Glucose ist die wichtigste Nährstoffquelle für Mikroorganismen bei biotechnologischen Prozessen. Die Kohlenstoffquelle wird in rund 95% aller Kultivierungen eingesetzt. Mit dem Online-System Glucotrace läßt sich eine sichere Bestimmung von Glucose in Bioreaktoren durchführen.
Claus Tollnick, Matthias Beuse
Die Herstellung komplexer biotechnologischer Produkte durch zum Teil gentechnisch veränderte Organismen verlangt die lückenlose Überwachung der Versuchsparameter. Die Qualitätssicherung sowie eine gezielte Kostenanalyse erfordern neben der Analyse physikalischer Parameter wie Temperatur und pH-Wert auch die Kontrolle chemischer Größen des Produktionsprozesses wie Glucose.
Viele Laborgeräte für die instrumentelle Glucosebestimmung sind bisher lediglich offline-tauglich, das bedeutet, die Probe muß manuell bereitgestellt und die Messung per Hand gestartet werden. In der Bioprozeßtechnik sind eine schnelle Glucosedetektion und die sterile Probenahme von großer Bedeutung. Mit dem Online-System Glucotrace läßt sich eine sichere Bestimmung von Glucose in Bioreaktoren durchführen. Ein industrieller Einsatz des Online-Systems erfolgt bei Hoechst Marion Roussel Deutschland GmbH.
Flexible Glucosemessung
Glucotrace dient in erster Linie der Online-Überwachung von Industrie- oder Laborkultivierungen, bei denen Glucose als Kohlenstoffquelle eingesetzt wird. Unabhängig von der Kultivierungsart (Batch, Fed-Batch oder kontinuierliche Kultivierung) ist eine kontinuierliche Glucoseanalyse bei nahezu allen Zell- und Mikroorganismenkultivierungen möglich. Die Glucosebestimmung beruht auf dem Verfahren der Fließdiffusionsanalyse (FDA), die mit einer zeitabhängigen Probeanreicherung arbeitet (Abb. 1). Dabei werden die Meßstrecke und die Probezuführung durch eine Membran voneinander getrennt. Die Meßstrecke dient als Akzeptor und die Probeseite als Donor. Während der Analyse wird der Akzeptorstrom durch Umschalten von Ventilen, die eine Bypass-Strecke öffnen, für eine definierte Zeit hinter der Membran angehalten. Die Glucose in der Probe diffundiert währenddessen durch die Membran hindurch und reichert sich in der Akzeptorkammer an. So entsteht mit fortschreitender Dauer eine steigende Konzentration der dialysierbaren Probebestandteile im Flüssigkeitssegment des Akzeptors. Wird dieses Segment durch die Ventile freigeschaltet, fließt es zum Detektor und erzeugt nach enzymatischer Umsetzung der Glucose ein Signal (amperometrische Messung). Die Intensität des Signals ist das Maß für die Konzentration der Probe. Die großen Vorteile dieser Meßmethode gegenüber der Fließinjektion sind einerseits der sehr breite Meßbereich, der durch Variation der Anreicherungszeit erreicht wird, andererseits die hohe Standzeit des Sensors durch Trennung von Probe und Puffer.
Sterilsichere Probenahme
Bei der Analyse von Glucose in Kultivierungsmedien ist es notwendig, daß eine Probe unter sterilen Bedingungen aus dem Bioreaktor (Fermenter) entnommen wird. Dabei müssen die Reproduzierbarkeit und Relevanz der entnommenen Probe gewahrt bleiben. In Verbindung mit Glucotrace stehen drei Probenahmemöglichkeiten zur Verfügung:
• Filtrationssonde,
• Dialysesonde und
• Bypassmodul.
Alle Systeme erlauben eine sterilsichere Entnahme direkt aus dem Bioreaktor.
Die Filtrationssonde ESIP 5441 ermöglicht die Entnahme von zellfreien Substratproben aus Bioreaktoren. Sie wird über einen Stutzen im Innenraum des Reaktors fixiert und zusammen mit dem Medium in situ sterilisiert. Bei der Dialysesonde (Abb. 2) wird die Glucose über eine Diffusionsmembran in einen Pufferstrom überführt und zur Meßzelle transportiert. Die Entnahme der Probe erfolgt volumenfrei. Die Sonde eignet sich somit besonders für Kleinfermenter im Bereich der Forschung und Prozeßentwicklung. Die Dialysesonde ist komplett aus Edelstahl V4A nach der Hygienerichtlinie DIN EN 1672-2 gefertigt. Sie ist damit für sämtliche Kultivierungsarten geeignet. Eine hohe Sterilsicherheit wird durch den Einsatz einer äußerst robusten Diffusionsmembran sowie temperaturstabile Dichtungsringe gewährleistet. Der Einbau in den Bioreaktor kann sowohl in den Deckel als auch in einen Seitenstutzen erfolgen.
Einsatz des Glucose-Online-Systems
Ein typisches Anwendungsbeispiel von Glucotrace ist derzeit bei der Hoechst Marion Roussel Deutschland GmbH realisiert. Dort wird das Glucose-Online-System in der Prozeßentwicklung eingesetzt. Ziel ist eine nahezu lückenlose Überwachung der Glucosekonzentration in einem Fed-Batch-Reaktor. Dazu wird der mikrobielle Abbau der Glucose über einen Bereich von 37 bis 0 g/l kontrolliert. Eine Fütterungsstrategie soll die Konzentration auf einen konstanten Wert regeln. Mit Hilfe der Filtrationssonde ESIP wird die Glucosekonzentration im Abstand von drei Minuten bestimmt. Abbildung 3 zeigt den Glucoseverlauf einer Fed-Batch-Kultivierung.
Deutlich zu erkennen ist die Batch-Phase von der Startkonzentration mit 37 bis 0 g/l. Die vor dem vollständigen Verbrauch der Glucose aktivierte Nachfütterung läßt die Konzentration wieder langsam auf 5 g/l ansteigen. Ein manuelles Nachregeln der Fütterung verursacht schwankende Konzentrationen im Reaktor. Besonders deutlich wird der Vorteil eines Online-Glucosesystems bei Betrachtung der Offline-Daten (rot). Durch die höhere Datendichte aufgrund der Online-Messung ist eine Fehlinterpretation des Kultivierungsverlaufs ausgeschlossen. Die Offline-Daten allein reichen nicht aus, um den Prozeß in dynamischen Bereichen zu überwachen oder zu regeln. Abbildung 4 zeigt eine Glucosefütterung mit präziser Regelung der Konzentration zwischen 0 und 0,5 g/l. Nach einer kurzen Einschwingphase ist über mehrere Stunden eine relativ konstante Glucosekonzentration zu beobachten, während die Fütterungsrate leicht ansteigt und der Gelöstsauerstoffgehalt von 42 auf 6,6% deutlich sinkt. Ein Probenahmeabstand von drei Minuten ist hier völlig ausreichend, um im Bioreaktor einen gleichbleibenden Glucosegehalt für die Mikroorganismen zu gewährleisten.
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