In der Gummiindustrie werden verschiedene Kleinkomponenten für Batchprozesse vorgemischt. Da die Bandbreite der Anforderungen je nach Produkt recht groß ist, stehen mehrere unterschiedliche Systemlösungen zur Verfügung. Beispiele hierfür sind eine halbautomatische Anlage mit manueller Dosierung der Komponenten und eine vollautomatische Verwiegeanlage.
Wolfgang Becker
Bei der Herstellung von Reifen und technischen Gummiartikeln werden zunächst Rohstoffmischungen in Batchprozessen hergestellt. Bestandteil dieser Mischungen sind eine Vielzahl von Kleinkomponenten, die bevorratet, verwogen und dem Mischprozess zugeführt werden müssen. Früher wurden diese direkt aus den Anliefergebinden manuell auf Plattformwaagen in Beutel abgefüllt. Gestiegene Anforderungen an die Protokollierung der Produktionsprozesse und der Nachverfolgbarkeit des Materialflusses haben zur Entwicklung von Systemen geführt, die diese Anforderungen im Sinne der Qualtätskontrolle und Qualitätssicherung erfüllen und die Sauberkeit im Arbeits- und Lagerbereich verbessern.
Anforderungen der Gummiindustrie
Die Anforderungen an Kleinkomponentenverwiegeanlagen in der Gummiindustrie sind recht unterschiedlich. Auf der einen Seite verwenden technische Gummibetriebe rund 100 bis 200 verschiedene Kleinkomponenten, wobei sie oft nur eine Mischlinie besitzen. Die Zykluszeit pro Batch liegt hier etwa bei drei bis sechs Minuten. Reifenhersteller auf der anderen Seite versorgen in der Regel mehrere Mischlinien mit etwa 30 bis 40 Komponenten. Ihre Zykluszeit pro Batch liegt bei 1,5 bis 2 Minuten. An einem Batch sind in beiden Fällen etwa fünf bis zehn Kleinkomponenten beteiligt. Das Einzelgewicht je Komponente variiert von etwa 0,1 bis 10 kg, wobei das Gesamtgewicht pro Batch selten 15 kg übersteigt. Aus Platz- und Kostengründen scheidet eine Online-Verwiegung an der Mischlinie in der Regel aus, so dass die Verwiegung Offline in Beutel erfolgt, die verschweißt, gekennzeichnet und dann zum Mischer transportiert werden. Für diese große Bandbreite der Anforderungen stehen mehrere unterschiedliche Systemlösungen zur Verfügung.
Beispiele hierfür sind eine halbautomatische Anlage mit manueller Dosierung der Komponenten und eine vollautomatische Verwiegeanlage. Beiden Anlagen gemeinsam ist die Rezepturverwaltung, Produktionsplanung und Prozesskontrolle über ein PC-System mit nachgeschalteter SPS-Steuerung.
Halbautomatische Anlage mit manueller Dosierung
Je nach Gewicht der abzuwiegenden Komponente kann man davon ausgehen, dass eine Bedienperson bei manueller Dosierung eine Komponente in ca. 20 bis 40 s abwiegen kann. Auf einer solchen Anlage lässt sich also ein komplettes Batch in ca. 3 bis 4 min abwiegen, entsprechend den Kapazitätsanforderungen eines technischen Gummibetriebes mit 1 bis 2 Mischern (Abb. 1). Für die Komponentenlagerung sind hier zwei Lagersysteme kombiniert. Ein Regal mit Kunststoffkästen bevorratet Kleinstkomponenten, die selten oder in geringen Mengen benötigt werden. Größere Lagerbehälter, ausgeführt als Sackaufgaben, sind für Komponenten mit größeren Verbrauchsmengen vorgesehen. Bei Einfüllung der Komponenten in die Vorratsbehälter kann über Barcodeleser kontrolliert werden, ob die richtige Komponente in den richtigen Behälter gefüllt wird.
Vor den Lagerbehältern ist eine verfahrbare Verwiegestation angeordnet. Diese besteht aus einer Bildschirmanzeige zur Bedienerführung, einer speziellen patentierten Drehbehälterwaage sowie einem 12-Kammer-Karussel zur Aufnahme der zu befüllenden Beutel (Abb. 2). Dieses Karussel ermöglicht die Abwiegung von bis zu 12 Chargen in einem Durchgang, so dass die Nebenzeiten für das Verfahren der Verwiegestation minimiert werden.
Rezepturgesteuert werden die Kunststoffkästen aus dem Lagerplatz automatisch herausgefahren bzw. die Entnahmeklappen der größeren Behälter geöffnet, so dass der Bediener jeweils nur die „richtige“ Komponente zur Verwiegung entnehmen kann.
Sind alle Komponenten verwogen, werden die Beutel nacheinander aus dem Karussel entnommen, manuell verschweißt und mit einem Etikett mit Barcode und alpha-numerischen Angaben versehen, das von einem Drucker automatisch erstellt wird. Hierüber lässt sich der Beutel später bei Eingabe in den Mischer wieder identifizieren.
Vollautomatische Verwiegeanlage
Betriebe mit mehreren Mischlinien und/oder kurzen Mischzykluszeiten benötigen Kleinkomponentenanlagen mit hohen Durchsatzleistungen. Hier können wirtschaftlich sinnvoll vollautomatische Anlagen zum Einsatz kommen (Abb. 3). Die Rohstoffe werden in Containern, Big Bags oder Säcken angeliefert und aus diesen in Vorratsbehälter übergeben. Eine Eingabekontrolle kann mittels Barcodeleser erfolgen.
Die Vorratsbehälter werden – abhängig von den Fließeigenschaften der Rohstoffe – mit unterschiedlichen Austrags- und Dosierorganen bestückt. Die Verwiegung erfolgt auf speziellen, patentierten Drehbehälterwaagen. Zur Erzielung einer hohen Anlagenleistung ist für jede Komponente eine eigene Waage vorgesehen (Abb. 4).
Die Abfüllung der verwogenen Chargen erfolgt in Beutel, die auf einer Schlauchbeutelmaschine automatisch hergestellt werden. Diese Maschine ist unterhalb der Waagen angeordnet und mit diesen durch einen Übergabetrichter verbunden. Die Beutel werden in der Maschine mit einem Aufdruck versehen (Barcode und alpha-numerische Informationen). Über ihn lässt sich der Beutel bei der späteren Eingabe in den Mischer wieder identifizieren. Der fertig verschlossene Beutel wird auf ein Abförderband übergeben. Von dort erfolgt der Abtransport z.B. in Gitterboxen. Eine solche Anlage kann je nach Komponentengewichten etwa 90 Batche/h bereitstellen.
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