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Kalter Dampf

Prozesse unter 100 °C mit Vakuumdampf regeln
Kalter Dampf

Viele Verfahren verlangen eine exakte und schonende Produkt- beheizung bei Temperaturen unter 100 °C. Bei Chargenprozessen soll zudem häufig die Aufheizzeit möglichst kurz sein und ein Überschreiten des Sollwertes vermieden werden. Vacuumizer-Systeme erfüllen diese Anforderungen. Sie beheizen Prozesse in einem Temperaturbereich von 50 bis 110 °C mit Vakuum- bzw. Niederdruckdampf.

Autor Dr. Thomas Straeten Leiter Systemtechnik, TLV Euro Engineering

Heißwasser und Überdruckdampf sind die in der Verfahrenstechnik wohl am häufigsten eingesetzten Wärmeträger. Heißwassersysteme sind ausgereift und einfach zu handhaben, stoßen allerdings an ihre Grenzen, wenn eine sehr hohe Regelgenauigkeit, Temperaturkonstanz über die gesamte Heizfläche oder schnelle Aufheizzeiten verlangt werden. Letzteres ist insbesondere bei Chargenprozessen wichtig, weil die Aufheizzeit den Tagesausstoß stark beeinflusst. Da der Vor- und Rücklauf verschiedene Temperaturen hat, ist eine isotherme Beheizung über die gesamte Heizfläche ausgeschlossen. Auf Änderungen von Sollwert oder Durchsatz reagiert dieses System ebenfalls relativ träge, sodass Genauigkeiten von ±3 °C schwerlich zu übertreffen sind.
Darüber hinaus bedingen eine hohe Genauigkeit und geringe Unterschiede zwischen Vor- und Rücklauftemperatur auch eine hohe Wasserumlaufmenge, wodurch der Platzbedarf für solche Anlagen groß wird und auch der Energieaufwand entsprechend steigt. Aus diesem Grund verwenden Prozesse mit Heiztemperaturen über 100 °C oder bei temperaturunempfindlichen Produkten zumeist Dampf als Wärmeträger. Der Wärmeübergang zur Heizfläche ist bei Dampf sehr hoch (mittlerer Wärmeübergangskoeffizient ca. 10 000 W/m2 K gegenüber ca. 3000 W/m2 K bei Heißwasser). Bei der Kondensation erfolgt die Wärmeabgabe bei konstanter Temperatur über die gesamte Heiz- fläche. Sofern Wärmeübertrager frei von Kondensat (ohne Rückstau) gefahren werden, kann die Regelung schnell und mit einer hohen Genauigkeit auf Durchsatzschwankungen oder Störgrößen reagieren. Der besonders hohe spezifische Wärmeinhalt von Dampf beziehungsweise seine hohe Energiedichte im Vergleich zu anderen Wärmeträgern ist dafür verantwortlich, dass Anlagen wesentlich kompakter gebaut werden können.
Bei der Beheizung von Prozessen unter 100 °C oder bei empfindlichen Produkten kommen trotz der bekannten Vorteile einer Dampfheizung oft Heißwassersysteme zum Einsatz. Dies hat vielfältige Gründe. Dampftafeln in der Literatur enden meist bei Atmosphärendruck und 100 °C. Viele Betreiber übersehen daher die Möglichkeit, Dampf unter Vakuum zu nutzen. Auch scheint der Begriff Vakuum im Auge vieler Betrachter gleichbedeutend mit aufwendiger Technik zu sein, was jedoch nicht der Fall ist.
Da Heißwassersysteme die Forderungen nach kurzen Aufheizzeiten ohne Überschießen des Sollwertes bei niedrigen Solltemperaturen oft nur unzureichend erfüllen, stellt Dampf unter Vakuum eine interessante Alternative dar. Dieser lässt den Anlagenbetreiber auch bei niedrigen Heiztemperaturen in den Genuss der Vorteile einer Dampfbeheizung kommen:
  • Hoher Wärmeübergang und damit kurze Aufheizzeiten
  • Gleichmäßige Beheizung, was zu einer höheren Produktqualität beiträgt
  • Sehr gute Regelbarkeit
  • Kompakte Bauweise und damit geringe Wärmeverluste
Die besondere Herausforderung
Eine wichtige Aufgabenstellung von Niedertemperaturbeheizungen mit Dampf ist jedoch die Entwässerung des Dampfverbrauchers. Die Regelung einer niedrigen Solltemperatur (Beispiel: Dampfdruck bei 60 °C ca. 0,2 bar absolut) erfordert eine starke Drosselung des Regelventils. Somit liegt der Dampfdruck hinter dem Regelventil deutlich unter dem (mindestens atmosphärischen) Gegendruck, der hinter dem Kondensatableiter ansteht. Die Folge ist, dass entstehendes Kondensat nicht mehr abfließen kann und sich anstaut. Dadurch blockiert die Heizfläche des Wärmeübertragers (er säuft sprichwörtlich ab) und die Produkttemperatur fällt unzulässig ab. Als Reaktion hierauf wird die Regelung das Ventil sehr weit, zunächst meist voll, auffahren. Dampf mit hohem Druck schlägt durch und gefährliche Wasserschläge treten auf, wenn einströmender Dampf auf das angestaute Kondensat prallt.
Die Überhitzung des Produktes kann eine weitere Gefahr darstellen, da die Regelung meist nicht schnell genug wieder drosselt. Diese Vorgänge wiederholen sich und unerwünschte Temperaturschwankungen können auftreten.
Für den erfolgreichen Einsatz eines Nieder- temperaturheizsystems mit Vakuumdampf ist die sachgemäße Entwässerung von entscheidender Bedeutung, weshalb Flüssigkeitsringpumpen für Vakuumdampfsysteme nur sehr bedingt einsetzbar sind.
Das Kondensat im Griff
Mit einem bewährten Vakuumdampfsystem sind diese Probleme gelöst. Hauptkomponenten des Vacuumizer von TLV Euro Engineering sind ein Vakuumdruckregler V-COS oder ein Stellventil, z. B. CV10, eine Heißdampfkühlung und die Vakuumeinheit mit Kondensat-Ejektorpumpe. Das System beheizt Prozesse im Temperaturbereich von 50 bis 110 °C mit einer Genauigkeit von ±1°C und ermöglicht schnelle Anfahrzeiten ohne Überschießen des Sollwertes. Schon das Anfahren der Heizphase erfolgt mit Vakuumdampf entsprechend der Solltemperatur, was ein Überschießen sicher vermeidet. Hierzu evakuiert die Kondensat-Ejektorpumpe zunächst den gesamten Dampfraum bei geschlossenem Dampfeinlass. Im Ejektorkreis des Vakuumpumpstandes wird Kondensat umgepumpt, wobei in der Ejektordüse der notwendige Unterdruck entsteht, um Luft oder Kondensat aus dem Dampfraum des Verbrauchers und den Leitungen anzusaugen. Dieser Unterdruck ist abhängig von der Temperatur des im Kreis zirkulierenden Kondensats.
Über eine indirekte Kühlung mittels Wärmetauscher oder eine direkte Kaltwasserspeisung in den Sammelbehälter des Pumpstandes regelt das System die Zirkulationstemperatur etwas tiefer als die des benötigten Vakuumdampfes. Nach erfolgter Evakuierung wird der Dampfeinlass geöffnet und Dampf über den Vakuumdruckregler eingespeist. Dieser stellt den Vakuumdruck und damit die Temperatur entsprechend ein, eine im Überdruckbereich gängige und vertraute Art der Temperaturregelung. Besonders bei höheren Reduktionsverhältnissen ist mit einer Überhitzung des Dampfes durch die Druckreduzierung zu rechnen. Dieser Effekt kann bei allgemeinen Dampfanwendungen mit positiven Drücken zumeist ignoriert werden, ist jedoch bei Niedertemperaturbeheizung mit einer sehr hohen Genauigkeit von ±1 °C hinderlich. Um eine wirklich isotherme Beheizung zu gewährleisten, ist dem Druckregler eine einfache, aber wirksame Heißdampfkühlung nachgeschaltet: Ein Nadelventil düst leicht überdosiert Kondensat aus der Druckseite des Ejektorkreises in die Dampfleitung ein.
Zuviel eingebrachtes Kondensat wird über einen hochwirksamen Zyklontrockner mit integriertem Freischwimmer-Kondensatableiter etwas weiter stromab wieder ausgetragen und in die unter Unterdruck stehende Kondensatleitung abgeführt. So ist sichergestellt, dass der Verbraucher mit guter Sattdampfqualität versorgt wird. Eine spezielle Auslegung der Kondensatejektorpumpe stellt sicher, dass mittels des erzeugten Vakuums nicht nur der Dampfraum evakuiert, sondern auch das anfallende Kondensat angesaugt und der Dampfraum damit sachgemäß entwässert wird. Bei allen weiteren Komponenten handelt es sich um bewährte und zuverlässige Armaturen wie Stellventile, Dampftrockner etc., wie sie in den meisten Dampfanlagen vorkommen.
Der Austrag des abgesaugten Kondensats erfolgt entweder über den Überlauf des zum Pumpstand gehörigen Sammelbehälters oder niveaugesteuert über ein Ablassventil auf der Druckseite der Kreiselpumpe, die das Kondensat im Kreis pumpt. In diesem Fall können Förderhöhen bis zu 30 m realisiert werden.
Dem Vakuumdruckregler kann je nach Anwendung noch eine Temperaturregelung nachgeschaltet werden, um die Genauigkeit weiter zu erhöhen. Neben der präzisen Temperaturregelung, den extrem verkürzten Anfahr- bzw. Aufheizzeiten zeichnet sich das Vacuumizer-System besonders durch eine sehr kompakte Bauweise und geringeren Energiebedarf aus. Auf den Punkt gebracht schlägt man mit diesem System zwei Fliegen mit einer Klappe. Doppelte Regelgüte bei halbierter Aufheizzeit.
Halle 8.0, Stand C24
prozesstechnik-online.de/cav0515464
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