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Intensiver Stoffaustausch

Einstufiges Rauchgasreinigungsverfahren für die Abfallverbrennung
Intensiver Stoffaustausch

Weltweit ist ein Trend zu einfachen Rauchgasreinigungsverfahren festzustellen. Das einstufige Circoclean-Verfahren arbeitet mit einer zirkulierenden Wirbelschicht. Dies ermöglicht sowohl eine wirtschaftliche und energiesparende Reinigung der Abgase aus Verbrennungsprozessen als auch die Einhaltung der hohen ökologischen Standards.

Dr. Hansjörg Herden, Barbara Roth, Bertold Stegemann

Das verfahrenstechnische Prinzip der zirkulierenden Wirbelschicht (ZWS) hat sich sehr erfolgreich auf dem Anwendungsgebiet der Schadgasabscheidung bewährt. Die wichtigsten Einsatzgebiete auf diesem Sektor sind die HF-Entfernung mit Aluminiumoxid, die SO2-Abscheidung aus den Abgasen von Kraftwerken und die Feinreinigung von Abgasen aus der Abfallverbrennung. Im letztgenannten Fall werden besonders Schwermetalle und polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PCDD/F) aus den Rauchgasen mit Hilfe von Kalziumhydroxid/HOK-Mischungen oder Zeolithen entfernt. Das Verfahrensprinzip der ZWS ist in Abbildung 1 dargestellt. Das Gas wird von unten in das eigentliche Kernstück der Anlage, den Wirbelschichtreaktor, geleitet. In Abhängigkeit vom jeweiligen Einsatzfall kann eine Vorentstaubung erfolgen. Im Wirbelschichtreaktor vermischt sich das Rauchgas mit dem Reaktionsmaterial intensiv. Der durch den Gasstrom mitgetragene Feststoffanteil gelangt an den Reaktorkopf und wird dort ausgetragen. Anschließend erfolgt die Trennung der festen Reaktionsprodukte, des unverbrauchten Reaktionsmaterials und der gegebenenfalls staubförmigen Rauchgasverunreinigungen an geeigneten Staubabscheidern. Der abgeschiedene Feststoff wird in den Wirbelschichtreaktor zurückgefördert. Merkmale für die Schadgasentfernung in der Zirkulierenden Wirbelschicht sind:
• intensive Gas-Feststoffmischung und dadurch ausgezeichneter Stofftransport von Schadgas zu Feststoff
• sehr hoher Stoffübergang innerhalb des Reaktionsmittels infolge der Einsatzmöglichkeit von sehr feinkörnigem Material mit entsprechend hoher Oberfläche und damit eine Verringerung von Diffusionseinflüssen
• optimale Auslastung des Reaktionsmittels durch eine Feststoffrezirkulation, die im Bereich mehrerer Stunden liegen kann. Gute Abpufferung von Schadstoffspitzen durch gezielte Aufrechterhaltung einer Rezirkulatrestaktivität
• einfacher apparativer Aufbau
Circoclean-Verfahren
Beim Circoclean-Verfahren (Abb. 2) ist der ZWS-Reaktor ohne vorherige Abscheidung der Flugasche unmittelbar nach dem Abhitzekessel einer Abfallverbrennungsanlage angeordnet. Für die Abscheidung der wesentlichen Schadstoffe HCl, SO2, SO3 und HF wird Kalziumhydroxid (Ca(OH)2) als Sorbens eingesetzt. Für die Adsorption von PCDD/F und Schwermetallen, insbesondere Quecksilber und seine Verbindungen, wird dem Sorbens ein gewisser Anteil eines weiteren Additivs zugesetzt. Die Art und Menge des Additivs (A-Kohle, HOK, Zeolith, etc.) richtet sich sowohl nach dem Gehalt und der Bindungsform der Schadstoffe als auch nach der Betriebstemperatur und anderen Randbedingungen. Die Anlage arbeitet im Temperaturbereich von rund 140 °C. Das Rohgas tritt von unten über einen als Venturi-Düse ausgebildeten Bereich (Einlauf) in den ZWS-Reaktor ein.
Das vorgereinigte Rauchgas verlässt den Reaktor über den Kopf unter Mitnahme des Feststoffanteiles (bestehend aus dem unreagierten Ca(OH)2, Additiv, Flugasche und den gebildeten Reaktionsprodukten) und tritt in den nachgeschalteten Gewebefilter ein. Dieser dient sowohl als Staubabscheider als auch als Endreinigungsstufe, in der die noch im Rauchgas verbliebenen Schadstoffreste mit der auf den Gewebefilterschläuchen gebildeten Filterkuchenschicht reagieren.
Zur besseren Ausnutzung des eingesetzten Sorbens wird das im Gewebefilter abgeschiedene Material erneut dem Reaktor zugeführt. Zur Abkühlung des Rauchgases auf 140 °C und zur Befeuchtung des Ca(OH)2-Additiv Gemisches wird Wasser in den Reaktor eingedüst. Diese Befeuchtung begünstigt insbesondere die Reaktion zwischen dem im Rauchgas enthaltenen SO2 / HCl und dem zugefügten Ca(OH)2.
Ergebnisse der Pilotanlage
Zur erstmaligen Erprobung des Circoclean-Verfahrens wurde von Lurgi in der Müllverbrennungsanlage Nordweststadt der Frankfurter Entsorgungs- und Servicegesellschaft eine Pilotanlage mehrere Monate betrieben. Das Ziel dieser Anlage bestand in der Ermittlung verfahrenstechnischer Auslegungsgrößen und dem Test einzelner apparativer Komponenten (Abb. 3). Rund 5000 m3/h Rohgas wurden nach Kesselende in die Pilotanlage geleitet. Die Entnahmestelle wurde derart gestaltet, dass repräsentative Schadgasgehalte mit entsprechender Flugaschefracht im Rohgas der Pilotanlage vorlagen. Zusätzlich erfolgte eine Testserie mit erhöhten Gehalten an SO2 und HCl. Durch die Zugabe von Wasser in den Wirbelschichtreaktor erfolgte eine sichere Abscheidung der Sauergase SO2, HCl und HF unter die Grenzwerte der 17. BImSchV, auch bei Schadgasspitzen. Besonders die Abscheidung von SO2 verbesserte sich signifikant. Die Wassereindüsung wurde so gestaltet, dass keine Porenblockade des Sorbens stattfand und somit die Abscheidung von PCDD/F und Schwermetallen nicht beeinträchtigt wurde. Die Reingasgehalte lagen ebenfalls deutlich unter dem jeweiligen Grenzwert der 17. BImSchV. Die wichtigsten Ergebnisse sind in der Tabelle aufgeführt. Bei den Testserien mit kontinuierlicher Wassereindüsung konnte keine Anbackung oder Verstopfung der Anlage festgestellt werden. Das Reaktionsprodukt war immer trocken und rieselfähig. Durch die umfangreichen Untersuchungen an dieser Pilotanlage konnte gezeigt werden, dass das Circoclean-Verfahren eine sichere Rauchgasreinigungsalternative zu herkömmlichen mehrstufigen Reinigungsaggregaten darstellt. Die üblichen Emissionsstandards lassen sich bei Wassereindüsung mit niedrigen Betriebsmittelstöchiometrien erreichen. Damit leistet das Circoclean-Verfahren einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Abfallentsorgung und -verwertung.
Vorteile des Circoclean-Verfahrens
• einfache, robuste Konstruktion ohne bewegte Teile, geringer Platzbedarf
• alle Grenzwerte der 17. BImSchV unter allen Betriebszuständen sicher eingehalten
• geringer Sorbensverbrauch durch intensive Sorbensrezirkulation und intensiven Stoffaustausch, geringe Reststoffproduktion
• hohe Teillastfähigkeit erlaubt den Betrieb mehrerer Verbrennungslinien an einer Rauchgasreinigungsanlage
• geringe Investitionskosten, da nur ein Anlagenaggregat nötig, niedrige Betriebskosten und hohe Betriebssicherheit
• keine Scale-up-Begrenzung
• Reaktionsprodukt trotz relativ hohem Chloridgehalt trocken und rieselfähig, dadurch keine Anbackungsprobleme
• keine Beeinträchtigung der PCDD/F- und Schwermetallabscheidung durch Wassereindüsung
• Entkoppelung der Kalkeinbringung von der Wasserzufuhr (keine Kalkmilch) erlaubt weitgehend freie Wahl der Rauchgaseintrittstemperatur, dadurch höherer elektrischer Wirkungsgrad der Gesamtanlage möglich
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