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Chemie 4.0 für KMU

Wie auch kleine und mittlere Unternehmen Datenanalysen erfolgreich nutzen können
Chemie 4.0 für KMU

Chemie 4.0 für KMU
Datenanalysen – es kommt weit mehr auf die Qualität und Varianz der Daten an als auf die Menge Bild: KIT
Die Digitalisierung hat auch in der Chemieindustrie längst Einzug gehalten. Während Chemie 4.0 und Co. für die Großen der Branche längst zum Alltag gehören, stehen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oft noch hintenan. Vielen mangelt es an internem Know-how und Ressourcen, um Digitalisierungsvorhaben in Angriff zu nehmen. Dass sie derartige Hürden schneller als gedacht überwinden können, zeigt die Dr. Hartmann Chemietechnik GmbH & Co. KG.

Das Zeitalter bringt es mit sich: Datenanalysen jeder Art. Während große Unternehmen längst tagtäglich von ihnen profitieren, bleiben sie für viele KMU der Branche weiter Wunschdenken. Etliche von ihnen versuchen gar nicht erst, einen Zugang zu finden – in dem Glauben, das eigene Datenvolumen sei nicht groß genug, um erfolgreiche Datenanalyseprojekte umzusetzen. Dabei kommt es weit mehr auf die Qualität und Varianz der Daten an als auf die Menge; selbst wenn der Terminus Big Data anderes suggerieren mag. Fakt ist: Lassen sich in den vorhandenen Daten Muster oder Verbindungen erkennen, können auch geringere Mengen von ihnen wertvolle Erkenntnisse für Prozessoptimierungen liefern. Bei Smart-Data-Analysen dreht es sich deshalb nicht nur um die mittels IT erfassten Datenmengen, sondern insbesondere auch um die Zusammenführung mit weiteren Informationen (wie beispielsweise die Erfahrungswerte von Technikern oder die Materialbeschaffenheit).

Externe Unterstützung für KMU

Die Krux: Die interne Einschätzung, ob, wann und wie sich Big-/Smart-Data-Technologien für sie lohnen, fällt KMU oft schwer. In den Bundesländern existieren mittlerweile jedoch zahlreiche Initiativen, Förderprogramme und Kompetenzzentren, die unterstützen und den ansässigen Unternehmen Standortvorteile bieten können.

Ein Beispiel aus dem Süden Deutschlands: das Smart Data Solution Center Baden-Württemberg (SDSC-BW). 2014 von der Sicos BW GmbH und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gestartet, berät es KMU neutral und unabhängig zu Smart-Data-Technologien – mit finanzieller Unterstützung durch das Landesministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Das Expertenteam des SDSC-BW bietet ratsuchenden KMU insbesondere eine kostenfreie Potentialanalyse. Diese ermöglicht ihnen einen ersten Einblick in die Welt der Datenanalyse. Im Kontext ihrer eigenen Daten lernen sie erste Smart-Data-Technologien kennen und können anschließend besser einschätzen, wie sich Big und Smart Data auch in ihrem Unternehmensumfeld einsetzen lassen. So geschehen bei der Dr. Hartmann Chemietechnik GmbH & Co. KG (Dr. Hartmann).

Projektbeispiel Dr. Hartmann

Dr. Hartmann kümmert sich seit 1932 um die Prozesswassersysteme der Kunden. Das Unternehmen aus Vaihingen an der Enz fertigt dabei selbst chemische Spezialprodukte zur Prozesswasserbehandlung sowie darauf abgestimmte Anlagentechnik. Der Service rund um die Überwachung und Wartung des Prozesswassers komplettiert das Angebot des Mittelständlers.

Das Unternehmen weiß: Ein reibungsloser Ablauf komplexer Prozesswassersysteme ist die Voraussetzung für einen funktionierenden Kühlprozess. Dabei sind unterschiedliche Größen und Messwerte ausschlaggebend, wie der pH-Wert, der Redox-Wert oder die Leitfähigkeit des Systemwassers. Um diese Werte zu überwachen, müssen unterschiedlichste Sensoren relevante Daten erfassen und zur Verfügung stellen. Für die Auswertungen setzt Dr. Hartmann auf das Fachwissen seiner Ingenieure. Um diesen Experten die notwendigen Informationen für eine effiziente Prozessanalyse und Überwachung zu liefern, sind Datenerhebungen innerhalb des Prozesswassersystems erforderlich.

Ziel der kostenlosen Potenzialanalyse mit dem SDSC-BW war, die Ingenieure bei ihrer Auswertung besser zu unterstützen. Der Fokus lag dabei nicht nur auf den qualitativen Aspekten, sondern insbesondere auch darauf, Vorhersagen zu ermöglichen. Das Team lotete aus, ob und wie man aus den bisher gewonnenen Daten Prognosen ableiten kann, wann ein kritischer Grenzwert über- oder unterschritten wird.

Die Experten des SDSC-BW betrachteten alle bereitgestellten Sensormesswerte aus dem SPS-System (Speicherprogrammierbare Steuerung) des Unternehmens. Zur Verfügung standen hierfür Daten aus der Prozesswasserüberwachung über einem Zeitraum von zwölf Monaten. Die Potenzialanalyse konzentrierte sich in erster Linie darauf, mögliche Korrelationen zwischen unterschiedlichen Sensoren und Störungen (wie zum Beispiel Grenzwertverletzungen der Messwerte) zu identifizieren. Anschließend entwickelte das Team zwei unterschiedliche Prädiktionsmodelle, um auf der einen Seite den Verlauf der relevanten Sensormesswerte vorherzusagen und auf der anderen Seite die potenziellen Störungen frühzeitig zu erkennen.

Auf Basis von Smart-Data-Methoden entwickelten die Experten letztlich einen Ansatz, der sowohl langfristige als auch kurzfristige Merkmale der Sensordaten für die Zeitreihe-Prädiktion nutzbar macht. Zusätzlich kann ein erweiterter Smart-Data-Ansatz den Auftritt relevanter Störungen sehr gut vorhersagen. Für ein Vorhersage-Zeitfenster von einer Stunde im Voraus wird eine Genauigkeit von mindestens 95 % erreicht. Diese Ergebnisse teilte das Team Dr. Hartmann mit und erläuterte in Zuge dessen auch die Herangehensweise.

Durch die Resultate der achtwöchigen Analyse konnten die Experten des SDSC-BW die Vorteile moderner Datenanalysemethoden aufzeigen. Mithilfe der Zeitreihe-Prädiktion ist es für den Prozesswasserprofi möglich, die Überwachung noch effizienter zu gestalten und seinen Kunden damit einen immensen Vorteil zu gewähren. Um diese Erkenntnisse zukünftig anzuwenden und zu erweitern, wird man sich nun den internen Daten und Prozessen zuwenden. Zielsetzung ist es, diese entsprechend fit für Smart Data zu machen.

Internes Know-how aufbauen

Dieser Fall zeigt ganz deutlich: Es lohnt sich für KMU, Digitalisierungsvorhaben in Angriff zu nehmen. Bei aller möglichen Hilfe durch externe Experten sollten sie sich aber auch bemühen, eigenes Know-how aufzubauen. Zielgruppengerechte Weiterbildungsprogramme dafür gibt es bereits: So stärken beispielsweise neun Hochschulen aus Baden-Württemberg mit dem Projekt „Data Literacy und Data Science für den Mittelstand: Weiterbildung und Qualifizierung“ (www.dataakademie.de) die Kompetenzen kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Erfassung und Auswertung massiver Datenmengen. Im Rahmen des Projekts gibt es zahlreiche, praxisbezogene Schulungs- und Qualifizierungsangebote; auch im Blended-Learning-Format.

All dies zeigt: Interne Know-how-Defizite müssen kein Grund sein, auf Digitalisierungsvorhaben zu verzichten. Mit der Hilfe externer Experten sowie dem Aufbau eigener Expertise können auch KMU von den Wettbewerbsvorteilen eigener Digitalisierungsprojekte profitieren – und das oft schneller als gedacht.

Sicos BW GmbH, Stuttgart


Autor: Dr. Andreas Wierse

Geschäftsführer,

Sicos BW

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