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Zwei Jahre SPE System Alliance

Standards und Strategien für IIoT
Zwei Jahre SPE System Alliance

Zwei Jahre SPE System Alliance
Die ersten Produkte und Lösungen für Fabrikautomation, Prozessindustrie und Gebäudeautomation sind nun am Markt und werden von einigen Mitgliedern der SPE System Alliance auf der SPS 2021 in Nürnberg präsentiert Bild: Weidmüller
Mit Single Pair Ethernet kann die Feldebene mit Sensoren und Aktoren einfach, platzsparend und kostengünstig in die Smart Factory integriert und der durchgängige Datenfluss vom Edge in die Cloud realisiert werden. Die SPE System Alliance treibt die Entwicklung der Technologie voran. Erste Ergebnisse sind auf der SPS in Nürnberg zu sehen.

Für die Kommunikation in Automatisierungsanwendungen haben sich seit Ende der 1990er Jahre Feldbusse bewährt. Sie sind bis heute in der Fertigungs- und Prozessindustrie das am meisten genutzte Bussystem auf Sensor-/Aktor-Ebene: einfach zu installieren, zu warten und dabei kostengünstig. Doch in der Smart Factory haben sie nun ihre Grenzen erreicht: für die Anforderungen des Industrial Internet of Things (IIoT), also eine schnelle, durchgängige Kommunikation ohne Schnittstellen vom Sensor bis in die Cloud, sind sie nicht geeignet.

Deshalb wird sich in der Sensor-/Aktor-Ebene nach Ansicht der Experten Single Pair Ethernet (SPE) als Zubringer zu den IP-Hochgeschwindigkeitsnetzen etablieren. Der Anstoß für die Entwicklung kam aus der Automobilindustrie, wo erste SPE-Lösungen 2008 vorgestellt wurden. Die Technologie bietet jedoch ebenfalls große Vorteile in der Fertigungsautomatisierung, der Prozessindustrie oder der Gebäudeautomation.

SPE benötigt im Gegensatz zum klassischen Ethernet, das durch die höheren Datenübertragungsraten bis zu acht Adern erfordert, nur ein Adernpaar. Statt wachsender Übertragungsraten sind aber in der Feldebene der Industrie lange Kabelwege und Miniaturisierung gefordert. Und mit 10 Mbit/s bei einer Übertragungslänge von bis zu 1000 m und bis zu 1 Gbit/s bei einer Übertragungslänge von 40 m ist SPE selbst für anspruchsvolle Sensorik völlig ausreichend.

Um SPE in den Märkten zu etablieren, wurde zur Hannover Messe 2019 eine Interessen-Allianz gegründet, aus der im April 2020 die Single Pair System Alliance hervorging. In dem Verein sind derzeit 33 Unternehmen zusammengeschlossen. Die Organisation beschäftigt sich mit dem gesamten SPE-Ecosystem und den offenen Fragen, die in diesem Zusammenhang bestehen. Dies umfasst nicht nur physische Komponenten wie Kabel, PHYs, Stecker, Sensoren oder Switches, sondern auch Topologien, Standardisierungsvorhaben, Tests und Anwendungsfälle.

Von der Theorie in die Praxis

Seit dem Zusammenschluss waren die Mitgliedsunternehmen überaus aktiv: In einem ersten Schritt beteiligten sie sich maßgeblich an der Ausarbeitung der international standardisieren Steckgesichter gemäß IEC 63171-2 für Schutzart IP20 und IEC 63171-5 für M8 und M12 (Schutzart IP67). Die IP20- und IP65/67-Steckverbinder besitzen ein einheitliches Steckgesicht: So passt ein IP20-Patchkabel ohne Adapter in einen M8- oder M12-Anschluss. „Das Steckgesicht nach der IEC 63171-2 ist das kompakteste der gesamten Normenreihe und wird dadurch der Forderung nach Miniaturisierung absolut gerecht“, erklärt Verena Neuhaus, Manager Product Marketing bei Phoenix Contact. „Im Vergleich zum RJ45 ist eine Verdopplung der Portdichte möglich, wodurch deutlich kompaktere Gerätedesigns realisiert werden können.“

Phoenix Contact hat für die Fabrikautomation, die Prozessautomation und die Gebäudeautomation inzwischen auch entsprechende Geräte- und Kabelsteckverbinder für das einpaarige Ethernet entwickelt. Die normierten Schnittstellen nach IEC 63171-2 und IEC 63171-5 eignen sich ideal für Büro- und Industrieumgebungen. Das Portfolio umfasst sowohl vorkonfektionierte Patch-Kabel als auch kompakte Geräteanschlüsse für den Reflow-Lötprozess in unterschiedlichen Bauformen.

Das Portfolio in der Bauform M8 beinhaltet ebenfalls vorkonfektionierte Patch-Kabel mit unterschiedlichen Kabeltypen für verschiedene Applikationen. Die Verwendung der Standard-M8-Komponenten bietet dem Gerätehersteller den Vorteil des einfachen Designs und der Flexibilität in der Verkabelung. Vorhandene Gehäusegeometrien und Wanddurchführungen können übernommen und mit neuen SPE-Inserts bestückt werden. Die Inserts stehen in gerader und gewinkelter Ausführung und für unterschiedlichen Lötverfahren (THR und SMD) zur Verfügung.

Verana Neuhaus: „Zusätzlich zu den bereits verfügbaren SPE-Steckverbindern entwickelt Phoenix Contact neue Komponenten in den Bauformen M12 und M12 Hybrid. Erste Prototypen der SPE-M12-Steckverbinder werden wir auf der SPS vorstellen.“

SPE: Daten und Energie übertragen

Ihren Ursprung hat die Entwicklung des Single Pair Ethernets in der Automobilbranche. Thomas Keller, Project Management Medical & Industries bei Rosenberger und Board Member der Alliance: „Moderne Fahrzeuge sind heute Mikrokosmen der Konnektivität, in der elektronische Geräte mit fahrzeuginternen Netzwerken verbunden werden. Nur so lässt sich zukünftig autonomes Fahren realisieren.“ Aus diesem Grund setzt die Automobilindustrie seit Jahren die Rosenberger Steckverbinderserien MTD und H-MTD ein. „In der industriellen Automatisierung ist es ähnlich“, so Thomas Keller: „Extreme Bedingungen, wie große abzudeckende Temperaturbereiche, Schock und Vibration, IPx-Schutz gegen Staub und Nässe, sowie Miniaturisierung, spielen bei der Auslegung der Anschlusstechnik eine wichtige Rolle.“ Rosenberger unterstützt zukünftige Automatisierungslösungen für Industrial-Ethernet-Anwendungen durch die Steckverbinderserien RoSPE-HMTD und RoSPE-Industrial (IEC 63171-2 und -5), die auch auf der SPS gezeigt werden.

Auch Marcel Leonhard, Leiter Geschäftsbereiche ICT & DCF bei Telegärtner Karl Gärtner GmbH freut sich auf die Messe in Nürnberg: „Nachdem wir uns als Allianz vor zwei Jahren auf der SPS Messe 2019 in Nürnberg erstmals vorgestellt hatten, haben wir nun auf der diesjährigen SPS endlich Gelegenheit, der breiten Öffentlichkeit das inzwischen Erreichte vorzustellen.“

Auf technischer Seite hat Telegärtner, wie die anderen Alliance-Partner, SPE-Steckverbindungen sowohl für den IP20- als auch für den IP67-Bereich entwickelt, die auf der SPS präsentiert werden.

Doch gleichzeitig habe die System Alliance, so betont Marcel Leonhard, auch das SPE-Gesamtsystem weiterentwickelt: „Denn neben den Steckern spielen natürlich die Kabel in dem System eine ebenso wichtige Rolle. Aber bevor man Kabel und Stecker verbinden kann, ganz besonders bei SPE, muss getestet werden, ob die beiden kompatibel sind und funktionieren.”

Denn der Markt bietet eine große Bandbreite von Kabeln wie AWG 22/1 bis AWG 26/7, die alle zwar der SPE-Kabelnorm IEC 61156 entsprechen, die jedoch mit den Steckern abgeglichen werden müssen. Marcel Leonhard: „In der Alliance haben die Stecker- und Kabelhersteller daher zusammengearbeitet, die passenden Produkte abgeglichen und im Round-Robin Test erprobt. Denn unser Ziel als SPE System Alliance ist es ja, nicht nur einzelne Produkte, sondern das komplette System voranzubringen.“

Neben der Platz- und Gewichtsreduzierung stellt ein weiterer Vorteil die Installation der Komponenten dar. Marcel Leonhard: „Die feldkonfektionierbaren Steckverbinder eignen sich besonders, wenn die Länge der Kabelstrecke nicht im Voraus definiert werden kann und vor Ort die Kabellänge flexibel bestimmt werden muss. Ebenso können nicht nur Litzenleiter-Kabel, sondern auch Massivleiter-Kabel angeschlossen werden – und das ohne Spezialwerkzeuge.“

Einen weiteren großen Vorteil der SPE-Technologie erläutert Simon Seereiner, Head of Product Management SAI & IE bei Weidmüller: „Neben Daten kann auch Energie über die zweiadrigen Leitungen übertragen werden.“ Mit Power over Data Line (PoDL) lassen sich bis zu 60 W bei gleichzeitiger Datenübertragung (100 Mbit) zu einer Schnittstelle führen. Seereiner: “Das reicht für die meisten Sensor-Anwendungen aus. So ist es möglich, kostengünstig, einfach und mit einer hohen Packungsdichte Sensoriken in der Industrie aufzubauen, die dazu führen, Automatisierungs- und Vernetzungsgrade zu steigern und immer höher automatisierte Prozesse zu realisieren.“

Mit dem klaren Fokus auf Industrie hat Weidmüller Steckverbinder der Variante IEC 63171-2 für die Umgebung IP20 und der Variante IEC 63171-5 für die Umgebung IP67 realisiert. Mit dem Augenmerk auf Querschnitte im Bereich AWG 26 bis AWG 22 entstanden besonders anwenderfreundliche Steckverbinder, die sowohl als Patchkabel als auch frei konfektionierbare Varianten realisiert werden und auf der SPS präsentiert werden.

Der kompakte Steckverbinder ist mit einem Pitch von 7,62 mm nur halb so groß wie ein RJ45-Verbinder, sodass an Geräte mit bisher fünf RJ 45-Steckverbinder nun zehn SPE-Steckverbinder angeschlossen werden können.

Die Platzeinsparung der Stecker ist ein großer Vorteil aber, so Simon Seereiner: „Ein weitaus größerer Vorteil von SPE ist, dass Dank der transparenten Architektur die Maschinen viel effizienter gesteuert und betrieben werden können. Das spart enorme Kosten bei der Parametrisierung, bei der Inbetriebnahme und bei der Ausführung der Arbeit. Bei einer von uns durchgeführten Simulation konnten wir mit dem Einsatz von SPE die Betriebskosten um 18 % senken.“

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