Die Temperaturmessungen in Anlagen der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, der Pharmazie und Biotechnologie zählen ohne Zweifel zu den anspruchsvollsten und aufwändigsten. Die Anzahl der Einflussfaktoren und Parameter, die diese Messungen beeinflussen können und dadurch zu einer Fehlmessung führen, ist hier höher als in den meisten anderen Industriebereichen.
Joachim Brückner
Stetig steigende Anforderungen an Anlagen und Messsysteme in allen Hygiene-Prozessen führen zwangsläufig zu einer wachsenden Anzahl von Messstellen.
Das Messequipment muss den besonderen Anforderungen hinsichtlich Material, Oberflächenqualität, Prozesssicherheit, Prozessanschlusstechnik und Reinigbarkeit im Rahmen des CIP (Cleaning in Place)/SIP (Sterilisation in Place)-Prozesses genügen. Die Lebensmittelhygienerichtlinie, die GMP (Good Maunufacturing Practice)-Richtlinie, die Empfehlungen der FDA (Food and Drug Administration), der 3A sanitary standard sowie die Vorgaben der EHEDG (European Hygienic Equipment Design Group) liefern die Grundlagen für die Gestaltung und Ausführung.
Voraussetzungen
Wichtige Kriterien für den Einsatz hygienegerechter Temperaturfühler sind:
• totraumfreie bzw. totraumminimierte Instrumentierung (spaltfreier Einbau)
• lebensmittelkonforme Werkstoffe für alle mediumsberührten Teile (1.4435, AISI 316L)
• definierte Oberflächengüte Ra mit Werten zwischen 0,8 mm und 0,4 mm
• Reinigbarkeit der Anlage ohne Ausbau des Messequipments
• hohe Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der relevanten Temperaturpunkte (Sterilisations- und Produktionstemperatur)
Anlagen, die unter keimarmen oder sterilen Bedingungen betrieben werden, müssen regelmäßig gereinigt und sterilisiert werden. Nur ein rückstandsfreier Ablauf sowohl des Fertigungsproduktes als auch des Reinigungsmittels aus Behältern und Rohrleitungen garantiert eine wirksame Reinigung. Vorrangiges Ziel ist es, eine Kontamination des Produktes mit Fremdkörpern oder Reinigungsrückständen zu verhindern.
Technische Details
Die Anschlüsse der Thermometer zu den Rohrleitungen dürfen in steril-technischer Hinsicht kein Risiko darstellen und zeichnen sich durch folgende Charakteristika aus:
• definierte Vorspannung des Dichtelements durch metallischen Anschlag
• Zentrierung durch zylindrische Führung
• spaltfreie Abdichtung an der Rohrinnenseite
Dichtungswerkstoffe müssen toxikologisch unbedenklich sein. Ausreichende Stabilität gegen Abrasion, sowie Resistenz gegenüber heißen aggressiven Reinigungslösungen ist ebenso notwendig wie Beständigkeit in Heißdampf bei hohen Sterilisationstemperaturen. Spezielle Elastomer-Compounds (O-Ring oder Formdichtung), z. B. auf Basis von Perfluorelastomeren (FFKM) sowie Kalrez, Ethylen-Propylen-Dien-Werkstoffen (EPDM) oder PTFE, werden hier eingesetzt.
Die Durchmesser der eingesetzten Rohrleitungen sind oftmals kleiner als 50 mm, was zu ganz speziellen Fühlerkonstruktionen führt. Idealerweise sollte das Messelement nicht in den Prozess hineinragen. Dies ist technisch zwar problemlos machbar, aber es ist dann sehr wichtig, das thermische Verhalten des Temperaturfühlers an dieser Messstelle zu kennen. Fakt ist, dass ein Temperaturfühler, der nicht mit einem durchmesserabhängigen Minimalmaß in das Messmedium hineinragt, nicht die tatsächliche Mediumstemperatur misst, sondern eine Mischtemperatur aus Mediums- und Umgebungstemperatur.
Realisierung
Ein Prüfstand, der sehr praxisnah die Bedingungen einer Produktionsanlage simuliert, ist eine praktikable Möglichkeit, diese messtechnischen Abweichungen zu ermitteln und – sofern technisch möglich – zu beseitigen. Eine Messabweichung, deren Größe bekannt ist, kann korrigiert werden. Dabei geben Vergleichsmessungen mit hochpräzisen DKD-kalibrierten Widerstandsthermometern Aufschluss über die realen Temperaturverhältnisse innerhalb der Rohrleitung. Mehrere Pt-100-Sensoren, verteilt im Prüfling montiert, übermitteln ein genaues Bild der Temperaturverteilung im Fühler.
Die Auswertung dieser ermittelten Messdaten zeigt – unter Berücksichtigung der jeweiligen Umgebungstemperatur und der Wärmekapazität des Messmediums –, wie sich der Temperaturfühler später im Prozess tatsächlich verhalten wird.
Die Möglichkeit zur Korrektur der auf die beschriebene Art und Weise ermittelten Messabweichung ist durch gezielte Nullpunkt-Verschiebung nun direkt im Fühler selbst gegeben. Hierzu legt man die Temperaturdifferenz in einem digitalen Temperaturtransmitter ab.
Der Messgerätehersteller WIKA führt dazu Vergleichsmessungen sowohl im Entwicklungsstadium der Thermometer, als auch gemäß den vom Kunden übermittelten Prozessdaten durch. Speziell bei Temperaturfühlern, die nicht oder nur sehr wenig in das Medium eintauchen (frontbündig oder als Rohr-Inline-Widerstandsthermometer konstruiert), wird somit eine erhöhte Prozesssicherheit erreicht. Dies gilt sowohl während der Produktfertigung, als auch bei der Reinigung bzw. Sterilisation. Das Ergebnis dieser Entwicklungen sind Temperaturfühler mit einer optimalen Messwertzuverlässigkeit.
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