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Keine Unruhe im Stillstand

Sorgfältige Planung spart Zeit und Kosten
Keine Unruhe im Stillstand

Raffinerien und große Chemieanlagen muss der Betreiber in der Regel alle fünf Jahre komplett abschalten. Die Produktion steht still, TÜV-Prüfungen, Reinigungs- und Wartungsarbeiten fallen an. Je besser die Vorbereitung, je detaillierter die Planung, desto zügiger und kostensparender kann auch die Abwicklung des Stillstands verlaufen. Und dies gilt nicht nur für Großanlagen. Rolf Schmitt, der Geschäftsführer der BIS Turnaround GmbH, sieht auch für kleinere und mittlere Anlagen beträchtliche Einsparpotenziale.

Shut-Down-Management, Stillstandsplanung und -abwicklung, hat sich die BIS Turnaround GmbH auf ihre Fahnen geschrieben. Das noch junge Unternehmen ist eine von über 100 eigenständigen Tochterunternehmen der Bilfinger Berger Industrial Services AG und soll das Stillstands-Know-how innerhalb des Konzerns bündeln und weiterentwickeln. Die besten Voraussetzungen dafür hat Schmitt, er kommt aus der Praxis, hat 12 Jahre lang ein 30-köpfiges Team bei der BASF mitgeleitet, dessen vordringliche Aufgabe die Stillstandsplanung war: „Die Zielstellung war damals und ist auch heute, die Vielzahl der Arbeiten in dem relativ kurzen Zeitraum zu planen und abzuwickeln und Potenziale zu finden, die Stillstandszeiten zu verkürzen.“ Voraussetzung sind dabei reibungslose Abläufe. „Wenn ich 90 % der Stillstandsaktivitäten plane, mehr ist definitiv nicht möglich, laufen diese problemlos durch und ich kann mich auf unvorhergesehene Ereignisse konzentrieren. Die sind das eigentliche Problem, sie sorgen für Unruhe“.

Detaillierte Planung ist die Basis
In der chemischen und pharmazeutischen Industrie ist die Planungstiefe nach Schmitts Einschätzung bei weitem nicht so groß wie in Raffinerien. Häufig gibt es nur Excel-Listen mit den abzuarbeitenden Tätigkeiten und die Budgetplanung. Und dabei greift man auf Erfahrungswerte zurück. „Hier ist der Ansatz, in die Tiefe zu planen, Kosten vorauszuplanen, die Stillstandstermine und den ganzen Terminrahmen genauer abzustecken und darüber nachzudenken, wie man effizienter sein, Kosten sparen und Termine verkürzen kann.“ Die Basisplanung sollte dazu schon weit vor dem eigentlichen Planungsbeginn einsetzen. Vorhandene Methoden und Werkzeuge sind zu analysieren, eine Stillstands- und Abwicklungsstrategie festzulegen, eine Projektstruktur und Organisation zu definieren und natürlich sind Maßnahmenlisten zu erarbeiten.
Darauf baut dann die Detailplanung aller stillstandsrelevanten Tätigkeiten mit den beteiligten Gewerken auf. Die dazu benötigten Personalressourcen, das Material, die Baustelleneinrichtung und Werkzeuge werden ermittelt und sämtliche Stillstandspunkte terminiert. Als Ergebnis stehen Arbeitslisten und Arbeitskarten für alle Gewerke bereit.
Browser-basiertes Softwaretool
Zentrales Element ist Taps, die Turn-around-Projektsoftware, eine Eigenentwicklung des jungen Unternehmens. Das Tool ist Internet-basiert, Stillstände können damit unabhängig von speziellen Softwareinstallationen geplant und Einsicht in den aktuellen Status selbst im Urlaub, von jedem Internetcafe aus, genommen werden. Taps bildet den gesamten Projektverlauf bis zur Realisierung ab. Basis ist die Scope-Liste mit den einzelnen auszuführenden Tätigkeiten. Die zugrunde liegende Datenbank ist eine Eigenentwicklung der BIS Turnaround. Jede Anlage ist in Teilanlagen unterteilt, denen wiederum Stillstandspunkte zugeordnet werden. Solch ein Stillstandspunkt ist etwa ein Rohrwärmeaustauscher, der TÜV-gemäß einer inneren Prüfung unterzogen werden muss – einer von 300 bis 400 Behältern der Anlage. Für jedes Equipment sind Planungsunterlagen implemetiert und jedes kann zu einem weiteren Stillstandspunkt der Maßnahmenliste werden. „Aus der Maßnahmenliste erstelle ich mir die Detailplanung. Nehmen wir wieder den Wärmeaustauscher. Eine Grobplanung besteht bereits. Taps gibt in diesem Fall den Standardablauf mit allen Aktivitäten vor: Gerüst aufstellen, Isolierung entfernen, Steckscheiben stecken, Vorkammerdeckel, Vorkammerhaube und Endhaube demontieren, Schwimmkopfbündel ziehen. Der Anwender muss nur noch die spezifischen Details für seinen Behälter angeben. Damit ist die Tätigkeit bewertet, der Ablauf für die Terminplanung vorkonfiguriert.“
Wie die Basisplanung unterstützt die Software die Detail- und die Terminplanung, die Baustellenorganisation und die Verwaltung der Maßnahmenlisten. Ein intelligentes Rückmeldesystem ist integriert. Die Rückmeldung der fertiggestellten Arbeiten ist ein wesentlicher Punkt. Der Einfachheit halber liest man dazu die Arbeitslisten über Barcodescanner ins System ein.
Den kritischen Pfad verkürzen
Rolf Schmitt möchte nicht nur im Bereich der Abwicklung aktiv werden, sondern in jeder Phase mitarbeiten, schon bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen, d. h. von Stillstandskonzepten, und natürlich auch bei der Stillstandsoptimierung. Eine genaue Analyse und Bewertung des Terminplans, die Nivellierung der Personalressourcen und die Festlegung einer optimalen Arbeitsorganisation sind dabei zentrale Faktoren. Engpässe gilt es bereits im Vorfeld aufzudecken und zu vermeiden. Besonders erfolgversprechend ist die genaue Untersuchung des kritischen Pfades, also derjenigen Aktivität, die die Dauer des Stillstands bestimmt. Dies kann die Demontage und der Einbau eines großen Behälters oder einer Maschine sein oder der Katalysatorwechsel an Reaktoren. „Hier lohnt es sich darüber nachzudenken, ob man einen Teil der Aktivitäten aus dem Stillstand herausnehmen kann. Häufig ist dies bei Projektarbeiten möglich.“ Soll ein neuer, größer dimensionierter Wärmeaustauscher integriert werden, so muss der alte nicht unbedingt im Stillstand ausgebaut und der neue eingebaut und komplett verrohrt werden. Eine günstigere Variante kann sein, den neuen Wärmetauscher neben den alten zu stellen, die Verrohrung komplett zu montieren und im Stillstand nur noch den Rohrleitungsumschluss vorzunehmen. Ebenso kann man bei 30 oder 40 Wärmetauschern in einer Anlage den einen oder anderen eventuell bei laufendem Betrieb öffnen oder die Anlage so vorbereiten, dass einige Arbeiten im Teillastbetrieb vorgenommen werden können. „Manches Problem“, meint Schmitt, „lässt sich auch ganz trivial durch eine zusätzliche Nachtschicht entschärfen.“
Ein Rundum-Paket
Die Bilfinger Berger Industrial Services verfügt über ein breites Portfolio rund um den Stillstand. Sämtliche stillstandsrelevanten Tätigkeiten, von mechanischen Arbeiten über den Gerüstbau bis zur Instandsetzung von Pumpen und Armaturen, können koordiniert und abgewickelt werden. Das Unternehmen verfügt, dezentralisiert in den einzelnen Töchtern, über sämtliche Gewerke der industriellen Instandhaltung, Monteure, Schlosser, Gerüstbauer, Isolierer, EMSR-Techniker und Ingenieure. Bei Stillstandsprojekten arbeitet man vernetzt. Schmitt nutzt bei der Abwicklung seiner Stillstandsprojekte die personellen wie materiellen Ressourcen der Schwesterunternehmen, beispielsweise der R&M IKR GmbH, Bitterfeld. IKR betreibt einen Service, der ein komplettes Sortiment an Maschinen und Werkzeugen für Kessel und Rohrbauarbeiten in der chemischen und petrochemischen Industrie sowie in Kraftwerken zum Verleih anbietet. Der Geräte- und Werkzeugpool beläuft sich auf 4500 Positionen. Das Sortiment umfasst Schweißmaschinen und Hebezeuge, Elektrodenöfen und Köcher, Schraubtechnik für große Drehmomente, Druckschreiber und Druckpumpen, Notstromaggregate und Kompressoren, Transporter und Prüfpumpen und vieles andere mehr. Ursprünglich war der Geräteservice ganz als interne Abteilung zur Versorgung der eigenen Montageprojekte und Baustellen gegründet. Heute vermietet man Werkzeuge und Geräte an externe Kunden ebenso wie an die Schwestergesellschaften. Der Vorteil für den Kunden: sie müssen die für Shut-Down- oder Projektmaßnahmen benötigten Gerätschaften nicht vorhalten, die Kosten sind besser planbar, die Baustellenkalkulation einfacher.
Und überhaupt die Kosten – auch in diesem Bereich bietet Rolf Schmitt Alternativen, beispielsweise, mit „gläsernen Taschen“ gegen einen festgelegten Profit zu arbeiten. Er plant zu effektiven Kosten. Wenn die Abwicklung effizienter, der Stillstand kürzer ausfällt, teilt er den zusätzlichen Profit mit dem Kunden. (st)
cav 400

BIS-Homepage
Leistungen des IKR Geräteservice
Seminar „EDV-gestützte Instandhaltungssysteme erfolgreich einführen“
Maintain 2007

Das grüne Lambda wird blau
Mit dem Lambda als Kennzeichen hat sich Rheinhold & Mahla in mehr als 100 Jahren zu einem der führenden europäischen Unternehmen für Industrieservice in der Prozessindustrie entwickelt. Das Unternehmen, das seine Wurzeln in der Isoliertechnik hat – Wärme-, Kälte- und Tiefkältetechnik sind heute noch Themen – erzielte 2005 mit rund 14 000 Mitarbeitern eine Gesamtleistung von über einer Milliarde Euro. Der Branchenfokus sind die Anlagen der Prozessindustrie, vom Offshore-Bereich und der Petrochemie über die chemische und pharmazeutische Industrie bis zur Energie- und Kraftwerkswirtschaft.
Im Jahr 2002 war R&M von der Bilfinger Berger AG übernommen worden. Die immer noch eigenständige AG entwickelte sich auch in den folgenden Jahren sehr positiv. Mit der Umfirmierung in Bilfinger Berger Industrial Services AG, kurz BIS, will die Mutter die Anbindung an den Konzern unterstreichen und die industrielle Dienstleistung als Kerngeschäft fest verankern. BIS bleibt ein eigenständiger Teilkonzern, das Lambda für die Wärmeleitfähigkeit wird jedoch blau.
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