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Bestandsmanagement von Ersatzteilen in der Chemieindustrie

Neun Praktiker-Tipps zur Optimierung von Ersatzteillagern in der Chemieindustrie
Bestandsmanagement von Ersatzteilen

Ausfälle von Produktionsanlagen bedeuten in der Regel hohe Stillstandskosten. Somit ist die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Ersatzteilen für eine zügige Reparatur eine wichtige Aufgabe. Andererseits verursachen Ersatzteillager durch hohe Materialkosten und geringe Umschlagshäufigkeiten erhebliche Kapitalbindungs- und Lagerkosten. Im Spannungsumfeld von Verfügbarkeit und Kapitalkosten ist ein aktives und vorausschauendes Bestandsmanagement notwendig.

Die Berater von Höveler Holzmann Consulting vereinen Expertenwissen rund um die Themen Einkaufsoptimierung und Supply Chain Management. Ihre Kunden kommen u. a. aus dem Maschinen- und Anlagenbau und der Chemieindustrie. Eine Strategie, wie ein Betrieb sein Ersatzteillager optimieren, dabei die Kapitalbindung reduzieren und gleichzeitig die Teileverfügbarkeit sicherstellen kann, zeigen die folgenden neun Praktiker-Tipps auf.

Instandhaltungsstrategie analysieren

Im ersten Schritt sollte der Aufbau der Produktionsanlagen analysiert werden, um zu identifizieren, welche Bereiche der Produktion ohne redundante Produktionsstränge konzipiert sind und einen sofortigen Produktionsstopp bei Ausfall eines Equipments verursachen. Zudem sollte die Instandhaltungsstrategie je Produktionsbereich identifiziert werden. Prinzipiell lassen sich dabei drei Methoden unterscheiden, die die Planbarkeit der Bedarfe je Artikel beeinflussen: Dies sind die reaktive, die präventive und die vorausschauende Instandhaltung (siehe Tabelle). Diese Informationen helfen, um im weiteren Schritt die Planbarkeit der Bedarfe und die Bestandsstrategie abzuleiten. In der Regel wird die Strategie von der Geschäftsführung oder der Werksleitung vorgegeben.

Planbarkeit der Bedarfe bewerten

Beim Ersatzteilemanagement ist eine klassische ABC/XYZ-Analyse meist nicht ausreichend, da die XYZ-Analyse zwar die Schwankung der Verbrauchsmengen misst, aber keine Information bezüglich der Planbarkeit oder die Dringlichkeit der Bedarfe darstellt. Dies kann auf Basis der zuvor identifizierten Instandhaltungsstrategie bestimmt werden. So können die Bedarfe bei der präventiven und vorauschauenden Instandhaltung geplant werden, während bei der reaktiven
Instandhaltung der Bedarf unmittelbar auftritt und somit die Ersatzteile im Falle eines Ausfalls immer vorrätig sein müssen. Natürlich kann es auch bei der präventiven und vorausschauenden Instandhaltung zu Ausfällen kommen, sodass auch bei diesen Strategien ein Sicherheitsbestand benötigt wird.

Bestandsstrategie ableiten

Auf Basis der durchgeführten Bewertung der Planbarkeit sowie der klassischen ABC-Analyse nach Volumen kann die Bestandsstrategie auf Artikelebene definiert werden. Grundsätzlich kann in zwei Bestandsstrategien unterteilt werden, die bedarfsgerechte und die parametergesteuerte Bestandsführung. Für die hochwertigen Lagerartikel (A- und B-Artikel) deren Bedarf planbar ist, kann eine bedarfsgesteuerte Bestandsführung auf Basis der Instandhaltungsaufträge eingeführt werden. Die Strategie findet vor allem bei Investitionsgütern, z. B. Pumpen und Pumpenersatzteilen, oder bei Bedarfsspitzen, z. B. geplanten Stillständen, Anwendung. Für die nicht planbaren Bedarfe, sowie C-Artikel kann durch eine Berechnung der Bestandsparameter auf Basis von historischen Werten und statischen Prognosemethoden eine optimale Bestandsmenge unter Sicherstellung der Artikelverfügbarkeit gewährleistet werden.

Den Bestand nach Bedarf steuern

Für die Implementierung der bedarfsgesteuerten Bestandsführung muss zunächst ein Bedarfsplanungsprozess definiert werden. Dabei müssen grundlegende Fragestellungen, z. B. Vorlaufzeit und Frequenz mit den verantwortlichen Fachabteilungen geklärt werden und in einem gemeinsam abgestimmten Prozess festgehalten werden. Im zweiten Schritt muss der Prozess inklusive monatliche Bedarfsplanungs-Meetings implementiert werden. Sobald sich die Prognosen für die entsprechenden Bedarfe bestätigen, können die Lagerbestände kontinuierlich reduziert werden.

Bestandsparameter dynamisieren

In den meisten Firmen erfolgt die Überprüfung und Anpassung der Bestandsparameter nur sporadisch und wird durch ein Out-of-stock-Ereignis angestoßen. Für das parametergesteuerte Bestandsmanagement ist ein regelmäßiges Update der Parameter jedoch notwendig. Daher führen die Experten von Höveler Holzmann eine dynamische Berechnung der Bestandsparameter auf Basis der historischen Bewegungsdaten ein. Die dafür benötigten Daten, wie der Verbrauch inklusive Schwankungen von Lieferzeiten von Lieferanten, sollten bereits im ERP-System des Kunden vorhanden sein. Die zuvor bestimmte Bestandsstrategie je Artikel dient als Grundlage für die Definition der Variablen, beispielsweise der Sicherheitsfaktor für die Berechnung der Meldebestände. Ist diese Berechnungslogik erst einmal geschaffen, ist die Implementierung der Berechnung im ERP-System, das heißt die Automatisierung der Berechnung, der nächste Schritt.

Bestände zu Lieferanten auslagern

Das Outsourcing der Materialwirtschaft ist vor allem für zwei Artikelgruppen interessant. Zum einen betrifft es geringwertige C-Artikel mit hohem Verbrauch wie Schrauben und Muttern, aber auch persönliche Schutzausrüstung. Für diese Artikel empfiehlt sich die Einführung eines lieferantengesteuerten Bestandsmanagements durch Ausgabeautomaten. Damit lassen sich nicht nur Handlingkosten im Lager, Wegezeiten in der Produktion und administrativer Aufwand im Einkauf reduzieren, sondern die Bedarfe auch besser kontrollieren. Zudem sollten Artikel identifiziert werden, deren Bedarf nur im Zuge von Dienstleistungen durch externe Lieferanten benötigt werden. Bei diesen Artikeln bietet es sich an, die Überlassung der Ersatzteilverfügbarkeit an den Dienstleister zu prüfen.

Lagerhüter überprüfen

Durch die Umstellung der Produktion, die Erneuerung von Anlagen oder Änderungen von Vorschriften kann es dazu kommen, dass Ersatzteile nicht mehr benötigt oder eingesetzt werden können. Der Informationsfluss zum Bestandsmanagement findet dabei meist nicht statt, sodass diese Artikel weiter gelagert werden. Daher sollten Lagerartikel ohne Bedarfe in den letzten Jahren regelmäßig überprüft werden. Für Artikel, die in den letzten 24 Monaten keinen Warenausgang hatten, sollte der entsprechende Bedarfsträger konsultiert und verifiziert werden, ob es für den Artikel noch zu zukünftigen Bedarfen kommen kann. Falls dies nicht mehr der Fall ist, sollten die betreffenden Artikel verkauft oder verschrottet werden.

Datenqualität sicherstellen

Eine Vorausetzung für die Analysen der Bestandsartikel und der Automatisierung der Bestandsparameter stellt die Qualität der Bewegungs- und Materialstammdaten im ERP-System dar. Um z. B. präventive Instandhaltungsmaßnahmen in eine Bedarfsplanung von Ersatzteilen umwandeln zu können, müssen die Stücklisten für Anlagen und Anlagenteile erstellt und im ERP-System gepflegt sein. Somit können auf Basis der im ERP-System hinterlegten Stücklisten aus den Arbeitsaufträgen automatisch Reservierungen und Bestellungen für Ersatzteile erzeugt werden. Neben der Planbarkeit für das Bestandsmanagement profitieren auch weitere Schnittstellenfunktionen, wie die Instandhaltung, die Produktion und der Einkauf von der verbesserten Datenqualität.

Verantwortlichkeit schaffen

In vielen Organisationen ist die Verantwortlichkeit für das Bestandsmanagement nicht klar definiert und mit einem anderen Verantwortungsbereich untergeordnet, z. B. dem Einkauf oder der Instandhaltung. Aufgrund der vielen verschiedenen Stakeholder wie Einkauf, Logistik, Produktion und Instandhaltung ist es notwendig, einen unabhängigen Verantwortlichen für das Bestandsmanagement zu definieren, um alle Interessen zu koordinieren und zu berücksichtigen. Eine definierte Verantwortlichkeit schafft zudem die Voraussetzung für die Erstellung und Implementierung eines regelmäßigen Reportings im Bereich Bestandsmanagement, um so kontinuierlich Bestände zu messen und gezielte Optimierungsmaßnahmen einzuleiten.

Höveler Holzmann Consulting GmbH, Düsseldorf


Autor: Gereon Küpper

Principal,
Höveler Holzmann
Consulting


AutorIN: Anne Schramm

Senior Consultant
Höveler Holzmann
Consulting

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