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Lärmprobleme effizient angehen Lärmminderungsmaßnahmen im einzelnen:

Pegelabsenkung an Schallquellen Abfüllanlage für Getränke in Glasflaschen
Lärmprobleme effizient angehen Lärmminderungsmaßnahmen im einzelnen:

Lärm ist ein Dauerproblem in vielen Betrieben der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Häufig werden Maschinen mit ungünstigen Lärmparametern gekauft, obwohl es auch lärmärmere Alternativen gibt. Das verursacht regelmäßig hohe Folgekosten. Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten bietet Betrieben individuelle Hilfen an, zum Beispiel die Erstellung von Lärmprognosen bei der Planung einer neuen Anlage.

Dr. R. Rothe, H. Kilius

• Auspacker: Einhausung der Maschine mit Ausnahme der Rückseite und der Oberseite durch den Hersteller;
• Flaschenreinigungsmaschine: Abschirmung der Ein- und Ausgabe der Flaschen durch getrennte Glasscheiben, die, mit Gegengewichten versehen, leicht zu öffnen sind. Diese Maßnahme setzt einen relativ störungsfreien Betrieb voraus. Weiterhin wurde der Flaschenzulauf frequenzgesteuert.
Wirkt Lärm hoher Intensität über Jahre auf den Menschen ein, kommt es zu einer Schädigung des Innenohres. Nach dem heutigen Wissensstand sind diese Schäden irreparabel. In Deutschland gehört diese Erkrankung, sofern sie durch die berufliche Tätigkeit entstanden ist, schon seit Jahrzehnten zu den Berufskrankheiten. Aus sehr umfangreichen epidemiologischen Untersuchungen ist bekannt, daß ab einem Schichtmittelwert des Schalldruckpegels von 85 dB(A) ein Risiko für das Innenohr gegeben ist. Für kleinere Pegel ist das Risiko wesentlich geringer, aber nicht gleich null. Die Anzahl der in den letzten Jahren an die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) gemeldeten Fälle auf Verdacht des Vorliegens einer Berufskrankheit 2301 „Lärmschwerhörigkeit“ schwankte zwischen 200 und 280 pro Jahr (Abb. 1). Die Häufigkeit der gemeldeten Verdachtsfälle betrifft mit fallender Tendenz folgende Betriebsarten: Brauereien, Molkereien, Schokoladenbetriebe, Mineralbrunnen, Obst- und Gemüsekonserven, alkoholfreie Getränke, Mehlmühlen und die Zigarettenherstellung. Betriebe, in denen in Glasgefäße abgefüllt wird, haben in dieser Aufzählung einen hohen Stellenwert.
• Flaschentranport: druckloser Transport, kurvengängige Bänder;
Schallquellen, die als Verursacher schädigender Lärmexpositionen ermittelt wurden, sind u.a.:
• Flascheninspektor: Verbesserung der vorhandenen Einhausung durch Minimierung der Öffnungen. Abblasen der Flaschenböden mit geringerem Luftdruck und Verwendung lärmärmerer Düsen.
• Maschinen der Getränkeabfüllung (Abb. 2),
• Füller, Etikettierer: Minimierung der offenen Flächen der Einhausung;
• Homogenisatoren, Separatoren,
• Einpacker: Gleiche Maßnahme wie beim Auspacker.
• Kutter, Fettschmelzen,
• Schaltschränke: Zur Vermeidung von Reflexionen an den Metalloberflächen in der Arbeitszone wurden die Schaltschränke auf Traversen in einer Höhe von ca. 3,50m an den Wänden angebracht.
• Mühlen, Metallformen in Brotfabriken,
• Trocknungsanlagen,
• Walzen, Pumpen,
• Verlese- und Transportbänder,
• Bonbonwickelmaschinen, Kochanlagen.
Die im Rahmen des Berufskrankheitenfeststellungsverfahrens ermittelten Expositionswerte lagen auch in den letzten fünf Jahren zum Teil noch zu hoch. Der äquivalente Dauerschallpegel Leq, das heißt also der repräsentative Schichtmittelwert, bewegte sich von Fall zu Fall zwischen etwa 80 dB(A) und Werten um 90 dB(A). Der an den Arbeitsplätzen zu unterschreitende Wert des Beurteilungspegels beträgt entsprechend der Festlegung in der UVV (Unfallverhütungsvorschrift) 121 Leq = 85 dB(A). Dieser Grenzwert stellt nur eine Mindestforderung dar – und das aus zwei Gründen. Einmal ist das Risiko eines Hörschadens bei 85 dB(A) sehr klein, aber nicht gleich Null, zum anderen berücksichtigt der Grenzwert der UVV 121 nicht die Tatsache, daß Lärm unterhalb dieses Pegels gleichfalls der Gesundheit abträglich ist und das Arbeitsergebnis je nach Tätigkeit negativ beeinträchtigt ist.
Lärmminderungsprogramm für Arbeitsplätze
Die BGN hat auf dem Gebiet der Lärmminderung in ihren Mitgliedsbetrieben erhebliche Anstrengungen unternommen. Das betrifft sowohl die Beratung der Hersteller von Maschinen durch die akkreditierte Prüf- und Zertifizierungsstelle der BGN, als auch die Unterstützung der Betreiber dieser Maschinen zu praxisorientierten Fragen der Lärmminderung. Von großer Bedeutung ist auch der Kontroll- und Beratungsaufwand des Technischen Aufsichtsdienstes der BGN. Zu medizinischen Problemen, die als Folge der Lärmeinwirkung auftreten, werden die Mitgliedsbetriebe durch den Arbeitsmedizinischen Dienst betreut.
Nicht zu vergessen sind die Schulungsaktivitäten der BGN. Sowohl in der Ausbildung der Sicherheitsfachkräfte, als auch in Seminaren für betriebliches Personal, wie Konstrukteure, werden Kenntnisse zum Lärm vermittelt und Motivationen für die Umsetzung im Betrieb gesetzt. Dies ist besonders wichtig, weil Defizite im Wissen um die Lärmproblematik ein effizientes Vorgehen des Betriebes verhindern. So kann beispielsweise ein unbedachter Kauf einer Maschine mit ungünstigen Lärmparametern dem Betreiber erhebliche Folgekosten bescheren, obgleich eine lärmärmere Variante zu ähnlichen Konditionen erhältlich war.
Die Aktivitäten der BGN drücken sich auch im Erlaß der Unfallverhütungsvorschrift 121 „Lärm“ aus. Danach hat „der Unternehmer dafür zu sorgen, daß Arbeitsmittel, die zur Lärmgefährdung der Versicherten beitragen können, nach den fortschrittlichen, in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik zu beschaffen sind und betrieben werden“. Analoge Forderungen werden für Arbeitsverfahren und für die Gestaltung der Arbeitsräume erhoben. Für bestehende Arbeitsplätze ist nach dem §6 der UVV 121 der Unternehmer verpflichtet, in Schriftform ein Lärmminderungsprogramm für die Arbeitsplätze zu erstellen und zu realisieren, an denen der ortsbezogene Beurteilungspegel einen Wert von Leq = 90 dB(A) erreicht oder überschreitet. Das bedeutet nicht, daß Lärmminderungsmaßnahmen unterhalb dieses Wertes nicht erforderlich sind, sondern daß entsprechend einem schwerpunktmäßigen Vorgehen für besonders risikoreiche Arbeitsplätze ein planmäßiges Vorgehen im Betrieb gefordert wird. Für Pegel unter der genannten Grenze von Leq = 90 dB(A) ist der Unternehmer zur Realisierung der schon genannten „fortschrittlichen, in der Praxis bewährten Regeln der Lärmminderungstechnik“ verpflichtet, um Ursachen für lärmbedingte Gehörschäden zu beseitigen.
Unterstützung durch Lärmprognosen
Der Hauptweg zur Lärmminderung in den Mitgliedsbetrieben der BGN ist, aus Gründen der Effizienz bei Neu- und Umbauten für eine Sanierung zu sorgen. Eine vernünftige Planung von Neu- und Umbauten unter Beachtung des Parameters Lärm ist nur möglich, wenn Informationen über die Schallerzeugung der zum Einsatz vorgesehenen Maschinen und Anlagen in der Planungsphase vorliegen. Auf solche Informationen hat der Käufer nach der 3. Verordnung zum Gerätesicherheitsgesetz (Maschinenlärminformationsverordnung) einen Anspruch. Sie ermöglicht ihm eine Auswahl zu treffen, die zur Minimierung des Lärmproblems führt. Der Planung stehen dann auch Projektierungsunterlagen der Akustik zur Verfügung.
Die Angaben zur Schallerzeugung sind auch Grundlage der Garantievereinbarungen zwischen Hersteller und Betreiber, da es sich um Angaben handelt, die Kenngrößen der Maschinen sind. Meßverfahren zur Kontrolle der Garantiewerte sind vorhanden. Die früher häufig anzutreffende Praxis, daß Hersteller pauschal die Einhaltung eines Wertes von 85 dB(A) an allen Arbeitsplätzen versprachen, führte in der Praxis zu Schwierigkeiten. Eine solche Garantie kann nur dann angegeben werden, wenn der Hersteller alle relevanten Schallquellen und die akustischen Eigenschaften des Raumes beeinflussen kann.
Das nachfolgende Beispiel demonstriert, wie die Planung fachgerecht und ökonomisch günstig ablaufen sollte. Es geht um eine Abfüllanlage für Getränke in Glasflaschen mit einer Leistung von 12000Fl/h, die in einem vorhandenen Gebäude neu installiert werden sollte. Die Raumabmessungen betragen 15 x 19 x 7 m. Die Wände waren verputzt.
Die Maschinenbestückung und der Fluß der Kästen und Flaschen sind Abbildung 3 zu entnehmen. Der Hersteller hatte auf der Grundlage der von ihm ermittelten Schalleistungspegel der Anlagenteile für die Arbeitsplätze in der vorhandenen Halle eine Lärmprognose in seinem Angebot ausarbeiten lassen. Wie aus den angegebenen Werten (Abb. 3) ersichtlich ist, wird der Pegel von 85dB(A) an allen Arbeitsplätzen überschritten. Wegen dieses Sachverhaltes kam es zu einer gemeinsamen Beratung zwischen Hersteller, Betreiber und der BGN. Auf der Grundlage der in der BGN vorliegenden Erfahrungen über den gegenwärtigen Stand der schon vorher zitierten „fortschrittlichen in der Praxis erprobten Lärmminderungsmaßnahmen“ kam es zur Vereinbarung über die im vorliegenden Fall zu treffenden Maßnahmen (s. Kasten), in deren Folge die Emissionswerte reduziert werden sollten.
Maßnahmen zur Lärmminderung
Auf der Grundlage der zu erwartenden Pe-gelabsenkungen an den Schallquellen wurde von der BGN eine neue Prognose erstellt. In diese Prognose wurde auch eine akustische Gestaltung des Raumes einbezogen. Zur raumakustischen Behandlung von Abfüllanlagen ist anzumerken, daß in aller Regel die Absenkung der Maschinenpegel nicht ausreicht, um das gesteckte Ziel der Unterschreitung des Pegels von 85 dB(A) zu erreichen. Folgerichtig wurden von der BGN Anforderungen an die akustischen Eigenschaften von Flaschenkellern gestellt. Bezüglich der Raumeigenschaften sollte in Flaschenkellern die Nachhallzeit zwischen 0,5 und 0,8s liegen, um dem Stand der Lärmminderungstechnik zu entsprechen. Im Bereich der Arbeitsplätze wurde durch eine hinterlüftete akustische Deckenkonstruktion die Höhe auf 3,5m abgesenkt. Die später durch Messungen bestätigte Nachhallzeit betrug 0,7s. Der Platzbedarf einer Anlage der hier behandelten Leistung beträgt etwa 300 bis 500m2, je nach Flaschengröße. Diese Anforderung begründet sich auf der Vermeidung zu starker Überlappungen der Schallfelder. Mit 285m2 liegt die Halle an der unteren Grenze.
Die unter Einbeziehung dieser raumakustischen Parameter und der Reduzierung der Emissionswerte der einzelnen Maschinen erstellte zweite Prognose ergab für den ortsbezogenen Beurteilungspegel Werte zwischen 80,5 und 82,1 dB(A).
Nach Realisierung der Anlage und der raumakustischen Ausgestaltung der Halle wurden die tatsächlich auftretenden Schalldruckpegel meßtechnisch bestimmt. Die sehr gute Übereinstimmung von Prognose und Realität zeigt Abbildung 4. Man kann davon ausgehen, daß im Laufe der Jahre sich die Pegel durch die Alterung der Maschinen bedingt um etwa 2 dB erhöhen werden. Dieser Umstand sollte beachtet werden.
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