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Kugelhahn mit verborgenen Werten

Sitzringe aus Graphit und Edelstahl ermöglichen Betriebstemperaturen bis 550 °C
Kugelhahn mit verborgenen Werten

Im Hochtemperatur- und Hochdruckbereich ermöglicht der HTB-Kugelhahn aufgrund der Widerstandsfähigkeit gegen thermische und dynamische Belastung sowie Erosion einen einwandfreien Anlagenbetrieb. Die besonderen Eigenschaften des Kugelhahns sind auf den speziellen Aufbau der patentierten Sitz-elemente zurückzuführen. Sie bestehen aus alternierenden Schichten von Edelstahl sowie ausgedehntem und elastisch gepresstem Graphit.

Herbert J. Gerhard, Matthias Hanke

Der Bonetti-Kugelhahn vom Typ HTB (Bild 1) schließt die Lücke dort, wo weichdichtende Kugelhähne aufgrund der geforderten Einsatzbedingungen nicht mehr verwendet werden können und metallisch dichtende Kugelhähne aufgrund der hohen Anschaffungskosten sowie der begrenzten Betriebsdauer scheitern. Er steht in den Nennweiten DN 15 bis DN 100 mit vollem und reduziertem Durchgang zur Verfügung. Aufgrund seiner dreiteiligen Bauart reicht die Anschlussvielfalt von NPT-Gewindemuffen über Schweißenden und Flansche, jeweils nach DIN und ASME/ANSI, bis hin zu kombinierten Ausführungen. Dabei sind Druckstufen bis PN 100 realisierbar. In Abhängigkeit des tatsächlich vorhandenen Betriebsdrucks können Anwendungen bedient werden, in denen Temperaturen bis max. 550 °C auftreten. Darüber hinaus verfügt der Kugelhahn über eine Fire-Safe-Zulassung nach API 6FA und BS 6775, Zulassung nach TA-Luft, ausblassichere Schaltwelle sowie Antistatikausführung. Abgerundet wird das Gesamtbild durch den Montageflansch nach ISO 5211, der eine einfache Automatisierung auf pneumatische, hydraulische oder elektrische Art ermöglicht. Hierbei kann im Vergleich zu metallisch dichtenden Kugelhähnen mit wesentlich geringeren Schaltmomenten gerechnet werden.
Konstruktive Details
Der wesentliche Grund für die herausragenden Eigenschaften des Kugelhahns ist der spezielle Aufbau der Sitzelemente. Zur Anwendung kommen keine gewöhnlichen Metallsitze, sondern Sitzringe mit alternierenden Schichten aus Edelstahl sowie ausgedehntem und elastisch gepresstem Graphit. Dieses Dichtsystem gewährleistet einerseits die innere Dichtheit im Zusammenspiel mit der Kugel, andererseits dichtet es auch die drei Gehäuseteile nach außen ab. Die Dichtheit wird durch mikrometrische Vorwölbungen der gepressten Graphitschichten außen an den Metallringen erzeugt (Bild 2, Detail A1). Da die Bearbeitungstoleranzen der korrespondierenden Gehäuseteile sowie der Dichtringe viel geringer als die elastische Verformung des Graphits sind, wird eine ständige Adhäsion längs der gesamten Gehäusekontaktflächen erzeugt. Die auf diese Art erzielte Abdichtung der Gehäuseteile hat keinerlei Einfluss auf die Einbindung der Armatur in die Rohrleitung selbst. Die Dichtheit ist unabhängig von möglicherweise in der Rohrleitung auftretenden Spannungen oder auch von Druck- und Temperaturänderungen. Gleichzeitig gewährleistet der Sitzring durch die spezielle Gestaltung der kegelförmigen Innenflächen eine nahezu absolute Dichtheit im Durchgang.
Durchströmung des Systems
Die Besonderheit des Dichtsystems kann dabei wie folgt beschrieben werden: Das unter Druck stehende Medium kommt bei der Durchströmung mit den sich abwechselnden Edelstahl- und Graphitlagen in Kontakt. Bedingt dadurch, dass Graphit relativ weich und nachgiebig ist, wird die Graphitlage beim Auftreffen des Mediums in geringem Maße komprimiert. Da das Medium die nun wenig nachgiebige Edelstahllage bis zur darauf folgenden Graphitlage passieren muss, tritt ein gewisser Drossel- bzw. Verwirbelungseffekt auf. In Bild 3 wird dieses Strömungsphänomen skizziert. Im Gegensatz zu weich- und metallisch dichtenden Kugelhähnen findet der Flüssigkeitsstrom im Bereich der patentierten Sitzringe somit keine Ansatzmöglichkeit, diese auszuspülen und dauerhaft zu schädigen. Durch die Drosselung bei der Durchströmung und den dadurch auftretenden Verwirbelungseffekten bildet sich ein Flüssigkeitspuffer an den Kontaktflächen der Sitzringe. Hierdurch wird die strömungsbedingte Erosion eliminiert. Das Resultat ist eine dauerhafte Sitzdichtheit. Bild 4 zeigt den idealisierten Strömungsverlauf an den Sitzringen. Auffallend ist die unterschiedliche Strömungscharakteristik. Die abwechselnden Metall- und Graphitschichten erzeugen ein Strömungsverhalten, ähnlich wie es bei einem mehrstufigen Druckreduzierventil zu beobachten ist. Die sich abwechselnden Schichten des Sitzrings erzeugen einen größeren Widerstand gegen den Lauf der Strömung. Die Zentrifugalkraft wird teilweise reduziert und ausgeglichen. Dadurch wird die Oberflächenstruktur gegen Erosion geschützt und dem Kugelhahn zu einer langen Lebensdauer verholfen, selbst bei extremer Beanspruchung.
Der Kugelhahn ist geeignet für eine Vielzahl von Medien. Einzige Einschränkung ist die Graphitkompatibilität. Das Dichtsystem besitzt folgende wesentlichen Eigenschaften:
  • sehr gute Eignung für hohe Wasser- und Dampfdrücke
  • hohe Differenzdrücke
  • nahezu unbegrenzte Sitzdichtheit auch bei hohen Schalthäufigkeiten
  • hohe Korrosionsbeständigkeit
  • sehr effektiv bei aggressiven Flüssigkeiten sowie verschmutzten und feststoffhaltigen Medien
  • Selbstreinigungseffekt
Auch unter schwierigsten Betriebsbedingungen sind die Kugelhähne nahezu wartungsfrei. Sollte es jedoch aus bestimmten Gründen erforderlich sein, den Kugelhahn zu warten, kann der komplette Sitz mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden. Das Ersatzteil ist ebenfalls kostengünstig.
Beispiele aus der Praxis
Ein Einsatzgebiet der HTB-Kugelhähne stellt die kontrollierte Abschlammung bei Dampferzeugern dar. In diesem Zusammenhang wird ein modifizierter HTB-Kugelhahn vom Typ RSS erfolgreich eingesetzt. Wesentlicher Bestandteil dieser Modifikation ist die asymmetrische Bohrung in der Kugel. Schaltwelle und Kugel werden aus spezialgehärtetem Stahl mit einer Härte von ca. 35 Rockwell C gefertigt. Diese Härte ist vergleichbar mit Stellit und stellt die erforderliche Erosionsbeständigkeit sicher. Weiterhin werden Gehäuse und Anschlüsse aus Kohlenstoffstahl gefertigt, Schrauben und Muttern aus Edelstahl. Auch hier kommen die Sitzringe aus Graphit und Edelstahl zum Einsatz.
Da Schlammansammlungen am Kesselboden sowie Kesselsteinbildung und Korrosion der medienberührten Teile eine Herabsetzung des Kesselwirkungsgrads und im Extremfall auch dessen Totalausfall bewirken können, ist das Abschlammen in periodischen Zeitintervallen zwingend erforderlich. Zu diesem Zweck wird am Boden des Boilers eine entsprechende Ablassvorrichtung angebracht, die in bestimmten Zeitabständen öffnet und schließt, um so die Sohle des Dampferzeugers von aggressiven Sedimenten zu säubern. Für die genaue Berechnung der abzulassenden Wassermenge in Abhängigkeit vom Salzgehalt des Speisewassers, der Kesselleistung sowie der maximal zulässigen Kesselwasserdichte, gibt es hinreichend bekannte Formeln und Diagramme. Durch den Einsatz pneumatischer Antriebe (Feder schließt) sowie des elektronischen Zeitschalters TDA 100 kann der Abschlammvorgang komplett automatisiert werden.
Seit einigen Jahren wird der HTB-Kugelhahn auch in geothermalen Dampfleitungen eingesetzt. Dort hat er das konventionelle Ventil verdrängt, das bereits nach kürzesten Betriebsintervallen Probleme beim Öffnen und Schließen verzeichnete. Die Ursache hierfür stellt eine Vielzahl aggressiver Bestandteile im endogenen Dampf dar. Die problematischsten Ablagerungen bestehen aus Borax. Den Erfolg garantieren auch in diesem Anwendungsfall die Sitzringe mit alternierenden Schichten aus Graphit und Edelstahl. Die elastischen sowie vorgewölbten Graphitlagen erzeugen einen Bürsteneffekt auf der Kugeloberfläche und entfernen somit die problematischen Ablagerungen.
cav 404

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