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Klasse statt Masse

Kompakte Wärmeübertrager aus Tantal
Klasse statt Masse

Bereits 1802 entdeckt, fristet das Schwermetall Tantal trotz seiner überlegenen Eigenschaften ein Nischendasein im modernen Maschinen- und Anlagenbau. Grund ist der hohe Preis, der für das seltene Metall gezahlt werden muss. Dank einer nur 50 μm dicken Beschichtung gelang es Alfa Laval, die überlegenen Eigenschaften von Tantal für kompakte Wärmeübertrager zu nutzen, ohne die Kosten in die Höhe zu treiben.

Autor Achim Heiming Energy & Process Manager, Alfa Laval Mid Europe

Mittlerweile hält es fast jeder Mensch täglich in den Händen: Tantal. Das seltene Schwermetall mit einer Dichte von 16 654 kg/m3 findet sich in so ziemlich jedem Smartphone dieser Welt, und das nicht ohne Grund. Das durch eine weitgehend inerte Oxidschicht geschützte Metall ist aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften in vielen Gebieten der Mikroelektronik so gut wie unverzichtbar. Bei den in Smartphones – und auch bei der Elektronik moderner Autos – eingesetzten Tantalelektrolytkondensatoren kommt die extrem hohe Permittivität des Metalls zum Tragen. Denn die isolierende Tantaloxidschicht auf der Oberfläche der aufgewickelten Tantalfolie der Elektrolytkondensatoren ist selbst bei dünnster Ausführung noch extrem stabil und sicher.
Ein weiteres Einsatzgebiet von Tantal sind Implantate in der modernen Medizin. Tantal ist ein sehr hartes und hochschmelzendes Schwermetall, das für den Menschen nicht giftig ist und aufgrund seiner spezifischen mechanischen Festigkeit ideal für langlebige Implantate ist. Da Tantal sogar fast allen Säuren – inklusive Königswasser! – widersteht, ist ein Einsatz im menschlichen Körper vollkommen unbedenklich. Das unedle Metall reagiert nicht mit menschlichen Körperflüssigkeiten oder -geweben. Obwohl Tantal deutlich teurer als andere Metalle ist, setzen Mediziner trotzdem auf das chemische Element mit der Ordnungszahl 73, da sie dadurch sicherstellen, dass die eingesetzten Prothesen, Kieferschrauben und Knochennägel tatsächlich ein Leben lang halten.
Ein drittes gängiges Einsatzgebiet von Tantal ist die chemische Industrie. Bei Laborgeräten, Reaktionskesseln, Kathoden und Spinndüsen ist die Beständigkeit des Metalls entscheidend. Durch den jahrzehntelangen Einsatz von Tantal wurden Legierungen entwickelt, die noch widerstandsfähiger als reines Tantal sind und die Duktilität des Schwermetalls aufrechterhalten.
Nischendasein im Anlagenbau
Trotz der überragenden Eigenschaften beschränkt sich der Tantaleinsatz bisher im Wesentlichen auf die drei genannten Einsatzgebiete – im Maschinen- und Anlagenbau hat Tantal hingegen bisher kaum Verwendung gefunden. Und das nicht etwa aus dem Grund, dass Tantal und seine Vorzüge nicht bekannt wären. Ganz im Gegenteil, das Metall wird geschätzt, aber letztlich schrecken die Kosten die Anlagenbauer ab. Tantal gehört auf der Erde zu den seltenen Elementen; die natürlichen Vorkommen sind äußerst beschränkt. Schätzungen zufolge ist Tantal sogar das am seltensten vorkommende stabile Element im gesamten Sonnensystem.
Hauptförderländer sind Australien und Brasilien, wobei sich selbst dort noch die Förderung auf wenige Minen konzentriert. Erschwerend – und damit kostentreibend – kommt hinzu, dass Tantal in der Natur nicht gediegen, sondern nur in Form von Verbindungen vorkommt. An einen Einsatz von massivem Tantal ist somit im Maschinen- und Anlagenbau nicht zu denken, da die Kosten unweigerlich exorbitant in die Höhe schießen würden.
Ideal für hochkorrosive Medien
Dass Tantal so teuer ist, hat die Entwickler nicht davon abgehalten, mit dem exotischen Material zu experimentieren. Dabei beflügelte der hohe Schmelzpunkt in Kombination mit der extremen Korrosionsbeständigkeit und der sehr guten Wärmeleitfähigkeit die Forschungsaktivitäten. Tantal blieb aber ein Metall, das zwar nahezu ideal für die Wärmeübertragung heißer und korrosiver Medien ist, aber das zu Preisen, die nicht zu rechtfertigen waren.
Trotzdem wurden die Fachleute bei Alfa Laval hellhörig, als sie davon hörten, dass ein kleines dänisches Unternehmen Tantal zur Behandlung verschiedener Produkte verwendete. Mats Nilsson, der als R & D Manager im Produktzentrum für kompakte Wärmeübertrager von Alfa Laval unter anderem für das Technologiescouting verantwortlich ist, erinnert sich noch heute an diesen Moment: „Ich dachte sofort an unsere kompakten Wärmeübertrager. Sie hatten einige Tests mit anderen Wärmeübertragern durchgeführt. Um erfolgreich zu sein, fehlte ihnen jedoch das nötige Produktwissen. Das konnten wir beisteuern.“
Eine Idee, die sich als folgenreich erwies. Statt auf den massiven und damit teuren Einsatz von Tantal zu setzen, experimentierte Alfa Laval fortan mit dem Einsatz einer Tantalbeschichtung, bei der die überlegenen Eigenschaften des Metalls zwar zum Tragen kommen, aber der Kostenrahmen aufgrund der geringen Tantalmenge nicht gesprengt werden würde.
Tantal: weniger ist mehr
Zunutze machen konnten sich die Entwickler in dem Projekt die Erfahrungen, die bereits in der Mikroelektronik und der chemischen Industrie gemacht wurden. Und das mit einem Erfolg, der die anfänglichen Erwartungen sogar noch übertraf: Alfa Laval gelang es, kompakte Wärmeübertrager zu produzieren, bei der die Tantalbeschichtung gerade einmal 50 μm dick ist – also in etwa so dick wie ein menschliches Haar. Auf diese Weise konnte eine Korrosionsbeständigkeit erzielt werden, die vergleichbare Wärmeübertrager übertrifft und gleichzeitig nahezu perfekte Wärmeübertragungseigenschaften hat.
Laut der zuständigen Market Managerin von Alfa Laval, Anna Ljungqvist, ist Tantal sogar das Metall schlechthin für heiße und korrosive Medien: „Es eignet sich perfekt für Fein- und Spezialchemikalien verarbeitende Unternehmen, bei denen es zur Wärmeübertragung heißer, korrosiver Medien kommt, beispielsweise bei der Rückgewinnung und Verdünnung von Schwefelsäure, agrochemischen Prozessen und Redox-Flow-Batterieanwendungen.“ Dadurch, dass die Tantalbeschichtung nur die Dünne eines menschlichen Haares hat, überzeugt die Tantalbeschichtung laut Ljungqvist zudem aus Kosten-Nutzen-Sicht: „Sie reicht aus, dem Wärmeübertrager eine bestimmte Charakteristik zu verleihen, und macht ihn zu einer kostengünstigen Lösung.“
Für Temperaturen von bis zu +225 °C
Die kompakten Tantalwärmeübertrager von Alfa Laval sind nicht nur klein und effizient, sondern dank ihrer überlegenen Eigenschaften ideal für den Einsatz bei heißen und korrosiven Medien, d. h. bei Temperaturen von bis zu +225 °C, bei denen andere Wärmeübertrager ohne die Tantalbeschichtung längst kapitulieren. Zudem können sie sogar mit wechselnden Medien unterschiedlicher Konzentration betrieben werden – im Gegensatz zu anderen Bauarten mit hochwertigen Legierungen.
Doch die Verwendung von Tantal zahlt sich nicht nur unter Extrembedingungen aus. Durch die hohe Korrosionsbeständigkeit wird der Wartungs- und Reinigungsaufwand auch bei weniger aggressiven Medien spürbar gesenkt. Daher reicht ein simples Cleaning-in-Place-Verfahren aus, um die Wärmeübertragungsflächen von Fouling zu befreien. Unterm Strich führt der niedrigere Wartungs- und Reinigungsaufwand in Kombination mit der höheren Lebensdauer zu geringeren Lebenszykluskosten, zudem haben die kompakten Wärmeübertrager einen geringeren Platzbedarf als vergleichbare Konstruktionen auf der Basis von Grafit, Glas oder Siliziumkarbid.
Weltweit sind bisher rund zwanzig Tantalwärmeübertrager von Alfa Laval installiert. Einer davon bei einem amerikanischen Spezialchemiekalienhersteller, der zuvor einen 3 m langen Grafitblockwärmeübertrager zur Handhabung von Schwefelsäure eingesetzt hat – und das mit erheblichem Wartungsaufwand. „Als sie unseren 30 cm hohen Tantalwärmeübertrager erhielten, dachten sie, dass wir uns verrechnet haben müssten“, erinnert sich Anna Ljungqvist. „Wie sollte er bloß seiner Aufgabe gerecht werden? Inzwischen besteht die einzige Wartung in einer wöchentlichen Spülung mit Wasser, die an Ort und Stelle durchgeführt wird.“
Angesichts dieser Erfahrungen gehen die Fachleute bei Alfa Laval davon aus, dass sich die Tantalwärmeübertrager zukünftig in vielen Prozessen und Anwendungen durchsetzen werden – auch wenn Tantal im ersten Moment exotisch und teuer erscheinen mag. Schließlich sind es die harten Zahlen, die über den Betriebserfolg entscheiden, und die sprechen bei diesem überlegenen Metall eine eindeutige Sprache.
Halle 4.0, Stand D4
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