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Kläranlage und Zentralwarte per Funk vernetzt

Radioline-System unterstützt einen zuverlässigen Betrieb
Kläranlage und Zentralwarte per Funk vernetzt

Kraftwerke benötigen eine Kläranlage, um das Prozessabwasser aufzubereiten, bevor es dem Prozess wieder zugeführt respektive in einen nahegelegenen Fluss oder See eingeleitet wird. Das RWE-Kraftwerk Neurath nutzt hier Funktechnik sowie weitere Komponenten von Phoenix Contact, damit die relevanten Daten in Echtzeit auf den Monitoren der Zentralwarte visualisiert werden und so ein störungsfreier Betrieb sichergestellt ist.

Die RWE Power AG betreibt im Süden der Stadt Grevenbroich das Kraftwerk Neurath. Mit einer elektrischen Bruttoleistung von 4400 MW handelt es sich um das größte Braunkohlekraftwerk Deutschlands und das zweitgrößte Europas. Neben den fünf Kraftwerksblöcken des Bestandskraftwerks, die in der Zeit von 1972 bis 1976 in Betrieb genommen wurden, gingen 2012 die beiden BoA-Blöcke ans Netz. Die Blöcke mit optimierter Anlagentechnik besitzen einen Wirkungsgrad von 43 % und können durch ihre hohe Flexibilität ihre Leistung innerhalb von 15 Minuten um mehr als 500 MW senken oder erhöhen.

Die auf dem Gelände des Kraftwerks Neurath befindliche Kläranlage mit vier Rundräumer-Absetzbecken reinigt das Prozessabwasser, ehe dieses dem Prozess wieder zugeführt wird. Überschüssiges Wasser wird punktuell nach erfolgter Klärung in die Erft eingeleitet. Die RWE Power AG hat die eigene Kläranlage im Jahr 2014 umfassend modernisiert. „Im Rahmen der Erneuerung der Elektro- und Leittechnik der Kläranlage ist die bislang als Blackbox-System autark arbeitende Steuerung abgelöst und in die Leittechnik Procontrol P14 von ABB integriert worden. Dies wurde im Zuge der Block-Flexibilisierung notwendig“, berichtet Stefan Strasser als zuständiger Projektleiter, der in der Abteilung für Technische Dienstleistungen von RWE Power kraftwerksübergreifend tätig ist. „Procontrol steuert die gesamten Nebenanlagen des Kraftwerks, wozu unter anderem auch das Zündöl-Pumpenhaus und das Feuerlöschsystem gehören“.
Beim Umbau stand ein Ziel im Vordergrund: Die Kläranlage, die bis dato ausschließlich vor Ort bedient werden konnte, sollte zusätzlich über einen Fernsteuerbetrieb verfügen. Dafür mussten alle Kläranlagenbereiche auf den Monitoren der Zentralwarte des Kraftwerks angezeigt und Prozessabläufe in Echtzeit dargestellt werden. „Wegen der permanenten Drehbewegung der Rundräumer und der begrenzten Anzahl von Schleifringen konnten wir das wartungsanfällige Schleifringpaket nicht für die Übertragung der Rückmeldungen und Steuerbefehle verwenden“, so Stefan Strasser. Deshalb suchten er und seine Kollegen nach einer Kommunikationslösung, die robust genug ist, um den Anforderungen des Kraftwerksbetreibers an die hohe Verfügbarkeit sämtlicher Anlagenteile gerecht zu werden. Strasser erläutert: „Da wir bereits vom erfolgreichen Einsatz des Funksystems Radioline auf dem Gelände anderer RWE-Kraftwerke wussten, haben wir uns an Phoenix Contact gewendet. In einer Vor-Ort-Begehung nahmen die Mitarbeiter des Blomberger Unternehmens dann eine Funkausleuchtung unseres Geländes vor, sodass sie die Signalstärke sowie die Zuverlässigkeit der Datenübertragung bewerten konnten“.
Schutz vor unbefugten Zugriffen
Das Radioline-System basiert auf der von Phoenix Contact entwickelten Funktechnologie Trusted Wireless 2.0. Sie wurde speziell für die industrielle Nutzung konzipiert und eignet sich hier insbesondere zur drahtlosen Weiterleitung von Sensor- und Aktor-Informationen sowie zum Austausch geringer bis mittlerer Datenmengen in ausgedehnten Anlagen. Bei freier Sicht können Distanzen von mehreren hundert Metern bis zu einigen Kilometern zwischen zwei Funkteilnehmern überbrückt werden. Das FHSS-Verfahren (Frequency Hopping Spread Spectrum) sorgt dabei für eine robuste Kommunikation. Denn die bis zu 127 Kanäle des Frequenzbands werden auf Basis eines pseudo-zufälligen Musters durchsprungen. Automatische und manuelle Koexistenz-Mechanismen stellen außerdem einen zuverlässigen Parallelbetrieb verschiedener Funksysteme sicher. Das gilt für mehrere Radioline-Lösungen, die in unterschiedlichen RF-Bändern betrieben werden, wie auch für WLAN-Systeme, deren verwendete Kanäle sich durch ein Black Listing gezielt ausblenden lassen.
Sicher wird die Datenübertragung durch eine 128-Bit-Verschlüsselung, weshalb theoretisch mitgehörte Datenpakete nicht verstanden werden. Darüber hinaus kontrolliert eine Integritätsprüfung die Echtheit des Senders und verwirft veränderte Nachrichten. Eine proprietäre Technologie erweist sich schon aus dem Grund als besser vor Angriffen geschützt, weil ihr Protokoll nicht öffentlich zugänglich ist. Trusted Wireless 2.0 zeichnet sich ferner durch ein dezentrales Netzwerkmanagement aus, weswegen die Daten schneller weitergeleitet werden. Zudem stehen umfangreiche Diagnose-Eigenschaften zur Verfügung. Und schließlich ist der Aufbau flexibler Netzwerkstrukturen mit einem automatischen Verbindungs-Management möglich.
Eigenes Funksystem pro Rundräumer
Das Mastermodul des Radioline-Systems, das mit verschiedenen Antennen ausgestattet werden kann, lässt sich modular um bis zu 32 I/O-Module ausbauen. Ein weiter Temperaturbereich von -40 bis +70 °C erlaubt vielfältige Einsatzmöglichkeiten in rauer Industrieumgebung. Nachdem sämtliche Tests positiv abgeschlossen wurden, begannen die Mitarbeiter von RWE Power unterstützt von Phoenix Contact mit der Planung der Funkübertragungsstrecken. Jeder der vier Rundräumer sollte ein eigenes Funksystem erhalten. Der zentrale Übergabeschrank zur P14-Leittechnik ist im Pumpenhaus der Kläranlage platziert. Außerdem mussten viele Signale unterschiedlicher Spannungsebenen mittels Optokoppler potentialfrei übertragen werden.
Nach Abschluss der Planungsphase wurde das Projekt öffentlich ausgeschrieben und von der SAG GmbH gewonnen. Der Service- und Systemlieferant aus Köln erstellte in einer Werkstatt auf dem Kraftwerksgelände die vier Steuerschränke für die Rundräumer sowie den zentralen Übergabeschrank zur Leittechnik. Anschließend wurden die Edelstahl-Schaltschränke in Schutzart IP 65, die aufgrund des Outdoor-Betriebs zum Schutz gegen Kondenswasserbildung mit einer Heizung ausgestattet sind, in der Kläranlage installiert.
Bei hochverfügbaren Anlagen spielt insbesondere die redundante Stromversorgung eine wichtige Rolle. „Neben den Netzteilen der Produktfamilie Quint zur Wandlung der Spannungen nutzen wir ein aktives Redundanzmodul der gleichen Baureihe, sodass der Ausfall eines Netzteils nicht zum Stillstand der ganze Anlage führt“, berichtet Strasser. Die integrierte ACB Technology lastet das Gerät gleichmäßig aus, was seine Lebensdauer verlängert. „Durch die permanente Überwachung von Eingangsspannung, Ausgangsstrom und Entkoppelstrecke trägt das Redundanzmodul maßgeblich zur hohen Verfügbarkeit der Anlage bei“, fährt Strasser fort.
Einfache Inbetriebnahme
Die Steuerschränke auf den Rundräumern bewegen sich fortlaufend auf einer Kreisbahn und sind daher jeweils mit einer Rundstrahlantenne ausgerüstet. An der Gegenstelle, auf dem Pumpenhaus, befinden sich insgesamt vier Richtantennen. Auf diese Weise wird eine optimale Signalstärke erzielt – unabhängig von der aktuellen Stellung der Rundräumer. Zur Absicherung der Antennenanlage haben die Mitarbeiter von RWE Power mit den Steuerschränken auch Überspannungsschutz-Elemente von Phoenix Contact verbaut, um eine möglichst hohe Verfügbarkeit sicherzustellen. Wegen ihrer geringen Dämpfungswerte stören sie die Signalübertragung zwischen den Funkteilnehmern nicht. „Die Inbetriebnahme der Radioline-Module hat sich als wirklich einfach erwiesen“, schließt Strasser ab. „Wir mussten die Funkmodule lediglich über ein Rändelrad am Gerät einander zuordnen. Ein digitaler Eingang wird also auf die gleiche Zahl eingestellt wie der zugehörige digitale Ausgang. Und schon werden die Signale ohne jegliche Programmierung richtig in der Anlage verteilt. Nach einer Freischaltung und erneuten Inbetriebnahme der Spannungsversorgung finden sich die Funkteilnehmer binnen weniger Sekunden automatisch wieder. Diese intuitive Handhabung hat uns ebenso begeistert wie die unterstützende Tätigkeit von Phoenix Contact“.
Halle 9, Stand F40
www.prozesstechnik-online.deSuchwort: cav0417phoenixcontact

Karsten Natus
Industriemanagement Energie,
Phoenix Contact
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