oder außerhalb der Wertschöpfungskette bereitgestellt werden. Denkbar sind beispielsweise Internet-Plattformen zum Verbrauch ungenutzter Maschinenzeiten im Rahmen eines Betreibermodells.

Ein Großteil der Unternehmen nutzt einer Umfrage von Bitkom Research zufolge bereits Anwendungen für Industrie 4.0 oder plant den Einsatz spezieller Anwendungen für Industrie 4.0. Die moderne Industrie ist dabei eng verwoben mit innovativen Betreibermodellen.

Zahlreiche Unternehmen sehen Betreibermodelle mittlerweile als Bestandteil ihrer Strategie in Bezug auf die Industrie 4.0 und ihres Gesamtangebots und/oder entwickeln innovative Leistungen, die auf dem Hauptprodukt basieren.

Nutzung von Betreibermodellen im Rahmen des Klimaschutzes

Klimaneutralität ist ein großes Ziel zum Wohle aller. Auch hier können Betreibermodelle einen Beitrag leisten – allein schon durch das gemeinsame Nutzen von Ressourcen im industriellen Bereich. Oft mangelt es jedoch noch an erprobten Modellen oder aktuelle Gesetzgebungen hemmen die Entwicklung.

Es zeichnet sich ab: Betreibermodelle sind zukunftsträchtig und können nicht nur an moderne Anforderungen, wie sie durch die Industrie 4.0 und Klimaschutz entstehen, angepasst werden, sondern die Entwicklungen maßgeblich vorantreiben.

www.prozesstechnik-online.de

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