Startseite » Chemie »

Knetreaktoren verarbeiten hohe Viskositäten

Lösemittelfreie Polymerisation
Knetreaktoren verarbeiten hohe Viskositäten

Durch eine Umstellung auf lösemittelfreie Polymerisationsprozesse und die Vermeidung unnötiger Rückführungsprozesse lassen sich der Energieverbrauch und das Abfallaufkommen in der Polymerindustrie reduzieren. Die horizontalen, großvolumigen Knetreaktoren mit hohen Oberflächenerneuerungsraten und sehr genauer Polymertemperaturkontrolle sind die ideale Lösung für diesen Paradigmenwechsel.

Die Autoren: Prof. Michael Bartke Wissenschaftlicher Leiter Pilotanlagenzentrum, Fraunhofer IAP Andreas Diener Senior Process Engineer, List

Chemische Prozesse, insbesondere Polymerisationen, werden in der Regel in verdünnten Systemen durchgeführt. Diese Polymerisationsprozesse werden entweder in der heterogenen Phase, wie z. B. als Suspensions- oder Emulsionspolymerisation oder in der homogenen Phase als Lösungspolymerisation durchgeführt. Nach der Polymerisationsreaktion muss das Polymer in beiden Fällen von dem Verdünnungsmittel und dem Monomer getrennt werden. Für diese Trennverfahren sind in der Regel mehrere energieintensive Prozessschritte – Koagulieren, Strippen, Trocknen sowie verschiedene weitere mechanische und thermische Trennschritte – erforderlich.
Ein entscheidender Nachteil der konventionellen Polymerisationsverfahren ist der hohe Verbrauch an Rohstoffen und Energie. Die Lösemittelrückführung allein benötigt eine vier- bis fünffach so hohe Verarbeitungskapazität wie das Polymer selbst. Da der Polymerisationsprozess nur minimale ppm-Konzentrationen an Fremdstoffen wie Wasser erlaubt, ist eine effektive Entfernung und Aufbereitung des Verdünnungsmittels ein entscheidender Faktor für die Energiebilanz des Prozesses. Sowohl für die Massepolymerisation als auch für die Weiterverarbeitung der Polymerlösung sind energieeffiziente Alternativen erforderlich.
Energieeffiziente Massepolymerisation
Einige Polymere wie PMMA, spezielle Biopolymere oder auch Klebstoffe werden in der Masse polymerisiert. Bei diesen Massepolymerisationen dient das Monomer gleichzeitig auch als Lösemittel, was den Nachteil einer eingeschränkten Umsatzrate mit sich bringt. Die Technologie auf Basis der Knetreaktoren von List überwindet beide Nachteile. Aufgrund der Möglichkeit, hohe Viskositäten direkt zu verarbeiten, entfällt die Notwendigkeit der Verdünnung und damit die Rückführung von großen Monomermengen. Die in der hochkonzentrierten Phase durchgeführten Polymerisationen sind deshalb energieeffizienter und umweltfreundlicher als konventionelle Verfahren.
Die größte Herausforderung bei der Massepolymerisation besteht in einer effizienten Abtrennung und Rückgewinnung des nicht umgesetzten Monomers. Bestehende Verfahren erfordern oft den Einsatz großer Volumina an Monomeren und folglich mehrere Abtrennungsschritte. Der Reaktorinhalt wird hochviskos und somit schwierig zu verarbeiten, sobald das Monomer, also das Verdünnungsmittel, unter einen bestimmten Anteil absinkt. Aufgrund ihres robusten Designs und ihrer technologischen Eigenschaften stellen hohe Viskositäten für die Knetreaktoren kein Problem dar. Mit Umsetzungen von bis zu 97 % im Vergleich zu ca. 50 bis 75 % beim Einsatz von bekannten Technologien, benötigen die Knetreaktoren wesentlich weniger Monomer und die Hauptverdampfung, d. h. das Entfernen großer Monomermengen wird gänzlich überflüssig.
Neben den oben beschriebenen Vorteilen bietet die Knetreaktortechnologie noch weitere Vorzüge. Insbesondere bei Polymeren mit hoher Gelierungs- und Vernetzungstendenz sind lokale Überhitzungen unbedingt zu vermeiden. Der Knetreaktor arbeitet bei niedrigen Scherraten, was in Kombination mit der Möglichkeit einer genauen Druck-, Temperatur- und Konzentrationskontrolle für maximale Produktqualität und -konsistenz sorgt.
Die Kombination aus interner Verdampfungskühlung durch Rückführung des Kondensats, also des abgekühlten Monomers, und effizientem Mischen im Reaktor gewährleistet eine ausreichende Wärmeabfuhr sogar bei stark exothermen Polymerreaktionen. Die Technologie ist so ausgelegt, dass sich die Verdampfungskühlung nicht initiationshemmend auswirkt, sodass sich eine autotherme Reaktionsführung ganz ohne Ramping realisieren lässt. Die Umwandlungsraten für die radikale Massepolymerisation von Biopolymeren und Klebstoffen im Knetreaktor betragen typischerweise 85 bis 95 %. Die Hauptvorteile der Knetreaktortechnologie bei der Massepolymerisation sind:
  • problemlose Verarbeitung von hochviskosen Materialien (bis zu 100 000 Pas)
  • niedriger Energieverbrauch, da keine Lösemittel verwendet werden und der Überschuss von Monomeren auf ein Minimum reduziert ist
  • hohe Produktkonsistenz aufgrund der genauen Prozesskontrolle (Temperatur, Druck, Konzentration)
  • einfache Anpassung an unterschiedliche Produktqualitäten für niedrig-, mittel- und hochmolekulare Polymere
  • hohe Anlagenverfügbarkeit dank des robusten Designs und des einfachen Herunterfahrens und Hochfahrens
Direkte Entgasung
Das gleiche Reaktorkonzept ermöglicht eine effektive Entgasung bzw. eine effektive Demonomerisierung, die sogar bei hochviskosen Produkten hohe Oberflächenerneuerungsraten gewährleistet. Der direkte Entgasungsprozess von Polymerlösungen oder der Demonomerisierungsprozess von hochkonzentrierten Polymermassen kommt ohne Koagulation, Strippen und Trocknung aus. Das Lösemittel, bei dem es sich in der Regel um einen aliphatischen oder aromatischen Kohlenwasserstoff handelt, wird durch eine direkte Verdampfung in zwei Stufen bei gleichzeitiger Lösemittelrückgewinnung in einem geschlossenen System bis auf Restgehalte <100 ppm aus dem Polymer abgetrennt. Die Entfernung des restlichen Monomers nach der Massepolymerisation erfolgt ebenfalls durch eine direkte Verdampfung, jedoch in nur einer Stufe bis auf Restgehalte von wenigen ppm, wobei sich Anforderungen je nach Monomer unterscheiden.
Die so hergestellten Polymere verfügen über genau die gleichen anwendungstechnischen Eigenschaften und erfüllen die gleichen Anforderungen an die Produktqualität wie herkömmlich hergestellte Polymere. Tatsächlich können die entstandenen Polymere aufgrund der hohen Oberflächenerneuerungsrate durch die direkte Entgasung herkömmlichen Polymeren in puncto Gehalt an flüchtigen Bestandteilen und Abbaubarkeit sogar überlegen sein. Zudem lassen sich strengste Spezifikationen erfüllen, da die Prozessbedingungen – vor allem die Temperatur – sehr genau kontrollierbar sind. Die Knetreaktortechnologie bietet die folgenden Vorteile bei der Entgasung/Entmonomerisierung:
  • 30 bis 50 % weniger Energieverbrauch, da die Prozessschritte Koagulieren, Strippen und Trocknen entfallen
  • 50 bis 70 % weniger Kondensationsaufwand, da kein Stripphilfsmittel kondensiert werden muss
  • 80 bis 90 % weniger Lösemittel- bzw. Monomerreinigungsaufwand, da keine bzw. kaum Kontamination durch das Stripphilfsmittel erfolgt
  • 40 bis 60 % kleinere Stellfläche aufgrund des kompakten Anlagendesigns
  • 90 bis 95 % weniger Wasser- und Luftverschmutzung dank des geschlossenen Systems
  • hohe Flexibilität bei neuen Polymergraden und speziellen Produkteigenschaften
Pilotanlage für die Prozessentwicklung
Für die Umstellung und Optimierung der Prozesse auf lösemittelfreien Betrieb haben die List-Prozessingenieure mit Wissenschaftlern des Instituts für Angewandte Polymerforschung (IAP) der Fraunhofer Gesellschaft gemeinsam das erforderliche Fachwissen erarbeitet. Im Versuchszentrum in Arisdorf in der Schweiz stellt List eine ganze Reihe an Maschinentypen und -größen für die Erprobung in batchweiser und kontinuierlicher Prozessführung zur Verfügung. In diesen Versuchen werden das Produktverhalten in der Knetreaktortechnologie untersucht und die Scale-up-Daten für halbkommerzielle Versuchsreihen ermittelt.
Das Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und Polymerverarbeitung in Schkopau ist mit Knetreaktoren in unterschiedlichen Größen bis hin zur halbkommerziellen Anlage ausgestattet. Die Versuche zur Bestätigung der technologischen Entwicklung und zur Herstellung von ersten Anwendungsmustern werden in Zusammenarbeit mit den Kunden und den Spezialisten von Fraunhofer und List durchgeführt. Versuche in der halbkommerziellen Anlage in Schkopau liefern zuverlässige Informationen über die zu erwartende Produktqualität, Prozesskontrollierbarkeit, Langzeitstabilität und anderer wichtiger Eckdaten. Auf der Grundlage dieser hochwertigen Daten lassen sich ohne nennenswerte Risiken Anlagen in Produktionsgröße und mit garantierten Produkteigenschaften konzipieren.
Halle 5.1, Stand D92
prozesstechnik-online.de/cav0512485
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de