Zum Antreiben großer, rotierender Anlagen wie Trockner, Drehrohröfen oder Horizontalmühlen setzt man Zahnkränze ein. Sie werden am Umfang dieser Anlagen montiert und übertragen das Antriebsdrehmoment vom Getriebemotor auf den Drehzylinder. SEW-Eurodrive entwickelte hierfür ein flexibles Konzept. Es vereinfacht die Herstellung der Zahnkränze, ihren Transport und die Montage.
Der Autor: Tamiem Badawi Produktmanager, BU Heavy Industry Solutions, SEW-Eurodrive
Herkömmlich werden Zahnkränze nur mit einer geringen Anzahl von Segmenten gefertigt – üblicherweise zwei Hälften. Die hierbei verwendeten Materialien sind entweder Kugelgraphitguss, Stahlguss mit anschließender Wärmebehandlung oder geschweißte Stahlkonstruktionen. Traditionelle Lösungen haben deswegen Nachteile in Bezug auf die Größe der Komponenten, die Qualität des Gusswerkstoffs und die erforderlichen Produktionsanlagen. Oft sind Schweißreparaturen an den gegossenen Bauteilen notwendig, die die Funktionssicherheit der Komponente gefährden oder eine anfängliche Überdimensionierung erfordern. Die großen und unhandlichen Bauteile bedingen sehr große und teure Maschinen für die Fertigung, Handhabung und Wärmebehandlung.
Die Zahnkränze von SEW-Eurodrive dagegen sind in mehrere identische Segmente geteilt, deren Anzahl vom Gesamtdurchmesser abhängt. Mit der Kombination aus fortschrittlicher Werkstofftechnik (Bainitischer Sphäroguss, ADI) und modernen Fertigungsmethoden können die Nachteile der traditionellen Lösung vermieden werden. Für die Herstellung dieser Zahnkränze lassen sich kleinere Maschinen einsetzen. Man benötigt nur ein Modell für den Guss. Aufgrund des viel kleineren Gusskörpers wird eine bessere Gussqualität erzielt. Zudem lassen sich Toleranzen leichter einhalten. Auch die Montage der Zahnkränze, die entweder mithilfe eines Federtellers oder per Flansch erfolgt, vereinfacht sich deutlich.
Vielfältige Kombinationen
Es gibt unterschiedliche Zahnkränze mit Moduln im Bereich 20 bis 40 mm, die je nach Durchmesser des Drehzylinders ausgewählt werden. (Der Modul ist ein Verzahnungsmaß für Zahnräder. Es ist nach DIN 780 gemäß Vorzugsreihe I, seltener II, standardisiert und wird in mm angegeben.) Theoretisch kommen meist mehrere Kombinationen aus Moduln, Zähnezahlen (Ring und Ritzel), Schrägungswinkel der Verzahnung und Getriebeübersetzung in Betracht. Weitere Kriterien sind die Spurweite und Zahnbreite, die Zähnezahl pro Segment, die Anzahl der Segmente sowie der Radius und die Rotationsgeschwindigkeit des Drehzylinders. Die möglichen Kombinationen werden über ein spezielles Softwareprogramm ermittelt und letztendlich von Fall zu Fall ausgewählt.
Die Zahnkränze wurden nach der Finite-Elemente-Methode entwickelt und dadurch wurde eine optimale Formgebung und sehr gute technische Eigenschaften erzielt. Der Berechnung liegen die Standards ISO 6336, DIN 3990, DIN 3991 sowie ISO TL CLASS 8 zugrunde. SEW-Eurodrive fertigt geteilte Zahnkränze mit typischen Teilkreisdurchmessern von 3 bis 16 m. Aufgrund der Designprinzipien sind jedoch auch kleinere oder größere Durchmesser möglich. Prinzipiell gibt es aufgrund der Segmentierung dabei keine Grenze. Die Zahnbreite beträgt typisch bis 600 mm, ist aber prinzipiell nicht limitiert. Die maximal übertragbare Leistung beträgt 2500 kW je Ritzel; der Gesamtleistungsbereich erstreckt sich bis 8 MW. Die erzielbare Maximalgeschwindigkeit der Zahnkranzsegmente beträgt 6 m/s. Für die Schmierung gibt es unter anderem ein automatisiertes Sprühsystem, das in festen zeitlichen Abständen Schmiermittel auf die relevanten Bereiche sprüht.
Herausragende Materialeigenschaften
Die Zahnkränze sind aus ADI (Austempered Ductile Iron) gefertigt. Dieser Werkstoff entsteht durch eine mehrstufige Wärmebehandlung aus Gußeisen mit Kugelgraphit. Die neue Struktur – eine Mischung aus nadelförmigem Ferrit und kohlenstoffangereichertem Austenit – hat eine vorteilhafte Gefügestruktur, die eine Kombination aus erhöhter Zugfestigkeit und Dehngrenze sowie Wechselfestigkeit bewirkt. Gegenüber herkömmlich bearbeitetem Stahl sind Bauteile aus ADI geräuschärmer, haben ein geringeres spezifisches Gewicht und weisen hervorragende Verschleißeigenschaften auf. Dadurch können die Zahnkränze mit einer schmaleren Zahnbreite als Wettbewerbsprodukte gefertigt werden.
Für die Herstellung des Rings wird nur eine Gussform benötigt, weil alle Segmente gleich sind. Aufgrund der kleinen Abmessungen der einzelnen Elemente lassen sich diese optimal gießen, bearbeiten, handhaben, prüfen, verpacken, versenden und montieren. Durch den Werkstoff ADI sind eine hohe Leistungsdichte (d. h. optimierte Masse und Abmessungen) sowie eine lange Lebensdauer gegeben. ´
SEW-Eurodrive liefert nicht nur den Zahnkranz, sondern das komplette Antriebspaket. Je nach Kundenwunsch kann hierbei das Ritzel direkt auf der Antriebswelle montiert oder separat gelagert werden (Stehlager). Generell sind Antriebslösungen mit Zahnkränzen beratungsintensiv. Daher werden die Kunden bei allen Applikationen unterstützt, um für sie die technisch und wirtschaftlich beste Lösung zu finden. Durch die Segmentierung erhält jeder Kunde einen für ihn optimalen Antrieb. Die Spezialisten begleiten den Kunden von der Beratung bis zur fachgerechten Montage und Inbetriebnahme. Die Zahnkränze sind weltweit verfügbar. Auf Wunsch werden auch das Grundgetriebe mit Antriebsritzel, ein Fundament, die Verkleidung sowie viele weitere Optionen geliefert. Die Hauptanwendungen bilden große Rotationstrockner, Drehöfen, Kugelmühlen, Sieb- und Entrindungstrommeln.
prozesstechnik-online.de/cav0813439
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Wasserstoff gilt als Schlüssel für die Dekarbonisierung der Chemieindustrie. Doch die Nutzung des vermeintlichen Hoffnungsträgers Hydrogen birgt auch Gefahren und stellt die Branche vor neue Herausforderungen, die das gratis Whitepaper „H2 wie Hoffnungsträger?“ näher für Sie…
Teilen: